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Danke, Dave!

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Am vergangenen Mittwoch trat David Letterman von seiner «Late Show» ab. Was er in 33 Jahren Late-Night-Karriere geleistet hat, lässt sich kaum in Worte fassen. Julian Miller versucht es trotzdem.

Am Schluss waren es vielleicht zu viele Huldigungen, die man über Letterman in den letzten Wochen lesen konnte. „Sparen Sie sich noch was für meine Grabrede auf“, witzelte er in seiner finalen Sendung.

Doch diese Feststellung dürfte keine Übertreibung sein: Mit seinem Abgang von der «Late Show» geht eine Ära im amerikanischen Fernsehen zu Ende.

1980 verpflichtete NBC ihn für eine kurzlebige, tägliche Morgensendung, bevor man ihn 1982 mit der «Late Night with David Letterman» auf dem Slot hinter Johnny Carsons legendärer «Tonight Show» on air schickte. Der Rest ist Geschichte: Letterman hatte seine Paraderolle gefunden. Die des scharfzüngigen, manchmal jovialen, manchmal auch bodenlos arroganten, aber immer lässigen, immer eleganten, immer treffsicheren Late-Night-Hosts.

1993 folgte, nach ewigem Gezerre um die Nachfolgerschaft der «Tonight Show», Lettermans Wechsel zu CBS. Und auch wenn er in dem – eher symbolischen – Kampf um das televisionäre Erbe Johnny Carsons unterlegen sein mag, gaben die Quoten doch lange Zeit ihm recht: Die Zuschauer schalteten bei seiner «Late Show» auf CBS ein. Und nicht bei seinem ewigen Rivalen Jay Leno.

Doch es wäre falsch, Lettermans 33 Jahre umfassende Late-Night-Leistung allein auf das – nicht selten auch zelebrierte – Hickhack zwischen CBS und NBC, zwischen Letterman und Leno, zu reduzieren. Letterman zeigte seine wahre Klasse und seine Größe als Showmaster zu anderen Anlässen. An viele davon wird man sich noch lange Zeit erinnern: Etwa an seine bewegende Rede in seiner ersten Show nach den Anschlägen vom 11. September 2001, in der er Amerika durch seine zuversichtlichen Worte Halt geben konnte.

Bei den über 6000 Sendungen, die von «Late Night» und «Late Show» in den letzten drei Jahrzehnten produziert wurden, sei auch unheimlich viel Vergessenswertes dabei gewesen, gab Letterman freimütig und allenfalls halbironisch in der finalen Ausgabe vom letzten Mittwoch zu. Damit mag er recht haben. Doch das stört nicht – und wird seine Legacy als Comedy-Legende kaum beschädigen. Late-Night ist Langstreckenlauf. Was überdauert, sind die oberen zehn Prozent, die goldenen Momente, die legendären Gags und Sketche. Nicht jede seiner Top-Ten-Lists war ein Knaller, nicht jeder Gag im Opening Monologue eine Sternstunde des amerikanischen Stand-ups. Vieles war Tagesgeschäft. Ordentliches, witziges Tagesgeschäft. Aber eben Tagesgeschäft.

Doch die Momente und Szenen, in denen Letterman als erstklassiger Late-Night-Talker wirklich neue Maßstäbe gesetzt hat, haben nicht nur Fernsehgeschichte geschrieben, sondern werden auf Jahre, vielleicht Jahrzehnte hinweg, der Maßstab sein, an dem sich die nächste Generation wird messen lassen müssen.

Go get ‘em, Jimmy! Go get ‘em, Stephen!

Und Danke für Alles, Dave!

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