Nun folgt er also: Der zweite und finale Teil des Quotenmeter.de Interviews mit Michel Friedman. Während wir im ersten Teil über seine Vergangenheit unterhielten und erfuhren, wie er zum Beispiel seine Kokain-Affäre wegsteckte, unterhalten wir uns diesmal über den "aktuellen Michel Friedman".
Sie haben inzwischen Ihre eigene Free-TV Sendung bei N24. Zuvor waren Sie dort Kommentator im «Morgenreport». Wie kam der Kontakt zu N24 zustande?
Die Chefredaktion, die Programmdirektion und die Geschäftsführung haben mich vor mehreren Monaten angesprochen und wir haben in den Monaten „by learning by doing“ ein sehr enges Vertrauensverhältnis entwickelt. Ich empfinde N24 als einen Sender, der in der Kernkompetenz dieselbe hat, die auch ich vertrete - nämlich ein politischer Nachrichtensender zu sein. Alle Beteiligten sind dort von einer sehr großen Liberalität. Das brauche ich, um die Art von Fernsehjournalismus zu betreiben, die ich betreibe. So gesehen ist das der Beginn einer wunderbaren Freundschaft geworden.
Das freut mich. Wie kann ich mir denn die Atmosphäre nach den Aufzeichnungen vorstellen? Ich erinnere mich da an eine großartige Sendung mit Olaf Scholz, dem Sie damals einen Bild-Aufkleber in die Hand gedrückt haben. Kommen hin und wieder Politiker zu Ihnen und sagen: „Herr Dr. Friedman, das war jetzt nicht so ganz okay von Ihnen, wie Sie mich da angegriffen haben“ oder gibt man sich einfach die Hand und alles ist okay?
Ich gebe mir große Mühe, dass die Politiker und die Gäste – denn: Es sind ja Gäste –, die bei mir sind, nach der Sendung das Gefühl behalten, dass ich zwar im Inhalt scharf, aber in der Form fair bleibe. Darum bemühe ich. Manchmal misslingt es mir, dann tut es mir leid und ich habe dann auch kein Problem, dem Gast zu sagen, dass es mir leid tut. Meine Absicht ist: Inhaltlich hart, in der Form fair und freundschaftlich.
Also „Hart aber Fair“. Sie haben schon öfters in Ihren Sendungen betont, dass sie die Streitkultur sehr gerne haben. Wie sieht denn der Mensch Michel Friedman privat aus? Ist er da ganz anders oder kann er da auch manchmal…
Naja, ich streite für mein Leben gerne. Denn ich glaube, dass man in der Auseinandersetzung von mehreren Meinungen die Chance hat zu lernen. Das ist ja auch ein Stück Demut. Demut insofern, als dass man, wenn man streitet, offen ist, dass die eigene Meinung nicht die einzig richtige, also die absolute Wahrheit ist. Und man versucht in der Auseinandersetzung, die man betreibt, unter Umständen etwas zu lernen und neugierig zu werden. Streiten ist für mich keine Last, sondern eine Lust, eine Chance und keine Gefahr. Und das ist auch etwas, was ich im Privatleben gerne habe. Ich diskutiere gerne, ich streite gerne. Und noch einmal: Wenn man in der Form miteinander fair umgeht, also die Leidenschaft zulässt und man in dieser Leidenschaft nicht vergisst, dass andere Meinungen auch Bestand haben, dann klappt das in der Regel auch.
Haben Sie berufliche Ziele? Man hat in vergangener Zeit immer wieder gelesen, dass Sat.1 eine neue, politische Talkshow plant.
Ich bin Anwalt, ich bin Herausgeber des „Politischen Buches“ im Aufbau-Verlag, das sind über 60 Titel im Jahr, ich habe zwei Fernsehsendungen – einmal bei Premiere und jetzt bei N24 – das ist schon ein großes Geschenk für die Kreativität, die ich genieße und liebe und alles Andere darf man und kann man eh’ nicht planen. Von daher: Sehen wir mal.
Eine ganz aktuelle Frage: Bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg kamen die Rechtsradikalen Parteien DVU und NPD auf bis zu 9 Prozent. Sie, als ehemaliger Vizepräsident des Zentralrats für Juden, haben ein ganz besonderes Verhältnis zu rechten Parteien? Wie ordnen Sie es ein, dass diese Parteien vor allem bei jungen Wählern einen derartigen Zuspruch finden?
Das ist äußerst beunruhigend. Und in aller Klarheit: Wer das mit dem Begriff „Protestwahl“ entsorgt, verharmlost diese Wählergruppen. Wir nehmen ja auch bei CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen den Wähler ernst. Wir sagen: Es ist ein mündiger Wähler, er weiß, wen er wählt und dann müssen wir das auch bei dem Wähler tun, der NPD und DVU wählt. Das heißt, wir müssen die offensive Auseinandersetzung mit diesen Wählerschichten suchen – im politischen Alltag, aber auch im journalistischen. Wir müssen sie stellen, wir müssen sie dekuvrieren (=entlarven, Die Red.) und dies ist eine ernstzunehmende Aufgabe. In Brandenburg haben die Rechtsradikalen zweimal hintereinander gewinnen können. Es ist also auch keine Eintagsfliege, sondern es ist eine Entwicklung, mit der wir uns politisch inhaltlich offensiv auseinandersetzen müssen.
Sie sind religiös, wie Sie sagen. Aber: Wie stelle ich mir denn den religiösen Michel Friedman vor? Geht er regelmäßig zum Beten, macht er dies eher für sich alleine? Geht er in die Synagoge?
Ich habe immer gesagt, dass ich gläubig bin, was nicht heißt, dass ich religiösen Alltag lebe. Mein Rabbiner hätte mit Sicherheit noch vieles, was er mir an Ratschlägen geben kann. Ich lebe den Glauben sehr stark in mir und mit mir selbst und ich bin sicher, dass ich noch viel öfter in die Synagoge gehen könnte, als ich es tue.
Zum Schluss unseres Interviews spielen wir die „Promi-Schaukel“. Das sind einige Sätze, die Sie einfach vervollständigen.
Mein größter Sieg... ist immer der Sieg für und mit der Liebe
Meine größte Niederlage... (überlegt)ist, dies aus den Augen verloren zu haben.
Was ich niemals herleihen würde... Materielle Dinge haben bei mir nur eine sehr relative Bedeutung.
Wenn morgen die Welt untergehen würde... dann bin ich sicher, dass es wie auch immer, wo auch immer einen Neuanfang geben würde.
Ich bedanke mich bei Ihnen für das Gespräch, Herr Dr. Friedman!
Auch in der nächsten Woche gibt's wieder unsere «Sonntagsfragen». Bis dahin eine schöne Woche.. machen Sie's gut!