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#SorryNotSorry – «True Detective» und der Mythos von der Serienrevolution

von   |  2 Kommentare

Es ist Zeit, Klartext zu sprechen! In unserer neuen Reihe #SorryNotSorry bekommen unsere Redakteure die Gelegenheit, Ihre ganz persönliche Meinung gegen den vorherrschenden Konsens zu vertreten. Den Anfang macht Antje Wessels, die ihre Hassliebe zu «True Detective» zu begründen versucht.

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Werfen wir auf jene Ermittler doch sogleich einen ausführlichen Blick. Die Verpflichtung von zwei A-Liga-Hollywoodstars ist nicht nur vermarktungstechnisch ein raffinierter Schachzug, er verschafft der Serie schon einen Image-Push, bevor sie überhaupt etwas geleistet hat. Immer mehr Filmschauspieler wenden sich dem US-Serienfernsehen zu; der Ruf, auf der Leinwand bekäme man heute nur noch Zweitklassiges zu sehen, eilte «True Detective» zwar längst voraus, doch die Liebhaber der Serie sehen sich durch die Performances von Oscar-Preisträger Matthew McConaughey und dem Academy-Award-Nominierten Woody Harrelson noch zusätzlich in ihrer These bestärkt. Betrachten wir die Schauspielleistungen selbst doch erst einmal ganz nüchtern: Ja, beide Akteure agieren auf ihrem gewohnten Niveau. Gewohnt heißt für Harrelson und McConaughey: stark. Sehr stark. Doch das Verschmelzen mit mehrdimensionalen Rollen ist für beide nichts Neues. Die beachtliche Leistung in «True Detective» entspricht ihrem Hollywood’schen Leistungsstand. Eine Auszeichnung für ihre Darbietung ist angesichts der tiefschürfenden Rollenzeichnung also wenig verwunderlich. Was hingegen verwunderlich ist, ist der Verfasserin dieser Zeilen zufolge der Applaus für die vermeintlich hochintellektuelle Figurenzeichnung. Womit wartet «True Detective» denn eigentlich auf? Die Hauptfiguren sind zwei charakterlich vollkommen unterschiedliche Ermittler – Standardrepertoire in gängigen Cop-Filmen und -Serien. Beide haben nicht nur im Job Probleme, sondern stehen auch privat auf wackeligen Beinen – ebenfalls Genre-Standard. Beide ermitteln zusammen in einem Mordfall. Es bleibt nach wie vor Standard. Wodurch sich die Serie allerdings ihr Alleinstellungsmerkmal erarbeitet, sind zwei Dinge: Die Dialoge der Detectives kommen mit vermeintlich philosophischer Dichte daher und das Storytelling macht sich nicht bloß eine Zeitebene zunutze, sondern gleich zwei.

Widmen wir uns den erfolgbringenden Faktoren nacheinander. Kommen wir zunächst auf das zu sprechen, was die zwei Ermittler während ihrer acht Stunden umfassenden Odyssee von sich geben: Die Drehbücher sämtlicher «True Detective»-Episoden bestehen zu einem Großteil aus bedeutungsschwangeren Gedankengängen der Detectives Hart und Cohle, die sich – auf den Kern herunter gekürzt – damit befassen, wie bitterböse der Mensch ist. Zugegebenermaßen lässt sich darüber auch weitaus weniger hintersinnig schwadronieren, als es sich Nic Pizzolatto für seine beiden Antihelden überlegt hat, doch schlussendlich bleibt die Erkenntnis, dass Kino und Fernsehen schon seit Jahrzehnten die Faszination für das Böse im Menschen vereinnahmt haben. David Finchers «Sieben» ist einer der Wegbereiter für kinematografische Unterhaltung, die ein solch düsteres Weltbild zeichnet, dass sich der Zuschauer trotz aller Abscheu nicht ihrer Faszination entziehen kann. Des besseren Vergleichs wegen noch eine kurze Aufzählung von TV-Formaten, die mit selbiger Intention an ihr Tagwerk gehen, jedoch weitaus weniger aggressiv gehyped, sondern einfach „nur“ gelobt werden: «Hannibal» findet so etwas wie Poesie in Mord und Totschlag und macht die Gedankengänge eines Kannibalen zu so etwas wie Hochkultur. «The Wire» dokumentiert die Arbeit US-amerikanischer Cops ohne jedwede Romantisierung, was das Böse auf einer Augenhöhe mit dem Zuschauer belässt. Und selbst das sonst eher für Spaß und opulente Bildgewalten stehende Fantasykino hat mit «Game of Thrones» längst ein unterhaltungsbefreites Pendant gefunden. All diese Serien gehören zweifelsohne zum Non Plus Ultra des aktuellen Serienfernsehens; gerade letztgenanntes Format darf sich je nach Tagesform auch immer mal wieder mit dem Titel „Beste Serie aller Zeiten“ schmücken. Doch hier sieht die Verfasserin dieses Artikels ebenjene Revolution, die sie in «True Detective» eben nicht erkennen kann.

Es folgt der Blick auf die Zeitebene: Zum Konzept von «True Detective» gehören regelmäßige Wechsel zwischen dem Ist-Zustand im Jahr 2012, sowie Rückblenden ins Jahr 1995. Dieser Kniff ist ein interessanter Ansatz, um die Geschichte abwechslungsreich aufzubereiten und da beide Zeitebenen auch für sich allein stehend gut funktionieren, erweist sie sich als lohnenswerte Form der Inszenierung, um einen mehrere Jahrzehnte überdauernden Fall seriell aufzubereiten. Die Äußerung, «True Detective» würde dadurch bisher nie da gewesenes Terrain betreten, ist allerdings falsch, denn in Serienhandlungen eingebaute Zeitsprünge zwecks Suspense-Steigerung gab es schlicht schon mehrmals und das auch in bekannten Formaten. «Alias» nutzte diese Methode im Rahmen der dritten Staffel, genauso wie «Desperate Housewives» in einer späteren Season. Hinzu gesellen sich unter anderem «Californication», «Sherlock» und «Ghost Whisperer». Dass diese Formate nicht innerhalb sämtlicher Folgen zwischen einzelnen Zeiten hin- und herspringen, ist zwar korrekt – dafür muss man sich schon gezielt «Lost» zuwenden. Doch der Effekt – das Vorantreiben der Story durch die Zuhilfenahme unterschiedlicher Handlungszeitpunkte – ist derselbe.

Was bleibt also übrig, wenn eine Skeptikerin wie jene, die diesen Artikel geschrieben hat, «True Detective» auf ihr Grundgerüst herunter kürzt? Es bleibt eine sehr gut gespielte US-Crime-Serie, deren technische Aufmachung beeindruckt und die handwerklich von einem herausragenden Niveau ist. Doch das war’s. So sei noch einmal erwähnt, dass es nicht der Zweck dieses Artikels sei, Liebhaber der Serie umzustimmen. Aber vielleicht ist er das Sprachrohr für jene, denen der Hype in letzter Zeit auch ganz schön auf die Nerven ging.

In friedlicher Absicht:

Antje Wessels

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Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
Sentinel2003
23.06.2015 20:05 Uhr 1
Ich habe die erste Stafffel noch gar nicht gesehen und freue mich aber auf die 2. irgendwie mehr, da da bekanntlich ja Frau McAdams mitspielt.... :wink:





Ich kann übrigens den Hype um GoT nicht nachvollziehen!!! :roll:
daveboss
24.06.2015 07:40 Uhr 2
Ich liege bei allen „besten Serien der Welt“, die derzeit laufen und kürzlich liefen auch völlig neben der Spur. Ob Breaking Bad, Homeland, Game of Thrones, True Detective, und welche beste Serie der Welt da noch so läuft, sie läuft ohne mich.

Dagegen verstehe ich nicht, wieso man um Strike Back, Banshee, Spartacus, The last Ship, usw. keinen Hype veranstaltet.

Dazwischen gibt es dann etliche Serien, um die zwar kein „beste Serie der Welt“ Hype veranstaltet wird, die aber zumindest positiv erwähnt werden, wie Arrow, Blacklist, Daredevil, The Walking Dead, und viele mehr.

Wenn ich schon lese, daß da mal wieder eine beste Serie der Welt läuft, bin ich richtig skeptisch, wenn ich die erste Folge ansehe. Und wie gesagt, meistens bin ich enttäuscht.
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