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Denn lässt man sich einmal durch den Kopf gehen, in welchen seiner Kreationen Raab vergleichweise leicht ersetzbar wäre, steht «Schlag den Star» ziemlich weit oben in der Rangliste. Zwar moderiert er die Sendung seit ihrer sehr erfolgreichen Neuorientierung im vergangenen Jahr wieder, doch zwischenzeitlich war Raab lediglich als Joker beteiligt und damit in das Show-Geschehen beinahe überhaupt nicht mehr involviert - dem Unterhaltungswert abträglich war diese Degradierung kaum. Problematisch: Neben Raab verlässt auch Steven Gätjen den Sender, Matthias Opdenhövel ist schon seit einigen Jahren augenscheinlich glücklich für die ARD tätig. Man müsste also wohl einen mit dem Franchise gänzlich unerfahrenen Moderator finden, der das Konzept auf Kurs hält. Sicher keine anspruchslose, aber gewiss auch keine völlig unlösbare Aufgabe.
Eine ebenfalls wichtige Frage im Zuge der potenziellen «Schlag den Star»-Beförderung ist die nach der Investitionsbereitschaft. In Anbetracht des Quoten-Erfolgs lassen sich gewiss Argumente dafür finden, schlicht die jährliche Episodenzahl von vier auf mindestens sechs zu erhöhen, sobald der große Bruder in Rente geht. Sollte man allerdings mit dem Gedanken einer Beförderung in die Kernsaison spielen - was in Anbetracht des drohenden Mangels an Alternativen im Show-Sektor alles andere als unwahrscheinlich ist -, müsste man sich künftig unter deutlich härteren Bedingungen beweisen. Und so erfolgreich der Ableger auch sein mag: An die grandiosen «Schlag den Raab»-Marktanteile von in aller Regel mehr als 20 Prozent kam er bisher noch kein einziges Mal heran. Es wäre also nicht schlecht, zusätzliche Anreize zu schaffen, wo die Sendung doch mit ihrem Erfinder schon einen verliert.
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Dieses Gefühl des Live-Events ging «Schlag den Star» stets ab, da es oft schon Wochen vor der Ausstrahlung aufgezeichnet wurde und ein schneller Blick in den Videotext reicht, um exakt zu sehen, wann die Sendung endet. Das bringt eine gewisse Vorhersehbarkeit mit sich, was insbesondere in der Endphase jeder Ausgabe bedauerlich ist, da es auch den Spielausgang mitunter schon vorzeitig prognostizierbar macht. Andererseits würde es die Suche nach geeigneten Prominenten, die sich als Spielpartner zur Verfügung stellen, wohl eher erschweren, sollten man diese für eine Live-Sendung engagieren müssen.
Raabs Duell-Bilanz
In 52 «Schlag den Raab»-Folgen siegte der Entertainer bemerkenswerte 36 Mal, nur 16 Folgen konnte der jeweilige Kandidat für sich entscheiden. Zum Vergleich: In den 20 «Schlag den Star»-Ausgaben mit Normalos gewannen die Promis lediglich neun Duelle.Wahrscheinlicher ist aus diesem Grund wohl, mit wechselnden prominenten Duellanten aufzuwarten. Womit sich gleich die Frage aufdrängt, ob man wie aktuell gleich zwei bekannte TV-Persönlichkeiten gegeneinander antreten lassen möchte oder wieder umschwenkt auf die Konstellation Star gegen Normalo. Die Mehrzahl der Gameshow-Fans dürfte wohl auf letztgenannte Variante plädieren, zumal es ausreichend Fernsehshows gibt, in denen Prominente mehr oder minder ambitioniert ihrem Spieltrieb folgen können. Das Massenpublikum votierte zuletzt allerdings für das Promi-Duell: Tolle 17,4 Prozent Zielgruppen-Marktanteil fuhren die vier Ausgaben der vergangenen Staffel ein, in den beiden Vorjahren standen vergleichsweise unspektakuläre 13,5 und 13,1 Prozent zu Buche. Die mittelfristige Planungssicherheit wäre hingegen wiederum eher bei einem unprominenten Duellanten gegeben - und auch der Verschleiß an attraktiven Promi-Duellanten wäre so geringer.
Diese Überlegungen, die im Rahmen dieses Artikels spekulativer Natur sind, allerdings zeitnah auch in Unterföhring angestellt werden dürften - oder bereits jetzt angestellt werden -, offenbaren ebenso Möglichkeiten wie Schwierigkeiten einer stärkeren Fokussierung auf «Schlag den Star». Erfolg und Relevanz, die das «Schlag den...»-Imperium in den vergangenen Jahren weit über die Landesgrenzen hinweg generiert hat, verbietet eine Einstellung dieses Meilensteins eigentlich komplett, gleichwohl gehen die Pläne der Neuausrichtungen, in welche Richtungen sie auch zeigen mögen, mit Risiken und Unabwägbarkeiten einher. Stellt man das Format als neues «Schlag den Raab» auf, ist es denkbar, dass man an den eigenen und fremden Quoten- und Entertainment-Ansprüchen scheitert, sollte die Sendung ohne ihren eigentlichen Star an Attraktivität und Spannung einbüßen. Belässt man es aber beim aktuellen "graue Maus"-Status, würde man ein Konzept verschwenden, das zweifellos über die Klasse verfügt, dem Raabschied zumindest ein wenig den Schrecken zu nehmen.
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Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
05.07.2015 13:10 Uhr 1
06.07.2015 10:01 Uhr 2