360 Grad

Verbotene Liebe - Tag & Nacht

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«Verbotene Liebe» wird abgesetzt - und unser Kolumnist ist tatsächlich ein bisschen traurig darüber. Weil es dieser Tage am Vorabend wesentlich Gruseligeres gibt...

Was haben wir noch vor zehn Jahren nicht alle geschimpft auf die deutschen Vorabend-Serien. «Gute Zeiten Schlechte Zeiten», «Verbotene Liebe», «Alles was zählt», der betuliche «Marienhof» oder die eskapistischen «Roten Rosen» waren in regelmäßigen Abständen Ziel von manchmal längeren, manchmal pointierteren Leitartikeln, die primär eine Erläuterung dessen zum Gegenstand hatten, was an diesen Soaps so dramaturgisch erbärmlich, infantil, dümmlich, unrealistisch, schlecht geschrieben, schlecht gespielt, banal und uninteressant war.

Aus heutiger Sicht werden die meisten Kritiker über ihre damaligen Soap-Verrisse allenfalls wehmütig lächeln – und müssen nun ob der Absetzung des lange Jahre fleißig niedergeschriebenen «Verbotene Liebe» fast ein Krokodilstränchen verdrücken.

Es ist ja alles viel schlimmer geworden, als man das vor einigen Jahren ahnen konnte.

Statt seichten, aber immerhin mit Mühe, Engagement und ansprechendem Production Value erzählten Geschichten um Dreiecksbeziehungen, Intrigen und Betrügereien latschen heute Gestalten wie Ole ohne Kohle durch den Vorabend und singen Hymnen darauf, wie geil es ist, zum Subproletariat zu gehören. Statt nicht selten klischeehafter, aber immerhin mit dem ehrlichen Versuch zur Emotionalität geschriebener Dialoge, wird bei «Berlin – Tag & Nacht» und «Köln 50667», den Soaps von heute, sinnlos gekreischt und gefaucht, als ob ein Erhöhen der Lautstärke einem Ansteigen der Marktanteile gleichkomme. Und anstatt mit Schauspielern zu drehen, die in ihren Rollen zwar nicht einmal ansatzweise ihre Talente entfalten können, aber doch immerhin etwas von ihrem Handwerk verstehen, ist darstellerisches Know-How in den Scripted-Soap-Hybriden eher ein hinderlicher Klotz am Bein. Die Ergebnisse sehen entsprechend aus.

Der Trend ist schon lange eindeutig: Fiction soll am Vorabend für maximal die Hälfte gehen. Will sagen: Statt des seichten «Verbotene Liebe» muss es heute das prollige «Berlin – Tag & Nacht» sein. Die Zuschauer stehen drauf.

Sicherlich ein Grund, traurig zu sein, ob des Endes einer der letzten nicht „scripted“ produzierten deutschen Daily Soaps. Nicht auszuschließen, dass es uns in zehn Jahren genauso geht, wenn «Berlin – Tag & Nacht» vom Schirm genommen wird.

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