Die Kritiker

«Bella Block - Die schönste Nacht des Lebens»

von

In ihrem vorletzten Fall geht Hannelore Hoger in der Titelrolle einem Todesfall in der Marine nach. Nach zuletzt durchwachsenen Fällen der Pensionärin: Qualitativer Schiffbruch oder wieder Land in Sicht?

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Hannelore Hoger als Bella Block, Hansjürgen Hürrig als Staatsanwalt Mehlhorn, Rainer Bock als Malte Schnaak, Michelle Barthel als Kati Brandner, Jannis Niewöhner als Matthias v. Schwedlitz, Carolyn Genzkow als Jette Albrecht, Vincent Krüger als Henry Guggenbiehl, Leonard Carow als Jan Peterson u.m.

Hinter der Kamera:
Regie: Andreas Senn, Buch: Susanne Schneider, Kamera: Philipp Sichler, Ton: Michael Kunz; Musik: Fabian Römer; Szenenbild: Anke Osterloh; Kostüm: Petra Kilian; Casting: Nina Haun; Redaktion: Pit Rampelt; Produktion: UFA Fiction
Die Rente ruft: Hannelore Hoger ermittelt in «Bella Block - Die schönste Nacht des Lebens» in ihrem vorletzten Fall beim ZDF, der Abschluss der Krimi-Reihe befindet sich bereits in Arbeit. In ihrem 36. Fall zieht es die rüstige Ex-Kommissarin wieder nach Hamburg, nachdem sie zuletzt in Lissabon zu sehen war. Zwar ist Block bereits pensioniert, trotzdem wird ihre Hilfe bei einem neuen Fall benötigt, der politische Brisanz birgt: Ein Marine-Kadett wurde tot aufgefunden, mit einem Loch im Kopf und Spuren am Körper, die auf Fremdeinwirkung hinweisen. Aufgrund der dünnen Faktenlage geht die Marine selbst von einem Unfall aus und plant wenige Tage später mit dem Tatort, der eventuell auch den oder die Mörder beherbergen könnte, in See zu stechen. «Bella Block» passt das gar nicht, sie vermutet einen Mord hinter dem Todesfall. Statt im Polizeirevier geht sie ihrer Arbeit in einem evakuierten Call-Center zusammen mit ihrem ehemaligen Konkurrenten in der Hamburger Mordkommission, Malte Schnaak, nach.

Besonders verdächtig verhalten sich die Kameraden des Toten Fritz Mühlstadt. Fünf von Ihnen besuchten mit Mühlstadt zusammen eine Hamburger Kneipe, unmittelbar vor dessen Tod. Angeblich aufgrund ihres hohen Alkoholkonsums will sich jedoch keiner an die Geschehnisse nach dem wilden Party-Abend erinnern. Die ehemalige Beamte wittert, dass die Kadetten-Gruppe etwas verheimlicht. „Einer von ihnen macht immer den Mund auf. Ich bin gespannt, wer das bei ihnen sein wird.“, erklärt Block selbstsicher. Wohl am ehesten Kati Brandner, der nachgesagt wurde, in Fritz Mühlstadt verliebt gewesen zu sein und die aufgrund ihres psychischen Zustands nach dessen Tod nicht vernehmungsfähig ist. Neben den verschworenen Marine-Kameraden, die streng ihrem Ehrenkodex folgen, behindern auch die Politik und die Marine selbst die Ermittlungen. Der Justizsenator und der Marineinspekteur Schelling wollen Blocks Ermittlungen wegen der dünnen Beweislage zu einem Ende bringen. Die denkt gar nicht daran und arbeitet mit vielen Mitteln, um den Beteiligten die Wahrheit zu entlocken.

36 Fälle hat Hannelore Hoger als titelgebende Ermittlerin schon hinter sich. Zwar gestaltet sich der neueste Fall durchaus unterhaltsam, längst wissen aufmerksame Beobachter der Reihe jedoch, dass es nicht unbedingt die alteingesessene Pensionärin braucht, um für Unterhaltung in einem ZDF-Krimi zu sorgen. Die Charakterentwicklung der beliebten Ermittlerin scheint beendet, die Fälle könnten genauso gut an ein anderes, frisches Gesicht herangetragen werden. Ohnehin ist es nicht mehr Hannelore Hoger, die in ihrer eigenen Krimi-Reihe zu glänzen weiß, sondern mehr die Geschichte an sich sowie die jungen Darsteller.

Das Skript selbst setzt sich aus vielen verschiedenen typischen Genre-Elementen zusammen, die man so oder so ähnlich schon in zahlreichen anderen Krimis gesehen hat. Eine Gruppe vermeintlich Schuldiger, die ihr schwächstes Glied aufgrund ihrer möglichen Redseligkeit unter Druck setzen, ein adliger Verdächtiger, der von einem ranghohen Verwandten geschützt wird sowie die ermittelnde Protagonistin, die sich der Obrigkeit widersetzt und obendrein gerne mal ein Auge zu drückt, wenn es darum geht die Dienstvorschrift einzuhalten. So schickt Block die Mutter des Toten zu den Kadetten, um ihnen emotionale Ausbrüche zu entlocken, durchsucht das Schiff ohne Genehmigung und benutzt eine junge Kommissarin, um sich das Vertrauen einer Kadettin zu erschleichen. Alles schon mal dagewesen, in der Gesamtkomposition dieses Falls jedoch recht unterhaltsam. Unweigerlich erinnert der Fall auch an die Geschehnisse auf der „Gorch Fock“, auf der die Marine-Kadettin Jenny Böken ums Leben kam.

Auch damals gestaltete sich die Aufklärung des Falles schwierig. «Bella Block - Die schönste Nacht des Lebens» versprüht besonders aufgrund der letzteren Thematik ein wenig 68er-Flair, wenn der Krimi versucht, das autoritäre Militär an den Pranger zu stellen, genauso wie die Politik, die versucht dieses System zu schützen. Diese klar zu vernehmende Kritik lässt den Fall über die bloße Tätersuche hinaus wachsen. Sehenswert, wie sich Hannelore Hoger als Bella Block und Rainer Bock als ihr Kollege Schnaak an diesem für sie von einem falschen Ehrenkodex und altmodischen Tugenden zerfressenen Mikrokosmos reiben. Wenn eine Krimi-Reihe, die zuletzt eher in den Verruf geraten ist, inhaltlich zu lahmen, sich an mehr als einem bloßen „Whodunit“ versucht, will man dieser Systemkritik auch die richtige Tiefe verleihen. Da der vitalen Kommissarin a.D. jedoch nur 90 Minuten Sendezeit bleiben, macht es sich der Fall in Details zu einfach. So überredet Block die Mutter des Toten scheinbar in einem Nebensatz dazu, einen langwierigen und wohl sehr kostspieligen Gerichtsprozess mit der Marine anzufangen oder ein Hotel gibt Interessierten ohne Zögern oder Sorge um Datenschutz Auskunft über seine Gäste.

Auch wenn es dem Drehbuch von Susanne Schneider etwas an Einfallsreichtum mangelt, die bereits erwähnten Genre-Klischees bemüht werden und die Protagonistin kaum noch den Facettenreichtum besitzt, um einen Fall ganz zu tragen, so ist es vor allem dem restlichen Cast und der Crew zu verdanken, dass «Bella Block - Die schönste Nacht des Lebens» zu einem der besseren Ausgaben der Reihe wurde. Andreas Senn inszenierte seinen ersten «Bella Block»-Fall tadellos und ergänzt sich toll mit den sehenswerten Ideen des Kameramanns Philipp Sichler. Kaum merklich und akzentuiert sorgt die Musik von Fabian Römer für die richtige Stimmung. Aus der Darstellerriege stechen vor allem die geheimniskrämerischen Kadetten hervor, allen voran Michelle Barthel als mitgenommene Kati Brandner. Weniger positiv fallen die Eltern des Toten auf: Während der Tod des Sohnes für den Vater mehr ein Ärgernis als ein Trauerfall zu sein scheint, schwebt Frau Mühlstadt sonderbar ausgeglichen und in sich ruhend durch die Episode, nachdem ihr Sohn scheinbar gewaltsam aus dem Leben gerissen wurde. Trotzdem: Wer sich bislang weniger mit der Krimireihe befasste und das bald endende Format in guter Erinnerung behalten möchte, für den lohnt sich das Einschalten.

Das ZDF zeigt «Bella Block - Die schönste Nacht des Lebens» am 4. April 2015 um 20.15 Uhr.

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