Einige Formate von Rocket Beans TV
- «Bohn Jour» (Show)
- «Moin Moin» (Morningshow)
- «Almost Daily» (Talk- und Spielshow)
- «Kino+», «Game+» (Themenshows)
- «Wir müssen reden» (Call-In)
- «Mate Knights», «Nerdquiz» (Spielshows)
- «Community Beef», «After Dark», «Zocken mit Bohnen» u.a. (Gaming)
Jochen Dominicus gehörte zu den ersten Moderatoren von GIGA, das 1998 seinen Sendebetrieb aufnahm. Auch er mischt mit im Youtube-Zirkus, betreibt mittlerweile mit seinem früheren Kollegen George Zaal einen eigenen Kanal – wie eben auch die Rocket Beans-Gesichter, deren Geschichte ebenfalls auf GIGA zurückzuführen ist. Sie haben eines gemeinsam: Sie können Unterhaltung. So auch bei «Bohn Jour», als Dominicus und die beiden Moderatoren Simon Krätschmer und Etienne Gardé sich irgendwann als Zauberkünstler versuchen. Und genial-grandios scheitern.
«Bohn Jour» ist das Flaggschiff-Format von Rocket Beans TV, dort werden Ereignisse der Sendewoche rekapituliert, dort werden Aktionen improvisiert, dort wird über die digitale Medienrevolution gequatscht, aber auch über die guten alten analogen Zeiten. Alles ist drin bei «Bohn Jour», wöchentlich schauen bis zu 30.000 Menschen die Live-Ausstrahlung. Dazu kommen mindestens ähnlich viele bei Youtube, wo die Sendung später ebenfalls veröffentlicht wird. Youtube ist quasi die Mediathek von Rocket Beans TV geworden, das Live-Programm sendet über den Anbieter Twitch. Ein Großteil der Zuschauer ist zwischen 25 und 38 Jahre alt; viele Fans gehören vermutlich zur angesprochenen Generation GIGA, zu den Menschen, die in ihrer Jugend mit dem innovativen Fernsehsender aufgewachsen sind und noch wissen, wie man ohne Smartphones durch die Welt lief.
Der Vergleich mit GIGA ist deshalb so wichtig, weil es hier um progressives Fernsehen geht. Nach dem Scheitern von GIGA wurde oft davon gesprochen, dass der Sender seiner Zeit voraus war. Und tatsächlich probierte man damals Dinge, die heute in der Medien- und Unterhaltungslandschaft fest etabliert sind. Dabei geht es nicht nur um das Internet selbst, das zum GIGA-Sendebeginn noch wenig verbreitet war und ein interaktives Programm daher schwer möglich. Sondern auch um Unterhaltungsformen wie „Let's Plays“, also kommentiertes Videospielen. Bei GIGA gehörte dies seit 1998 zum Programm. Aber erst mit Youtube wurden Let's Plays ein weltweites Phänomen. Wenn GIGA damals also seiner Zeit zu weit voraus war – ist es Rocket Beans TV dann heute als professionelles Internet-Only-Fernsehen auch?
Vieles spricht dagegen. Seit GIGA hat sich die Medienwelt drastisch verändert, ein eigens im Netz betriebener und teils über Zuschauerspenden finanzierter Fernsehsender war damals noch Utopie. Dass das Modell funktionieren kann, zeigt man bisher nicht nur inhaltlich. Ende März veröffentlichte Rocket Beans TV eine Pressemeldung mit erfreulichen Zahlen und dem Statement: „Wir wollen ewig weitersenden!“ Man expandiert, vergrößert das Redaktionsteam. Es scheint, als könne das innovative Finanzierungskonzept tatsächlich aufgehen.
War GIGA damals auf klassische Fernsehwerbung angewiesen, sind die Geldquellen heute zahlreich: Neben direkten Zuschauerspenden bringen Abos bei Twitch Geld, außerdem Klicks auf dem Youtube-Channel, der durch den umfangreichen Live-Sendebetrieb deutlich mehr Content erhält als zuvor. Eine wichtige Quelle sind außerdem Amazon-Käufe über den Affiliate-Link, weiterhin gibt es einen Merchandising-Shop. Schließlich hat man vereinzelt Sponsoren an Land gezogen. Ein weiterer Vorteil des Internet-Fernsehens: Umfangreiche Statistiken über Zuschauer und Fans werden der Produktionsfirma quasi kostenlos geliefert. Sie kann jederzeit die Zielgruppen auf Twitch, Youtube oder auch Facebook analysieren. Das ist ein immenser Vorteil bei Werbekunden, den GIGA nicht hatte: Dort wurde auf eine kostspielige Quotenmessung verzichtet, Werbepartner blieben aus.
Dennoch dürfte Rocket Beans TV ein Einzelfall bleiben, sein Erfolg scheint nicht kopierbar. Denn der Sender kann auf einer riesigen Fangemeinde aufbauen, die man sich unter anderem – dann doch – im klassischen Fernsehen erobert hat: angefangen bei «GIGA GAMES» und geendet bei «MTV Game One», das allerdings schon mit umfangreichem Web-Content andeuten ließ, was mit den Raketenbohnen möglich ist. Die im Vergleich mit anderen privaten Live-Streamern oder Youtubern hohen Produktionskosten können nur durch eine solch große Community aufgefangen werden.
Was den Sender aber eigentlich so einzigartig macht, sind seine Inhalte, die eher untypisch sind für ein Medium, das vermeintlich nur aus Schminktipp-Videos, ellenlangen Starcraft-Livestreams und immergleichen Vlogs zu bestehen scheint. Die Inhalte sind erwachsener, wenn auch erst auf den zweiten Blick. Man bedient eine ältere Gamer-Generation, die gelangweilt ist vom x-ten „Call of Duty“ – und zeigt daher viele Retro-Games und Indie-Spiele. Oft sind die Moderatoren selbst das Programm, wie bei «Bohn Jour», der Show «Mate Knights» oder dem Pen&Paper-Format «T.E.A.R.S.». Geschickt baut man um die vier Hauptmoderatoren ein umfangreicheres On-Air-Team auf, das ebenfalls zu unterhalten weiß – ob mit DJ-Einlagen, als Pen&Paper-Spielleiter oder als Newsanchor. Das Themenangebot ist vielfältig und hat zeitweise sogar ein wenig Tiefgang, wie in einigen Gesprächen der Talkshow «Almost Daily». Die interaktive Komponente ist groß; man sendet nicht für die Community, sondern mit ihr. In klassischen Games-Sendungen werden oft Fragen zum Spiel beantwortet, oft aber geht es um viel mehr: In «T.E.A.R.S.» können die Zuschauer den Spielverlauf mitbestimmen, außerdem sollen sie sich kreativ beteiligen. Bei der letzten Sendung wurden Bilder aus ganz Deutschland eingefordert – von Fans, die sich als Zombies ausgeben. Nur konsequent, dass die Community auch auswählen darf, in welchem Setting die nächste Pen&Paper-Geschichte stattfindet.
Rocketbeans zeigt, wie Fernsehen geht, das den Mainstream nicht treffen will. Oder anders formuliert: Fernsehen, das bewusst am Mainstream vorbeisendet. Abstriche musste die Produktionsfirma mit diesem Konzept machen, als zu wenig angepasst und zu risikoreich wurden ihre Projekte angesehen – und kamen nicht bei klassischen Fernsehsendern unter. Den Pilot «Quelle: Internet», eines dieser gescheiterten Projekte, stellte Rocketbeans frei verfügbar ins Netz. Auch um ein Zeichen zu setzen: Seht her, das ist Fernsehen, dass die normalen Programmchefs nicht wollen. «Quelle: Internet» gewann den Webvideopreis 2014 und wurde weit über 200.000 Mal angeschaut.
„Wir gestalten einfach am liebsten Formate und Inhalte, die etwas moderner sind. Wir probieren neue Gadgets aus, unsere visuelle Ansprache ist in der Regel auch eine andere – das haben wir mit der Produktion von «Game One» bewiesen. Das ist aber etwas, was die klassische Fernsehlandschaft oftmals nicht haben will“, sagte Moderator Daniel Budiman im Januar gegenüber Quotenmeter.de. Aber warum noch den Weg über die sogenannte klassische Fernsehlandschaft gehen? Im Internet ist man – so zumindest das Zwischenfazit nach knapp drei Monaten Live-Sendebetrieb – perfekt und erfolgreich aufgehoben. Es scheint also, als sei Rocket Beans TV diesmal zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Anders als GIGA anno 1998.
Es gibt 7 Kommentare zum Artikel
08.04.2015 12:43 Uhr 1
Alles muss.
Nix kann.
08.04.2015 13:07 Uhr 2
08.04.2015 13:39 Uhr 3
:?: Hannes ist doch bei manchen Formaten dabei, bspw. Bon Jour
09.04.2015 00:18 Uhr 4
09.04.2015 07:06 Uhr 5
Dann habe ich genau das wohl nicht mitbekommen... Danke für die Info.
11.04.2015 21:46 Uhr 6
14.04.2015 08:17 Uhr 7
Den hier: