«Game of Thrones» scheut die Quoten
«Game of Thrones»-Fans, die wissen wollen, wie sich die Serie in den linearen Ausstrahlungen schlägt, müssen sich etwas gedulden. Seit Januar veröffentlicht HBO keine tagesaktuellen Quoten mehr. Der Kabelsender wolle damit dem Nutzungsverhalten seiner Kunden gerecht werden, die HBO über die ganze Bandbreite an Möglichkeiten nutzen, weshalb Quoten der linearen Ausstrahlungen nur begrenzte Aussagekraft hätten. Der Kabelriese verzögert die Marktanteile nun stets mit zwei Wochen Verzug. Ohnehin könnte es für HBO jedoch ein böses Erwachen geben, denn die ersten vier Episoden der fünften Staffel, die eigentlich nur Kritikern zu Verfügung standen, wurden unerlaubt im Internet geleakt.Sky zeigt ab dem 27. April auch das britische Pendant: «Thronecast» läuft im Vereinigten Königreich nun schon seit 47 Folgen auf dem britischen Sky Atlantic mit den Hosts Jamie East und Rachel Parris. Hier betrachtet das 30-minütige Format die Geschehnisse des Kampfs um Westeros eher aus der Fan-Perspektive, unterlegt wird die Show mit Darstellerinterviews und Kommentaren der Fans. Doch warum setzen die Sender überhaupt auf die Talks nach der Serie, wenn man stattdessen ein anderes frisches Format senden könnte, das eventuell von den tollen Quoten von «Game of Thrones‘» profitieren und ebenfalls zu einem tollen Marktanteil kommen könnte? Die Formate haben ihr Vorbild in der US-amerikanischen Kabel-Landschaft, wo allen voran AMC die immensen Vorteile der Serien-Talks entdeckte.
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Mit dieser Entscheidung schlug AMC zwei Fliegen mit einer Klappe. Da wäre zunächst der Kostenaspekt. «Walking Dead» ist eine teure Drama-Serie mit ausladenden Special Effects und einem großen Cast, die wohl regelmäßig, Dank der tollen Zuschauerzahlen, nach Erhöhung des Budgets verlangt. «Talking Dead» auf der anderen Seite besteht ausschließlich aus Host Chris Hardwick sowie aus ein paar weiteren Personen, die neben ihm sitzen, womit eine der 60-minütigen Episoden ungefähr so viel kostet wie ein «Walking Dead»-Panel auf der Comic Con. Würde man fünf TV-Macher in einen Raum sperren und sie überlegen lassen, wie man das Format noch günstiger gestalten könnte, wäre die einzige Lösung wohl, die Sendung nur mit Ton zu senden. «Talking Dead» fungiert damit als „Return-On-Investment“.
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Die Senderverantwortlichen haben außerdem erkannt, dass um eine erfolgreiche TV-Serie bestenfalls ein eigenes Öko-System entstehen sollte, das die Zuschauer, die nach der Premiere Facebook, Twitter oder Foren aufsuchen, abgreift und auf der Social-Media-Welle reitet. Inhaltlich offenbart die Show jedoch oft Defizite, insbesondere wenn Darsteller aus «The Walking Dead» zu Gast sind, wodurch der Talk sich vor allem darauf fokussiert, die Sympathien des Gasts zu gewinnen. Betrachtet man diesen Umstand, nämlich dass «Talking Dead» oft zu naiv mit den Inhalten der Serie umgeht, ist es umso erstaunlicher, dass das Talk-Format rund 40 Prozent der Zuschauer von «Walking Dead» hält.
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«Watch What Happpens Live», ursprünglich im Internet gestartet, um die Modelsuche «Project Runway» zu bewerben, wurde bei Bravo zu einem derartigen Hit, dass es das Format 2009 ins TV-Programm schaffte. Auch FX startete mit «Anarchy Afterword» nach dem Vorbild von «Talking Dead» und «Talking Bad» ab der sechsten Staffel der Serie eine After-Show, die unzensierte Interviews mit dem Showrunner Kurt Sutter und ein wechselndes Panel aus Cast-Mitgliedern und prominenten Gästen enthielt. Das Format, für das Fans via der sozialen Medien Fragen einreichen durften, fand jedoch nur online statt.
Besagte After-Shows schafften das, wovon Senderverantwortliche schon immer träumten: Alle Sender versuchten lange Zeit verzweifelt, die Zuschauer beim Sender zu halten, auch nachdem ein beliebtes Format endete. Dieses Vorhaben gelang mit den Serien-Talks endlich, obendrein sind die Formate außerordentlich kostengünstig. Ein Fazit, das so erkenntnisreich wie bitter für die Verantwortlichen ist, lautet: Zuschauer sind loyal gegenüber Sendungen, nicht gegenüber Sendern.