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In der Gastronomie ist der Wunsch nach Selbstständigkeit ungebrochen, übrigens allen bürokratischen Widrigkeiten und der Zurückhaltung bei den Banken zum Trotz. Rund 14 Millionen Deutsche träumen von der Selbstständigkeit: ein ordentlicher Wert. Doch nur zwei Prozent der unter 35-Jährigen haben sich bereits selbstständig gemacht - im europäischen Durchschnitt liegt dieser Anteil mit fünf Prozent mehr als doppelt so hoch. Hierzulande verhindern ein allzu starkes Sicherheitsbedürfnis und die Angst vor dem Scheitern noch zu oft die Umsetzung guter Ideen. Da ist noch Luft nach oben.
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Christian Rach
Er bietet anstrebenden, noch ahnungslosen Gastronomen seine Hilfe an und versucht, mit seiner Erfahrung dafür zu sorgen, dass sämtliche Probleme, die bei der Führung eines Restaurants entstehen können, möglichst früh umschifft werden. So, dass es für die Unternehmer gar nicht erst zu solchen Notlagen kommt, wie sie in «Rach, der Restauranttester» regelmäßig im Nachhinein berichtigt werden mussten. Somit positioniert sich die Produktion der ume GmbH, zumindest von der Idee her, als nachhaltig hilfreiches Dokutainment.
Das Paradoxe an Dokusoaps mit helfendem Charakter ist natürlich: Je mieser die Lage der Protagonisten, desto größer ist oftmals das Unterhaltungspotential für den Zuschauer. Nicht umsonst sind einige der denkwürdigsten Folgen von «Rach, der Restauranttester» jene, in denen zu Beginn sämtliche Hoffnung verloren scheint. Wenn Rach ein nahezu perfekt geführtes Restaurant, das schlicht aufgrund seiner unattraktiven Einrichtung nicht ankommt, zu einem größeren Kundenstamm verhalf, erschien es vielen Zuschauern derweil als weniger spaßig. Insofern stünde beim neuen TV-Projekt des Hamburgers zu befürchten, dass durch eine geringere Anzahl an gezeigten Katastrophen auch der Sehspaß sinkt.
Rein theoretisch müssten Fernsehzuschauer aber nicht befürchten, dass es bei einer Dokusoap zum Thema Restaurantgründung träge wird. Zum einen, weil Rach noch immer kräftig anpacken muss. So in der Premiernefolge, in der er Diana und Daniel im 13.000-Seelen-Ort Teutschenthal einen Besuch abstattet. Das Paar möchte dafür sorgen, dass nach der Schließung des örtlichen Griechen sein Heimatort weiterhin einen gemütlichen Treffpunkt mit guter Küche hat. Die Lebensgefährten platzen zwar vor Ideen, können aber weder kochen oder backen, noch haben sie Ahnung von dem, wie sich ein Restaurant wirtschaftlich rechnet. Somit muss Rach all das erledigen, was er auch in seiner alten Sendung zu tun hatte – nur, dass er dieses Mal vor Ort ist, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.
Zum anderen ist Unternehmensgründung generell und der Vorgang der Restaurantgründung im Speziellen ein aufwändiger, komplexer und spannender Prozess, wie Rach in eigenen Worten vorbildlich erklärt: „Wohl kaum etwas verlangt mehr Engagement und Herzblut als die Gründung eines eigenen Unternehmens: Das habe ich selbst vor vielen Jahren erfahren dürfen, als ich mich auf den Weg in die gastronomische Selbstständigkeit machte. Bereut habe ich diesen Schritt nie, denn sein eigener Herr zu sein und wichtige berufliche Entscheidungen selbst und aus freiem Willen zu treffen, ist ein Privileg, das man sich hart erarbeiten muss.“
Die Voraussetzungen dafür, dass «Rach und die Restaurantgründer» in die Fußstapfen des indirekten Vorläufers treten kann, sind also gegeben. Nur wird das Potential, zumindest in der Premierenausgabe, nicht ausgeschröpft. Was nahezu ausnahmslos an der Umsetzung liegt. Diese ist zwar nicht misslungen, im Vergleich zu Rachs RTL-Jahren und auch dem, was nunmehr Steffen Henssler bei den Kölnern leistet, aber ernüchternd laff. So, als hätte man eine selbstgemachte Gewürzmischung aus frischen Zutaten durch eine abgepackte Mixtur eines durchschnittlichen Herstellers ersetzt. Es ist alles da, war früher da war. Nur mit weniger Pepp.
Die Texte der Off-Sprecherin lassen den mal unterschwelligen, mal unverschämt direkten Witz von «Rach, der Restauranttester» missen. Der Schnitt ist nicht so beschwingt, so als hätte jemand im Produktionsteam gedacht, eine öffentlich-rechtliche Sendung benötige ein ruhigeres Tempo. Dabei kamen auch Rachs RTL-Sendungen bei einem älteren Publikum an, daher ist eine Entschleunigung im Sinne einer Publikumsanbiederung gar nicht von Nöten. Und auch die Musikuntermalung ist, zumindest in den ersten rund 20 Minuten, enttäuschend arm an Akzenten. Gegen Schluss kehrt die viel belächelte, dennoch stets begrüßte Popmusikaneinanderreihung zurück, die Rachs Sendungen stets ausmachte – daher findet die Sendung zumindest klanglich im letzten Dritte ihren Rhythmus.
Das Gute ist: All diese Probleme, die «Rach und die Restaurantgründer» in Folge eins plagen, lassen sich beheben. Und sie lassen sich obendrein erklären: Es ist niemandem im Team vorzuwerfen, dass man wohl dachte, eine konfliktärmere Gastrodoku biete sich auch für eine ruhigere Erzählweise an. Bloß hat man es damit übertrieben – kommende Folgen dürfen daher wieder etwas freudiger erzählt und vitaler beschallt werden. Dann kann es für diesen Laden nach der Neueröffnung noch lange weitergehen.
Folge zwei bis vier von «Rach und die Restaurantgründer» sind immer dienstags um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.