Sonntagsfragen

'Live-Sport wird für die TV-Sender immer wichtiger‘

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Markus Schmidt ist Chef von UnitedSenses und spricht heute in Berlin bei der PromaxBDA-Konferenz. Vor seiner dortigen Session traf er sich mit Quotenmeter, um über Brands, Sport, «WOK WMs» und mehr zu plaudern.

Herr Schmidt, Sie haben einen Auftritt bei der PromaxBDA Konferenz; und werden über Themen sprechen, die eigentlich sinnbildlich für Ihren bisherigen Lebenslauf sind.

Zur Person: Markus Schmidt

Schmidt leitet seit 2005 die Firma United Senses, die zuletzt unter anderem das Bayerische Fernsehen neu in Szene setzte und mit dem Programm einen dreijährigen Rahmenvertrag schloss. Auch für Discovery Channel, Kabel eins oder Tele 5 arbeiten die Kreativen. Vor seiner Zeit bei United Senses war Markus Schmidt Geschäftsführer der ProSiebenSat.1-Kreativtochter SevenSenses gewesen.
Da haben Sie recht. Es geht um Brands, um Werbung und um Sport. Und zwar auch in dieser Reihenfolge. Mir ist aufgefallen, dass es zu diesen Themen zuletzt viel zu wenige Vorträge gab. Wir werden uns der Frage widmen, was dran ist, an der Aussage, dass es der Sport sein wird, der eines Tages das klassische Fernsehen rettet. Sport bestimmt heute schon unseren Wochenend-Alltag, die Bundesliga gehört am Samstag einfach dazu. Anders als bei einem Netflix-Abo kann ich bei Sportevents aber nicht einfach auf die Timeshift-Taste drücken. Sport muss live sein.

Es ist in der Tat recht schwer, sich ein wichtiges Ligaspiel mal eine Stunde zeitversetzt anzusehen.
Ja, in der Zeit muss für Sie dann Radio, Web, aber auch soziale Medien wie Facebook Tabu sein. Live-Sport wird für die TV-Sender also immer wichtiger – das sieht man ja auch daran, wie unglaublich viel Geld da investiert wird.

Bekommen Sie eigentlich Gänsehaut, wenn Sie die Summen hören? 485 Millionen Euro zahlt Sky derzeit im Schnitt für die Bundesliga, das englische Sky legt Milliarden für die Premier League auf den Tisch.

PromaxBDA-Timetabel Montag (Auswahl)

  • 9 Uhr: Of Quills and Pens: Sir Tom Stoppard on Tapping Into Creativity - Speaker: Sir Tom Stoppard, Oscar-Preisträger für «Shakespeare in Love»
  • 10.15 Uhr: Move Or Die: Can Channel Brands Survive in a Time of Moving Content? - Speaker: Lee Hunt
  • 11.30 Uhr: Million Dollar Babies: TV's Best Sports Campaigns - Speaker: Markus Schmidt, CEO and Creative Director, UnitedSenses & Olivier Schaack, Director of Creative Services, Canal+
  • Ebenfalls um 11.30 Uhr: Automated Promo Design and Packaging - Speaker: Konrad Wielandt, Creative Director, Wielandt GmbH
  • 11.30 Uhr: Introducing Cromo Sapiens: Thinking Outside the 30" TV Spot - Speaker: Steve Brouwers, Creative Director, SBS Belgium
  • 14 Uhr: Delicatessen Marketing - Get your Prioritisation in Order - Speaker: Jo Wilkinson & Alan James, Co-Founder, James&Wilkinson Media
  • 15 Uhr: Humour in Communication: How to Make a Promo Funny and Pick Up Chicks. (Or Dudes. Your Call.) - Speaker: Sergio Spaccavento, Executive Creative Director, BCUBE Publicis Groupe
  • 17.15 Uhr: Future-Proofing Your Next Rebrand - Speaker: Charlie Mawer, Executive Creative Director, Red Bee Media
Da ist ein Markt sicherlich gerade erhitzt oder vielleicht sogar überhitzt. Wenn ich mir die Aussagen vom Chef der Deutschen Fußball Liga, Christian Seifert, anschaue, dann wird man bei der nächsten Rechtevergabe sicherlich nach England schielen, wo gerade noch einmal ganz andere Preise aufgerufen worden. Auch die Champions League war dort viel teurer: Da hat BT eben mal eine Milliarde auf den Tisch gelegt. Das ist derzeit die Realität der Sportwirtschaft und da kommen dann natürlich die Argumente, dass englische Klubs bald mehr Geld haben, um sich gute Spieler zu kaufen. Nur dass teure Spieler immer auch am erfolgreichsten sein müssen, hat sich halt noch nicht bestätigt.

Die hohen Rechtekosten resultierten in England auch aus einem wahnsinnigen Bieterwettkampf. Der ist in Deutschland, nach allem was man so hört, aber erst einmal nicht in Sicht…
Ja, das munkelt man. Normalerweise versuchen die Rechteinhaber aber auch, die Konkurrenten aufzubauen. Das war bei den unheimlich teuren UMTS-Lizenzen einst auch so. Die Realität schraubt die aufgerufenen Preise derzeit in immer abenteuerlichere Höhen. In meinem Vortrag werde ich eine Grafik haben. Wissen Sie, wie viel Sie arbeiten müssten, damit Sie so viel verdienen wie Cristiano Ronaldo?

Vermutlich viel.
Sie hätten 1650 anfangen müssen. Ronaldo kommt in 22 Minuten auf unser Wochengehalt. Das ist schon sehr krass. Das liegt aber daran, wie attraktiv Sport für Fans, Sender und Sponsoren ist.

Sehen Sie neben Fußball eigentlich einen weiteren Leuchtturm? Vor zehn Jahren war noch Skispringen sehr gefragt, Boxen mit Klitschko – aktuell sind viele Werte auch rückläufig.
Die Beispiele zeigen, dass Sportarten immer dann erfolgreich sind, wenn eine Nation daran gerade stark vertreten ist. Das war in den 80ern beim Tennis der Fall, als Becker, Stich und Graf oben mitspielten.
United Senses-Chef Markus Schmidt
Es ist sehr schwer, da etwas aufzubauen. Die Beispiele zeigen, dass Sportarten immer dann erfolgreich sind, wenn eine Nation daran gerade stark vertreten ist. Das war in den 80ern beim Tennis der Fall, als Becker, Stich und Graf oben mitspielten. Da ist der Zuschauer dann selbst auch in die Tennis-Halle gegangen und die Sportartikelindustrie hat den Hype noch zusätzlich gepushed. Schumacher hat dann für den nächsten Schub abseits des Fußballs gesorgt, Klitschko natürlich und ein bisschen auch Sebastian Vettel. In der Formel 1 geht das Interesse jetzt wieder zurück; aber nicht in allen Märkten. Schauen Sie nach Russland: Die entdecken den Sport gerade, weil sie nun ein eigenes Rennen haben. Das Interesse ist also von Markt zu Markt recht unterschiedlich. Nur Fußball ist eigentlich in ganz Europa nicht anzutasten.

Was ist Ihrer Meinung nach die Nummer zwei hinter Fußball in Deutschland?
Schwer zu sagen. Raten Sie doch mal, was die Nummer zwei weltweit ist.

Auch schwer, vor allem weil ich mir einige Trends, wie etwa Cricket in manchen Ländern, ohnehin nicht so recht erklären kann.
Sie haben aber recht. Es ist Cricket – noch vor Basketball. Golf kommt dann noch in den Top 10.

Ist Ihrer Meinung nach die «Sportschau» - mit Spielberichten drei oder vier Stunden nach Anpfiff – noch zeitgemäß?
Natürlich bekommen Fans mit einem Abo, oder auch im Radio, heutzutage alles live mit. So aufbereitet wie in der «Sportschau» gibt es die Bundesliga aber nirgends. Das geht ja über eine klassische 1:0-Berichterstattung klar hinaus.
United Senses-Chef Markus Schmidt
Das glaube ich schon. Natürlich bekommen Fans mit einem Abo, oder auch im Radio, heutzutage alles live mit. So aufbereitet wie in der «Sportschau» gibt es die Bundesliga aber nirgends. Das geht ja über eine klassische 1:0-Berichterstattung klar hinaus. Die Sendung ist sehr gut gemacht, weil sie eines vermittelt: Sport ist eine tragende Säule der Unterhaltungsindustrie.

Wenn wir schon über Werbung in Verbindung mit Sport sprechen: Ist die «WOK WM» für Sie Werbung, Sport oder Unterhaltung?
Sport in letzter Linie. Natürlich ist die Sendung aber auch ein Unterhaltungsspektakel. Es ist doch toll, dass es uns auch in jüngerer Vergangenheit gelungen ist, sozusagen eine neue Sportart zu erfinden, die das Publikum auch wirklich erreicht. Dass ProSieben, wenn es die Sendung schon als Dauerwerbesendung kennzeichnen muss, dann auch alles aus dem Product Placement herausholt, ist aus meiner Sicht verständlich.

Der Super Bowl dürfte für Sie jedes Jahr interessant sein. Vielleicht weniger wegen des Sports, sondern mehr wegen der tollen Werbespots?
Nun ja, bestimmte Dinge wiederholen sich ja schon. Ich bedauere zunächst einmal, dass der Super Bowl hierzulande eine so schlechte Ausstrahlungszeit hat. In der Nacht auf Montag, wenn jeder wieder arbeiten muss. In Amerika ist das ein Spektakel, bei dem es um viel, viel Kohle geht. Das Kreieren der Werbespots für die Pausen ist drüben längst eine eigene Disziplin geworden. Da muss die Länge passen und die Aussage. Das ist schon interessant zu beobachten.

Glauben Sie eigentlich, dass Fiction irgendwann wieder an Bedeutung im linearen TV gewinnt? Der «Tatort» ist hier ja einer der letzten Leuchttürme.
Natürlich gibt es auch heute noch Zuschauer, die gar nicht ihr eigener Programmdirektor sein wollen. Menschen, die froh sind, dass es Profis gibt, die den Programmplan machen. Aber es gibt eben auch die junge Generation, die überhaupt nicht mehr mitbekommt, wie wir früher Fernsehen konsumiert haben; als es Programme noch nicht auf Abruf gab.
United Senses-Chef Markus Schmidt
Schwer zu sagen. Natürlich gibt es auch heute noch Zuschauer, die gar nicht ihr eigener Programmdirektor sein wollen. Menschen, die froh sind, dass es Profis gibt, die den Programmplan machen. Aber es gibt eben auch die junge Generation, die überhaupt nicht mehr mitbekommt, wie wir früher Fernsehen konsumiert haben; als es Programme noch nicht auf Abruf gab. Das ist auch eine Generation, die sich vermutlich gar nicht zum «Tatort» schauen am Sonntagabend versammelt. Sie ist vermutlich eher dafür verantwortlich, dass der «Tatort» auch in der ARD-Mediathek eines der erfolgreichsten Angebote ist. Nichtsdestotrotz: In Amerika würde man sagen, der «Tatort» ist ein Watercooler-Programm, über das man sich am nächsten Tag im Büro gerne austauscht. Schauen Sie sich alleine die Anzahl an Vorbesprechungen zu jedem Fall an – der aktuelle «Tatort» ist eines der Themen des Wochenendes.

Eine letzte Frage noch: Jan Böhmermann gelang mit seinem Varoufakis-Finger-Fake ein echter Coup. Sie als Design-Liebhaber: Ist «Neo Magazin Royale» künstlerisch und optisch Champions League?
Ja, mit Sicherheit. Ich finde es sehr erfrischend, dass es viele Jahre nach Stefan Raab wieder jemanden gibt, der dieses Talent hat. Da war lange Zeit kein Nachfolger in Sicht. Schön ist auch, dass Böhmermann diesen Spaß im öffentlich-rechtlichen Fernsehen machen darf. Mir fällt spontan noch die «heute-show» ein, die ihre Sache ähnlich gut macht. Das wird dem ZDF helfen, auch bei der jungen Generation zu punkten. Die stimmt nämlich eigentlich mit dem Fuß ab. Und man muss sich manchmal nicht wundern, warum der Altersschnitt des ZDF-Programms so ist, wie er gerade ist.

Danke für das Interview.

Kurz-URL: qmde.de/77053
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