Welche Szenen mir in «Jurassic World» am meisten gefallen haben? Diese Frage kann ich ohne größere Bedenkzeit beantworten. Da die Actionsequenzen weitestgehend auf Suspense verzichten und in ihrer geradlinigen „Dinosaurier jagt Menschen“-Schematik nur selten in extremere Gefilde rutschen (seien sie brutaler, humorvoller oder irrsinniger Art), sind sie es schonmal nicht. Stattdessen fand ich durchaus Gefallen an den frühen Sequenzen, die von der Leitung, Wartung und Martktforschung eines Themenparks handeln. Und egal, ob man die Seitenhiebe auf kurzsichtige Aktienanleger und vergnügungssüchtige Kunden auf reale Freizeitparks überträgt oder auf das Blockbuster-Business: Diese Einfälle in «Jurassic World» sind zwar weder komplex, noch werden sie über die Hälfte der Laufzeit hinausgetragen. Aber sie sind unfassbar pointiert und daher ungeheuerlich spaßig. Diese Attitüde darf sehr, sehr gerne die zentrale Tragsäule des Sequels darstellen:
Zehn Jahre nach den grausamen Ereignissen, die in «Jurassic World» geschildert werden, wagt der Konzern hinter dem Dino-Park einen neuen Anlauf. Und zwar in der Nähe von Paris. Einheimische protestieren gegen die Amerikanisierung Frankreichs, nach Eröffnung bleiben die Besucher aus, weil in den Restaurants mittags kein Alkohol ausgeschenkt wird und die Adrenalinjunkies im wegen der Jurassic-World-Katastrophe gezähmten Park nicht genügend Nervenkitzel erhalten. Die Anspielungen auf die Anfangsjahre des französischen Disney-Parks sind spritzig und offensichtlich, doch die Shareholder-Sitzungen und Dialoge zwischen den größenwahnsinnigen Verantwortlichen bringen dank eines durchdachten Skripts Spannung und Dramatik mit. Man denke an «The Wolf of Wall Street» in einem Freizeitpark. Mit Dinosauriern. Wunschregisseur: Martin Scorsese.
«Jurassic World 2 – Die Rückkehr der Schreckensechsen»: Ein geisteskrankes Spektakel mit Cartoon-Logik!
Wie bereits angerissen: «Jurassic World» ist für mich in allerlei Hinsicht eine Enttäuschung. Aber der Meta-Kommentar macht Spaß. Statt ihn wie oben ausgeführt ernsthaft auszubauen, könnte man den ironisch gemeinten „Wir machen hier ein megalomanisches Spektakel, ohne wirklich drüber nachzudenken“-Aspekt konsequent in die durchgeknallte Richtung zerren. Wie Kelly C auf Twitter träumte: Wie wäre es mit einem «Jurassic World»-Sequel, das sich zu «Jurassic World» verhält, wie «Gremlins 2» zu «Gremlins»? Bereits vier Monate nach den in «Jurassic World» geschilderten Schreckensmomenten öffnet der Park wieder seine Pforten – und die Besucherzahlen schießen durch die Decke! Unglaubwürdig? Ja. Das sehen auch die handelnden Figuren rund um Chris Pratt so, der seinen Raptoren nun auch Schrift- und Gebärdensprache beigebracht hat, während Bryce Dallas Howards Rolle noch kühler ist, noch direkter und ein noch größerer Rückschritt für den Feminismus – sie ist nun nämlich Köchin in einem der Restaurants der Jurassic World und unfassbar froh, „endlich da zu stehen, wo ich hingehöre: Schwanger hinter einem Herd!“ Als ein Reagenzglas mit „der DNA intelligenter Delfinmutanten“ umkippt, mutieren die Dinos zu seltsamen Kreaturen, von denen rund die Hälfte wandelnde Popkulturanspielungen darstellt. Darunter: Der Hulk-Rex, ein Harry Pottercopts und der Batmanosaurus. Alle Saurier sind praktische Effektpuppen, Joe Dante führt Regie, und mindestens ein Achtel der Dialogszenen weist augenzwinkernd auf die Mängel des Vorgängers hin.
«JW-2»: Action, Action, Action!
Gegenüber ScreenRant verglich Regisseur Colin Trevorrow das «Jurassic Park»-Franchise, oder zumindest dessen potentielle Zukunft, mit den «Mission: Impossible»-Filmen. Tom Cruises Agentenreihe wechselt unentwegt den Regisseur, und jedes Mal wird derjenige, der auf dem Regiestuhl Platz nimmt, darin unterstützt, dem Film mit Nachdruck seinen Stempel aufzudrücken. Okay. Gerne. Da «Mission: Impossible 2» bekanntlich völlig bescheuert, übertrieben und extrem stylisch war, wieso geht «Jurassic World 2» nicht auch diesen Weg? Trevorrows Film hat bereits ultra flache und inkonsistente Charaktere. Teil zwei könnte aus dieser Schwäche eine Stärke machen und es gar nicht erst versuchen, mit Figuren und logischem Plot aufzutrumpfen. Man nehme einen für sein Ästhetikempfinden berühmten Regisseur, lasse jemanden eine Alibihandlung zusammenschustern und liefere 90 Minuten purer, stetig eskalierender, spaßiger Dino-Action ab. Paul W.S. Anderson im «Resident Evil: Retribution»-Modus könnte so etwas hinbekommen. Oder John Woo. Der darf dann gerne auch gefederte Minisaurier durch eine brennende Kirche fliegen lassen.