Cast & Crew
Vor der Kamera:Jörg Hartmann als Peter Faber
Anna Schudt als Martina Bönisch
Aylin Tezel als Nora Dalay
Stefan Konarske als Daniel Kossik
Inez Björg David als Klara Janek
Konstantin von Jascheroff als Frank Hövel
Albrecht Abraham Schuch als Jules Lanke
Hinter der Kamera:
Produktion: Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion
Drehbuch: Ben Braeunlich
Regie: Züli Aladag
Kamera: Yoshi Heimrath
Producerin: Solveig Cornelisen
In der sechsten Folge ist das anders. Der Finger bleibt aus der Wunde, soziale und politische Fehlentwicklungen kommen nirgends vor. Dieser Themenwechsel kommt unerwartet – genauso wie die dramaturgische Kurskorrektur in die erzählerische Beliebigkeit.
Ein Mann liegt vor dem Eingang der Notaufnahme. Er hat schwerste Verletzungen und keiner kann sich erklären, wie er da hingekommen ist. Bis – recht schnell – herauskommt, wer der Verunglückte ist: ein Fallschirmspringer namens Leo Janek. Wie die Kommissare Bönisch und Faber jedoch zügig feststellen, kann er unmöglich einen verunglückten Basejump vor den Klinikeingang hingelegt haben. Irgendjemand muss ihn also von anderswo dorthin transportiert haben. Jemand, der nicht gesehen werden wollte.
Leo Janek wird seine schweren Verletzungen nicht überleben: Deswegen eröffnet das Dortmunder Quartett direkt die Mordermittlungen, obwohl die Maschinen noch laufen. Die vier Cops haben aber in erster Linie mit privaten Problemen zu kämpfen: Bönisch vermisst seit einigen Tagen ihren fünfzehnjährigen Sohn und hat Angst, dass ihm etwas zugestoßen ist. Nora verkraftet ihre Abtreibung nicht. Was wiederum ihrem Kollegen und Ex-Lover Daniel zu schaffen macht, während Faber trotz seiner unverarbeiteten Traumata einmal der Gelassenste und Unauffälligste ist.
Das klingt alles nicht so recht nach den Dortmunder «Tatorten», die die Kritik (völlig zurecht) seit ihrer Premiere so überschwänglich für ihre erzählerische Raffinesse, ihre vielschichtigen Figuren und ihre feinfühligen Charakterisierungen gefeiert hat. Es mag mit dem Produzentenwechsel zusammenhängen – „Schwerelos“ wurde von «Lindenstrassen»-Erfinder Hans W. Geißendörfers Unternehmen verantwortet und nicht wie die bisherigen Ausgaben von der Colonia Media. Doch warum auch immer: In dieser Folge ist der Wurm drin.
Wo früher zwar zugespitzte, aber relativ lebensnahe und vor allem plausible Plots erzählt wurden, machen sich konstruierte Plattitüden breit, die dem intellektuellen Niveau der vorherigen Geschichten nicht gerecht werden: Nora Dalay, früher eine toughe, komplexe, intelligente Figur, bandelt diesmal mit einem Tatverdächtigen an. Das ist billigste narrative Dutzendware: Anstatt sie erneut einen vielschichtigen, schwierigen, aber nahbar erzählten persönlichen Konflikt durchleben zu lassen, wird sie diesmal deutlich fahriger, diffuser, liebloser geführt.
Gleichsam die Brechung des Ermittlungsfalls in Fabers persönlicher Situation: Jörg Hartmanns Figur hat bekanntermaßen vor Jahren Frau und Tochter verloren und das Trauma nie verarbeiten können. In „Schwerelos“ nimmt er sich jetzt des jungen Sohnes des verunglückten Fallschirmspringers an. Doch auch diese – an sich sicherlich interessante – Konstellation führt nirgendwohin als ins Offensichtliche. Alles ist zu gewollt, zu forciert.
Natürlich bewegt sich dieses Gejammere auf ziemlich hohem Niveau. „Schwerelos“ erzählt seine Geschichten zum großen Teil weit besser als anderswo. Das liegt aber zum großen Teil an dem hervorragenden Cast, der auch dort noch Ambivalenzen ausspielen kann, wo andere Teams schon lange in der strunzdummen Banalität gelandet wären. Und doch ist es in Dortmund diese Woche zu beliebig und zu aufgesetzt geraten. Zu uninteressant leider auch.
Das Erste zeigt «Tatort – Schwerelos» am Sonntag, den 3. Mai um 20.15 Uhr.