Die Kritiker

Rentner, Schultheater und unterschwelliger Rassismus

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Die Kritiker: «Rentnercops»: Mit Rentnern im Polizeidienst bestreitet Das Erste künftig den dienstäglichen Vorabend – unterschwelligen Rassismus gibt es kostenlos dazu.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Tilo Prückner («Kommissarin Lucas») als Edwin Bremer, Wolfgang Winkler («Polizeiruf 110») als Günter Hoffmann, Katja Danowski («Herr Lehmann») als Vicky Adam, Aaron Le («I Phone You») als Hui Ko, Peter Trabner als Dr. Oliver Körfer, Michael Prelle als Polizeipräsident Plocher, Verena Plangger als Heidrun Hoffmann, Isabelle Barth als Tina, Bernd Stegemann («Der Baader Meinhof Komplex») als Staatsanwalt Hombach und viele mehr


Hinter den Kulissen:
Regie: Lars Jessen, Buch: Sonja Schönemann nach einer Idee von Ralf Löhnhardt, Musik: Ulrich Lask, Kamera: Eeva Fleig, Schnitt: Sebastian Schultz, Produktion: Bavaria Fernsehproduktion

Es ist ein leidiges Thema für Zuschauer wie für Kritiker: Der Vorabend im Ersten macht nur den wenigsten Menschen wirklich viel Spaß. Format um Format wird getestet, erfolgreich sind die wenigsten, qualitativ hochwertig erst recht kaum welche. Das aber hat wiederum zur Folge, dass ständig neue Sendungen ausprobiert werden wollen, damit sich der gewünschte Erfolg vielleicht doch irgendwann einstellt. Ein fataler Teufelskreis, möchte man denken, so man darauf angewiesen ist, den Vorabend mit televisionärer Berieselung zu verbringen. Mit den «Rentnercops» steht dieser Tage eine weitere Serie in den Startlöchern, die Kritiker und Zuschauer von sich überzeugen will. Dieses Mal soll der Dienstag ab 18.50 Uhr mit der neuen Produktion bestückt werden.

Schon beim Titel allerdings erscheint es äußerst fraglich, ob sich einschalten lohnt, denn dahinter vermutet man eher eine tumbe Krimireihe als ein spannendes Format. Wenn man dann den Namen der Auftaktepisode hört, wird dieses Gefühl sogar noch verstärkt: „Verdamp lang her“ heißt sie und klingt damit nicht nur altbacken, sondern transportiert auch genau das, was der Zuschauer von zahlreichen «Heiter bis tödlich»-Serien kennt: Vermeintlichen Humor, Lokalkolorit und ein bisschen Krimi. Dass man sich also senderseitig von der Dachmarke verabschiedet hat, hilft zunächst einmal nicht wirklich weiter. Immerhin: So schlimm wie die Vorzeichen es vermuten lassen, wird der Serienauftakt nicht.

Konstruierte Story? Sowas von.


Mit einem Leichenfund beginnt die Episode dann auch wenig überraschend. Der Tote allerdings liegt schon seit 20 Jahren an der Fundstelle. Die Nachforschungen können jedoch nicht beginnen, weil Vicky Adam (Katja Danowski) ihre beiden Ermittler abhandengekommen sind. Einer von ihnen ist mit seiner Geliebten durchgebrannt – soweit so gut – und der andere beim Reinigen der Dachrinne abgestürzt. Doch Polizeipräsident Plocher (Michael Prelle) hat eine gute Idee: Wenn keine Ermittler da sind, dann kann man doch einfach zwei Ehemalige heranziehen. Weil Edwin Bremer (Tilo Prückner) und Günter Hoffmann (Wolfgang Winkler) schon vor 20 Jahren mit dem Fall betraut waren, werden die beiden kurzum gefragt, ob sie nicht einspringen wollen. Ein Schelm, wer das für eine absurd konstruierte Geschichte hält, um die beiden irgendwie vom Altenteil wieder in den aktiven Dienst zu befördern. Umso fragwürdiger, wie man es schaffen möchte, die „Alten“ weiter dort zu belassen, immerhin soll die Geschichte im besten Falle viele Folgen füllen. Die Perspektive jedenfalls scheint nicht besonders rosig, denn zum Ende der Episode dürfen sie zunächst einmal weitermachen. Warum? Einfach, weil sie in der Zeitung waren – und bei den Menschen so gut ankamen.

Schauspielerisch allerdings lässt sich den beiden Cops nicht viel vorwerfen: Sie sorgen immerhin für Unterhaltung und Kurzweil. Damit schaffen sie etwas, was der Story eher weniger gelingt. Altersgebrechen sind nämlich ebenso mäßig lustig wie die Tatsache, dass die alten Herren es ablehnen, einen PC zu bedienen – das Archiv im Keller reicht ihnen. Doch es gibt auch bessere Momente, zum Beispiel, als die beiden im Dienstgebäude die alte Couch entdecken, die eigentlich im Sperrmüll landen sollte. Wehmütig setzen sich die beiden darauf und unterhalten sich glaubhaft über alte Zeiten. An dieser Stelle ist der emotionale Tiefgang erreicht, was für die Vorabendproduktion durchaus genügt. Ein hochkomplexes Drama erwartet an dieser Stelle wohl niemand, eine simple aber ansprechende Emotionalisierung ist also durchaus passend. Dazu kommt, dass nicht so viel Lokalkolorit versprüht wird, wie zu befürchten stand. Und das obschon der Kölner Karneval eine Rolle in der Episode spielt. Gar nicht so übel.

Weniger passend hingegen sind die Leistungen, die von den meisten Nebendarstellern auf das Parkett gebracht werden. Auffällig ist beispielsweise Katja Danowski, die als Vorgesetzte hölzern eine (zugegebenermaßen auch mies charakterisierte) Zicke spielt, die sich mit den Rentnern nicht wirklich anfreunden kann. Doch es gibt einen Herrn, der ihre miese Leistung in den Schatten stellt: Der Gerichtsmediziner. Peter Trabner, der die Figur des Dr. Oliver Körfer mimt, liefert alles andere als eine glanzvolle Vorstellung ab.

Unterschwelliger Rassismus inklusive


Schwierig wird es in einigen Momenten, als die „Alten“ mit Vorurteilen aufwarten: Selbst wenn Kommissar Günter Hoffmann dem asiatischen Kollegen Hui Ko (Aaron Le) erklärt, dass der „andere Rentner“ Edwin Bremer kein Rassist ist, wie man es vermuten würde, sondern einfach ein Arschloch, so muss doch festgehalten werden: Eigentlich ist er eben doch Rassist. Obschon diese Szene zunächst witzig anmutet, so fehlt es hier bei näherer Betrachtung an Einordnung. Wenn die getätigte Äußerung, dass alle Asiaten PC-Nerds sein müssen (um nur ein Beispiel zu nennen) lediglich als dumm dargestellt wird und eben nicht als unterschwelliger Rassismus, dann liegt die vermittelte Message ganz klar daneben. Auch explizitere Beispiele lassen sich im Lauf der Produktion finden.

Insofern würde es der Serie gut tun auf, auf falsche Botschaften zu verzichten. Wenn der Fokus dadurch doch eher auf seichte Unterhaltung geht, dann ist das grundsätzlich eben nicht zu verurteilen. Hauptdarsteller Prückner erklärte der B.Z. im Interview zur Serie, dass die Jungen eben doch auch einschalten würden, solange die Alten schräg und witzig seien: „Das Fernsehen ist doch viel zu wenig frech! Ich finde, da geht noch viel mehr“, erklärt er. Und genau da liegt das Problem: Wirklich außergewöhnlich wird es nie, Möglichkeiten wären zugleich aber vorhanden gewesen.

Weil die künftige Storyentwicklung zudem eher wenig Potenzial vermuten lässt, könnte man fast meinen, dass die «Rentnercops» mit einem etwas höheren Budget als Fernsehfilm besser funktioniert hätten. Das allerdings muss erst die Zukunft zeigen. Zumindest wird es zu Anfang bei Weitem nicht so schlimm, wie man bei der gegebenen Grundkonstellation erwartet hätte. Besonders gut wird es aber leider auch nicht. Klar ist: Manche Pointe gelingt, die Story hat an vielen Stellen größere Schwierigkeiten, aber immerhin die beiden Protagonisten machen ihre Sache gut. Wenn weiterhin auf allzu großen Lokalkolorit verzichtet wird und die Krimis ein Stück weiter in den Serienfokus rücken, dann tut das Einschalten in Zukunft aber immerhin nicht weh. Zur Pflichtübung wird die Produktion aber definitiv nicht werden. Jedoch: Welche ARD-Vorabendserie hat das schon geschafft?

« Rentnercops» ist ab Dienstag, 31. März wöchentlich um 18.50 Uhr im Ersten zu sehen.

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