Hingeschaut

Kerner lädt zum Spieleabend

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Prominente und Kinder spielen Memory, stapeln Bausteine und quizzen sich durch Trivial Pursuit. Das «Wetten, dass...?»-Erbe glänzt vor allem mit alten Konzepten und Langeweile.

Mit «Wetten, dass…?» verschwand eine der letzten großen Samstagabend-Shows aus dem deutschen Fernsehen. Jahrzehntelang versammelte sich die ganze Familie vor dem Fernsehgerät, um über die Zeit hinweg Frank Elstner, Wolfgang Lippert, Thomas Gottschalk und Markus Lanz dabei zuzusehen, wie sie die nationale und internationale Prominenz auf ihrem Sofa versammelten und dabei die interessantesten und verrücktesten Wett-Ideen der Menschen vorstellten. Bekanntlich wurde die Sendung aber eingestellt, sodass der Samstagabend beim ZDF im Showbereich brach lag. Diese Lücke versucht man ab sofort mit einer neuen Idee zu füllen: In der Show «Das Spiel beginnt – Die große Show von 3 bis 99» werden die beliebtesten Gesellschaftsspiele ins Fernsehen übertragen.

Das Konzept der Sendung ist selbsterklärend. In Viererteams treten Prominente und Kinder in ausgewählten Gesellschaftsspielen gegeneinander an. Dabei sitzen sie nicht nur monoton am Tisch. Vielmehr sind fast alle Spiele um ein Vielfaches vergrößert worden. Beispielsweise wird „Spitz, pass auf!“ mit überdimensionalen Spielfiguren und einem großen Käfig gespielt, wobei das Spielprinzip dasselbe bleibt, nur eben in groß. Man merkt dementsprechend von Beginn an, welche Mühe in den Aufbau der Kulissen gesteckt wurde. Das Studio in Köln wurde für die Sendung komplett neu gestaltet und besitzt unter anderem mit großen elektronischen Spielflächen und Bildschirmen modernes Equipment, das klug genutzt wird. "Memory" und "Trivial Pursuit" gewinnen hierdurch eine interessante Note. Es kommen aber auch Spiele in Normalgröße zum Zuge, wie zum Beispiel "Vier gewinnt" oder "Make ‘n‘ Break".

Vor jedem Spiel wird ausgewürfelt, wie viele Punkte das Gewinnerteam in der Runde bekommen wird. Am Ende werden alle Punkte zusammen gezählt. Das Team, das in allen Runden am erfolgreichsten war, erhält als Preis „die Erfüllung seiner Träume“. Da in der ersten Sendung die Kinder gewonnen haben, bestand dies beispielsweise aus einem Reiturlaub in Frankreich oder einem Treffen mit Lukas Podolski. Im Zentrum der Show standen also eindeutig die Gesellschaftsspiele. Zwischen den Runden wurden die Kinder in kleinen Einspielern vorgestellt und es wurde mit den Prominenten geplaudert.

Moderator der Sendung ist Johannes B. Kerner, der gewohnt souverän durch die Unterhaltungsshow führte. Er war – ganz der Familienvater – darum bemüht, vor allem den Kindern im Falle einer Niederlage kein schlechtes Gefühl zu geben. Ihm wurde die junge Emma Schweiger, Tochter von Til Schweiger, als Co-Moderatorin zur Seite gestellt. Ihr merkte man die Nervosität bei ihrem ersten großen TV-Auftritt deutlich an. Man machte aus ihrer Unerfahrenheit jedoch keinen großen Hehl – im Gegenteil: Gleich zu Beginn nahm man sich damit selbst auf die Schippe. Eine wichtige Rolle nahm Emma Schweiger jedoch nicht ein, da sie sich lediglich um das Würfeln vor jedem Spiel und einige wenige Moderationen kümmerte.

Das Prominenten-Team war eine typische Mischung aus öffentlich-rechtlicher und privater TV-Klientel. Bei Schauspielerin Veronica Ferres hatte man phasenweise das Gefühl, dass sie etwas deplatziert wirkte und mit der Sendung an sich nicht viel anfangen konnte. Comedian Bülent Ceylan war ganz er selbst: Er interagierte mit dem Publikum, animierte es zur Laola oder zum Headbangen und verschenkte direkt Karten für seine Live-Show an die Kinder. Kostja Ullmann, der seit Januar im Film „3 Türken und ein Baby“ zu sehen ist, und ZDF-Bergdoktor Hans Sigl gingen dabei etwas unter. Alle vier waren aber stets darum bemüht, vor allem mit und nicht gegen die kleinen Kandidaten zu spielen. Zwischendurch durfte auch Sängerin Nena in der Sendung auftreten und wurde für ein Spiel direkt in das Kinder-Team integriert.

«Das Spiel beginnt» ist seichte Abendunterhaltung, mit der das Zweite Deutsche Fernsehen definitiv kein Risiko eingegangen ist. Das war wohl letztlich das größte Problem der Sendung. Wo das Risiko fehlt, kommt meistens die Spannung zu kurz. Im Studio hatten die Kandidaten und das Publikum sichtlich Spaß – vor dem Fernseher schien die Zeit jedoch streckenweise nicht zu vergehen. Johannes B. Kerner („Wir haben Spaß miteinander!“) versuchte zwar, mit seinen Kommentaren einen Hauch von Spannung aufrechtzuerhalten, konnte der Langeweile aber auch nicht entgegenwirken. Man stelle sich vor, alle spielen gemeinsam ein Gesellschaftsspiel und man selbst darf nur daneben sitzen und zusehen. Das ist die Höchststrafe. Aber genau so wirkte «Das Spiel beginnt» über die eindeutig zu lange Sendezeit hinweg. Die fehlende Spannung hätte höchstens durch einen Mitmach-Faktor für die Zuschauer kompensiert werden können. Aber das gelang nur während der „Trivial Pursuit“-Runde. Und dafür braucht man keine eigene Sendung – Quizshows hat das deutsche Fernsehen schon reichlich zu bieten.

So neu das Konzept von «Das Spiel beginnt» auf den ersten Eindruck wirkt, so altbacken sind die Elemente. Prominente gegen Kinder ist ein typisches Show-Prinzip. Verrückte Spiele in Übergröße kennt man auch schon zu Genüge aus «Dalli Dalli». Selbst das sich bewegende Sofa war nicht neu, wenn man an «Wetten, dass...?» unter Markus Lanz zurückdenkt. Auch die Spielideen sind natürlich keine Neuheit. Alle Spiele gab es schon seit Langem. Das Konzept der Sendung ist also nicht neu, sondern in erster Linie ein Konvolut an etablierten Ideen.

In den drei Stunden, die «Das Spiel beginnt» in Anspruch nahm, hätte man problemlos auch selbst mit seinen Kindern Gesellschaftsspiele ausprobieren können. Das wäre bei Weitem unterhaltsamer gewesen. Und welchen Wert hat eine Sendung, die dieses zwischenmenschliche Erlebnis lediglich auf den Fernsehbildschirm kopiert? Dann doch lieber der Spieleabend mit der Familie.

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