Popcorn & Rollenwechsel

Ein Raubzug mit «Focus»

von

Will Smith und Margot Robbie lügen und betrügen sich durch den charmanten, wenn auch imperfekten «Focus». Und machen so wieder Lust auf mehr filmische Trickspiele.

Ben Afflecks Favoriten unter den Heist Movies

  1. «Die Freunde von Eddie Coyle»
  2. «Rififi»
  3. «Heat»
  4. «Inception»
  5. «Ocean's Eleven»
  6. «Bank Job»
  7. «Die üblichen Verdächtigen»
  8. «Die Rechnung ging nicht auf»
  9. «Reservoir Dogs»
  10. «Snatch – Schweine und Diamanten»
  11. «Gefährliche Brandung»
Lügen, Irreführungen, Tricks und ergaunertes Geld: Das Genre des Heist Movies lebt – im Regellfall – ebenso sehr von der Oberfläche wie von einem cleveren Skript. Heist Movies sind daher, wenn sie erfolgreich umgesetzt werden, so etwas wie Gourmet-Popcornunterhaltung. Siehe etwa «Ocean's Eleven», ein Paradebeispiel für hübsch verpacktes Entertainment, dessen Drehbuch allerdings schlüssig und trickreich ausgearbeitet ist.

Während nach Steven Soderberghs Ganoven-Trilogie die große Welle an Nachahmern ausblieb, scheint Hollywood nunmehr völlig diesem filmischen Geschmack verfallen zu sein. Mehr als zwei Dutzend Heist Movies stehen in naher Zukunft auf dem cineastischen Programmplan und besagte Flut erhält am 5. März mit «Focus» eine nicht ganz ausgereifte, wohl aber unterhaltsame Vorhut.

Will Smith, der nach dem filmgewordenen Karriererückschlag «Focus» wieder seine Starpower zum Vorschein bringt, spielt in dieser Halunkennummer den hochtalentierten Trickbetrüger und Taschendieb Nicky Spurgeon. Als er der unfähigen Trickserin Jess («The Wolf of Wall Street»-Sensation Margot Robbie) begegnet, wird seine tief verborgene nette Seite geweckt. Innerhalb kurzer Zeit weiht er sie in seine wichtigsten Kniffe ein und letztlich macht er sie sogar zu einem Mitglied seines immensen Teams, mit dem er in New Orleans auf Beutezug geht. Aus der Schülerin-Mentor-Beziehung erwächst mehr, jedoch steht eben diese aufblühende Romanze aufgrund von Nickys Starrköpfigkeit unter einem schlechten Stern …

So kurzweilig das Gesamte sein mag, «Focus» begeht einen unschönen Fehler: Das Regie- und Autoren-Duo Glenn Ficarra & John Requa teilt den Film in zwei klar erkennbare Hälften, wobei erstere ein rasanter, strahlender, immens lustiger Ritt ist, wohingegen die sich nach einem klaren Schnitt entfaltende Hälfte viel mehr Zeit für Plot und Charakterzwischentöne nimmt. Was eine interessante Genre-Dekonstruktion ergeben könnte, ist in der Ausführung aber holprig – die erste Hälfte ist zu mitreißend, zu kinetisch, als dass der teils arg konstruierte zweite Part danach nicht all zu schleichend wirken würde. Wären die dramatischen Untertöne der abschließenden Hälfte treffender, wären die vollführten Finten beeindruckender, so würde es vielleicht gar nicht stören. So aber besteht «Focus» aus einer glitzernd-genialen und einer nur noch durchschnittlichen Passage, die auf ein furioses Feuerwerk hinarbeitet, dann jedoch kaum mehr als ein paar Wunderkerzen anzündet.

Für Fans stylischer Halunkenfilme ist dennoch gesorgt, denn diese 50-Millionen-Dollar-Produktion hat trotz mancher Skriptschwächen immerhin einen feschen Soundtrack, eine pfiffige Inszenierung sowie eine brillante Kameraarbeit. Kameramann Xavier Pérez Grobet lässt die Stars und die besuchten Schauplätze atemberaubend aussehen und erinnert mit visuellen Spielereien immer wieder daran, dass wir unseren Augen besser nicht trauen sollten – besonders nicht in einem Werk über Lug, Trug und Ablenkung.

Vielleicht wird ja einer der vielen kommenden Heist Movies eine rundere Angelegenheit. Die DreamWorks Studios etwa setzen mit dem simpel betitelten Thriller «Heist» auf eine ungewöhnliche Crew: Die Story stammt vom «The Shield»-Autoren John Hlavin, während «22 Jump Street»-Schreiber Oren Uziel das fertige Skript betreut. Die Inszenierung übernimmt derweil Scott Waugh, dessen Auto-Actioner «Need for Speed» völlig zu unrecht an den Kinokassen baden ging. Klingt zumindest so, als sei es einen vorsichtigen Blick wert. Ein echter Geheimtipp könnte derweil «Momentum» werden. In Südafrika von Clint-Eastwood-Kollaborateur Stephen S. Campanelli gedreht, ist von einem Heist Movie mit halsbrecherischem Tempo, rauem Lokalkolorit und einer knallhart austeilenden Olga Kurylenko die Rede.

«Planet der Affen – Revolution»-Macher Matt Reeves indes werkelt aktuell an einem aufwändigen, noch titellosen Bankraub-Film im Stile von «Heat» und sogar Marvel wird mit «Ant-Man» ins Heist-Movie-Geschäft einsteigen. Und diese Produktionen sind nur die Spitze des Betrügerfilm-Eisberges. Da ist es sicher nur eine Frage der Zeit, bis auch George Clooney und seine Spießgesellen zurückkehren. Alternativ: Auch im «Star Wars»-Universum wird es bald einen solchen Ganovenstreifen geben. In diesem Sinne: Möge der trügerische Schein mit dir sein ...

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