Das Konzept der Sendung ist schnell erklärt – wahrscheinlich, weil es einem irgendwie bekannt vorkommt. In «Hartwichs 100!» sollen 100 Kandidatinnen und Kandidaten im Publikum schätzen, wie viele Menschen beispielsweise vor dem Schlafen im Bett lesen. Wer mit seinem Tipp am nächsten dran ist, kommt eine Runde weiter. Nach fünf Runden stehen somit die Teilnehmer des Finales fest und konkurrieren in weiteren vier Durchgängen um 10.000 Euro. Nur dieses Mal scheidet jede Runde diejenige Person aus, die den schlechtesten Tipp abgibt. Zur Illustration der Fragen und der Antworten gibt es verschiedene Einspieler, die das Ergebnis der Experimente untermauern sollen.
Die Show an sich beinhaltet also ein Quiz-Element, eine Gewinnsumme als Anreiz sowie diverse Einspieler. Teil eins der Liste für typische TV-Elemente wäre damit schon mal abgehakt. Die Clips zur Illustration der Fragen und Antworten werden grundsätzlich drei Kategorien zugeordnet: Es gibt Straßenumfragen, versteckte Kameras mit Lockvögeln und Live-Einblicke in deutsche Haushalte. Letztendlich wieder drei Klassiker der Fernsehbranche. Bei Letzterem wissen die 100 Menschen, dass sie von Kameras beobachtet werden, jedoch nicht, aus welchem Grund. RTL bezeichnet «Hartwichs 100!» als „Show, die zeigt, wie die Deutschen wirklich drauf sind“. Über die Repräsentativität der Umfragen braucht man nicht reden – das sollte auch nicht der Anspruch einer solchen Sendung sein. RTL ging es in erster Linie wohl um die Authentizität der Reaktionen und Antworten. Aber wie authentisch können Menschen sein, wenn sie wissen, dass sie von Kameras beobachtet werden?
Natürlich kennt man all diese Elemente aus Jahrzehnten der Fernsehunterhaltung, doch es kommt schließlich darauf an, ob man mithilfe dieser Mosaiksteine eine neue und unterhaltsame Sendung aufzuziehen weiß. Das schafft RTL aber nicht. Die Show an sich ist nicht schlecht gemacht, auch wenn sie an Kreativität missen lässt. Die Einspieler sind einen Hauch zu sehr auf witzig getrimmt, sodass der Bogen schnell überspannt wird. Von den RTL-typischen „lustigen“ Animationen möchte man erst gar nicht sprechen. Darüber hinaus ziehen sich die Einspieler mit der Zeit und es besteht schnell die Gefahr der Langeweile. Zudem kommt auch «Hartwichs 100!» nicht ohne die so oft schon durchgekauten Klischees wie „Frauen können nicht Autofahren“ aus und baut sie direkt in die Sendung mit ein. Doch in solchen Momenten zeigt sich auch ein Pluspunkt der Show: Vor allem Moderator Daniel Hartwich ist mit einer großen Portion Selbstironie ausgestattet. „Bevor wir weiter einen Klischeekeil in unsere Gesellschaft treiben…“ oder „Ich weiß, dass Sendungen mit meinem Namen in der Regel nach ein paar Wochen wieder abgesetzt werden“ lockern die Show auf und zeigen, dass man sich trotz allem nicht allzu ernst nimmt.
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Es geht um uns alle. Und wie wir reagieren und uns verhalten. Die Situationen, die wir testen sind sehr vielfältig. Zwischen alltäglich und vollkommen außergewöhnlich. Also irgendwo zwischen 'Pinkeln Sie beim Duschen in die Wanne?' und 'Könnten Sie mir helfen meine Frau zu betrügen und mir ein Alibi geben?'
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Daniel Hartwich über das Konzept der Sendung
Letztlich ist «Hartwichs 100!» eine fast durchgehend langweilige TV-Show, die gut produziert ist, aber vom Konzept her absolut nichts Neues bietet und keinen bleibenden Eindruck hinterlässt. Man wirft ein Konvolut an allen denkbaren Elementen der Fernsehunterhaltung zusammen in einen Topf und erhält ein mittelprächtiges Ergebnis aus Quiz, versteckter Kamera und Straßenumfragen. Für das ein oder andere Grinsen hat die Sendung gereicht. Jedoch lohnt es sich nicht, hierfür einen warmen Sommerabend vor dem Fernseher zu verbringen.