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Bei 3sat wird man mit diesem Umstand gut leben können, immerhin geht damit einher, dass die Konzertstrecke «Pop Around the Clock» ein Alleinstellungsmerkmal besitzt und der im regulären Sendebetrieb zumeist eher wenig beachtete Kultursender zumindest für einen Tag ein beachtliches Maß an Aufmerksamkeit generieren kann. Jährlich an Silvester zeigt man über 24 Stunden lang Live-Programme großer internationaler Künstler, die sich entweder in der Vergangenheit, in der Gegenwart oder bereits seit Jahrzehnten unverändert großer Beliebtheit erfreuen und die Pop- und Rock-Welt maßgeblich prägen. Musikfans jubilieren laut angesichts dieser Fülle an Qualität, nicht wenige verbringen mehrere Stunden des Tages damit, die Mitschnitte anzuschauen - oder, was gerade das Nutzungsverhalten der heutigen Zeit zunehmend dominiert, sie mitzuschneiden.
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Das musikalische Aufgebot jedenfalls kann sich wie gewohnt hören lassen. Los geht es in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai gegen 5:30 Uhr mit «Muse: Live at Rome». Die Show der britischen Rockband ging bereits im Juli 2013 über die Bühne und wurde - wie übrigens die meisten der gezeigten Konzerte - bereits an Silvester bei 3sat gezeigt. Anhänger des Gespanns um Matthew Bellamy können sich hiermit ein wenig warmhören für das im Juni dieses Jahres geplante Studioalbum «Drones». In Anbetracht dessen vermag es ein wenig zu überraschen, dass der Sender die Band auf diesem wenig lukrativen Slot versendet. Große Namen hat man allerdings auch unmittelbar im Anschluss zu bieten: Um 6:30 Uhr geht «Peter Gabriel: Back to Front» über den Äther, das 2013 in Großbritannien aufzeichnet wurde. Eine weitere Stunde später läuft «Sting: When the Last Ship Sails» aus demselben Jahr. Letzterer machte kürzlich durch Live-Auftritte mit Paul Simon abermals auf sich aufmerksam.
Das Aufgebot zwischen 9:30 Uhr und 15:05 Uhr
- 09:30 - Dire Straits: On the Night
- 10:30 - Genesis: Three Sides Live
- 11:15 - Phil Collins: No Ticket Required
- 12:15 - Queen: Live at the Rainbow
- 13:05 - The Rolling Stones: From the Vault - Live in 1981
- 14:05 - Deep Purple: Perfect Strangers
Deutlich aktueller wird 3sat nach 15 Uhr, von hier an werden nur noch Konzerte aus den Jahren 2011 bis 2014 ausgestrahlt. Den Anfang macht ZZ Top, wobei der hier gezeigte Mitschnitt von «Live at Montreux» mit 40 Minuten den geringsten Ausstrahlungsumfang aufweist. Weiter geht es mit Bryan Adams, Hall & Oates und Roxette, bevor ab 18:15 Uhr vornehmlich die etwas jüngere Generation an Musik-Liebhabern bedient wird. Der Vorabend geht zunächst an Shakira, bevor mit Kylie Minogue eine Künstlerin in die Primetime überleiten darf, die seit den 80ern nahezu omnipräsent ist. Ähnliches gilt auch für Celine Dion, deren Live-Performance «Une Seule Fois» in Kanada den wohl anspruchsvollsten Sendeplatz des Tages zu tragen hat. Bestehen in der Daytime gute Chancen, alleine durch die Anhänger der jeweiligen Künstler sowie die Hardcore-Musikfans zu üppigen Quoten zu gelangen, ist die Primetime um 20:15 Uhr traditionell der Zeitpunkt, wo mit die meisten Menschen fernsehen - und damit die größte Konkurrenzsituation herrscht.
Auch P!nk und Depeche Mode werden sich um 21 Uhr bzw. 21:55 Uhr dieser Situation stellen müssen, während 3sat nach 23 Uhr wieder ein wenig mehr in die Nische gehen kann - sofern man dies bei einer Weltklasse-Band wie Coldplay behaupten kann. Deren «Ghost Stories» stammen aus dem vergangenen Kalenderjahr, weshalb sich Fans neben Klassikern wie "Clocks" oder "Viva la Vida" auch auf die frischen Hits "Magic" und "A Sky Full of Stars" freuen dürfen. Nicht mehr ganz so aktuell ist Madonnas «MDNA Tour», die nach 2013 ab 0:05 Uhr zum zweiten Mal zu sehen ist - dafür allerdings mit üppigen zwei Stunden auch die mit weitem Abstand längste Sendezeit aller Mitschnitte umfasst. Ab 2 Uhr nachts gehen dann mit Jessie J, Emeli Sande, Max Herre und Ed Sheeran sehr aktuelle Künstler auf Zuschauerjagd, bevor Moby um 5:30 Uhr den Schlusspunkt hinter die 25-stündige Event-Programmierung setzt.
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Und sicherlich darf man auch die Frage formulieren, ob ein Sender wie 3sat, der sich an ein anspruchsvolles und in der Regel wenig nach pompösen Highlights gierendes Nischen-Publikum richtet, überhaupt darauf ausgerichtet sein sollte, Aufmerksamkeit bei einer breiteren Masse zu erregen. Im normalen Tagesgeschäft ist man dazu geneigt, es zu negieren. Dennoch eignen sich Events wie «Pop Around the Clock» hervorragend dazu, sich an Feiertagen von eben jenem kulturellen und mitunter etwas verkopften Programm-Alltag abzuheben und sich damit auch ein wenig in Erinnerung zu rufen. Und wer unter anderem Queen, die Dire Straits, Deep Purple und Depeche Mode im Aufgebot hat, muss sich nun wahrlich nicht vorwerfen lassen, zugunsten des Massengeschmacks auf Qualität zu verzichten. Insofern: Viel Spaß mit 25 Stunden Live-Musik der Extraklasse, liebe Musikfreunde!