
Der scheidende Riese: «Günther Jauch»
Es dürfte sich mittlerweile bundesweit herumgesprochen haben, dass Jauch seine Sendung Ende des Jahres beenden wird. Die Mehrzahl der Kritiker hält dies angesichts der oftmals als lasch und journalistisch wenig fundiert beschriebenen Gesprächsführung des Moderators für einen erfreulichen Umstand, die ARD-Programmführung dürfte hingegen weniger angetan sein. Schließlich war die Sendung mit durchschnittlich 4,41 Millionen Zuschauern und meilenweit überdurchschnittlichen 15,9 Prozent Marktanteil auch in der ersten Jahreshälte wieder die mit Abstand erfolgreichste dieses Genres. Zwei kleine Aber seien an dieser Stelle jedoch angemerkt: In beiden Vorjahren wurden durchschnittlich etwas mehr als 16 Prozent bei 4,50 bzw. 4,68 Millionen Interessenten verzeichnet, Jauchs Werte sind also minimal rückläufig. Und im Anschluss an den in aller Regel äußerst gefragten Primetime-Krimi hat es die Sendung am Sonntagabend auch so leicht wie keine andere, Erfolge zu verzeichnen.

Doch nicht alle Folgen wussten zu überzeugen. Fünfmal blieb die Sendung unter der Vier-Millionenmarke, mit Werten zwischen 11,6 und 14,2 Prozent lief es für diese Folgen auch hinsichtlich der Marktanteile am schwächsten. Ende Januar ging es dabei um das Vermächtnis der letzten Auschwitz-Überlebenden, für das allerdings bemerkenswerterweise bei den Jüngeren ein ordentlicher Marktanteil von 7,0 Prozent zustande kam. Der Fall Gröning schnitt Ende April ähnlich mittelprächtig ab. Bei Jung und Alt enttäuschend lief es am 15. Februar, als sich die Sendung mit der schwierigen Lage in der Ostukraine auseinandersetzte - und nur 3,24 Millionen bzw. 11,3 und 5,7 Prozent erreichte. Und auch das eher allgemein gehaltene Thema "Die Welt in Unordnung - kann Politik noch Krisen lösen?" kam Anfang Juni mit nur 3,28 Millionen nicht ganz an sonstige Erfolge heran.
Unverändert träge: «Hart aber fair»

Von den insgesamt 22 Folgen liefen 13 nur im einstelligen Bereich, der soeben noch zweistellige Durchschnitts-Marktanteil war vor allem fünf Folgen zu verdanken, die mit 13,3 bis 15,4 Prozent herausragend starke Werte verbuchten. Zwei davon beschäftigten sich ebenfalls mit dem Thema Griechenland, eine weitere wartete mit dem vielsagenden Titel "Fleischesser am Pranger - Kommt jetzt das Ende der Wurst?" auf. Die mit 15,4 Prozent bei 4,02 Millionen erfolgreichste Folge der jüngeren Vergangenheit lief Anfang Juni und befasste sich mit dem FIFA-Skandal - was sich thematisch auch deshalb anbot, weil im Vorfeld das Relegations-Rückspiel zwischen dem Karlsruher SC und dem HSV ausgestrahlt wurde. Mit 11,7 Prozent bei 1,14 Millionen war die Folge vor allem beim jungen Publikum herausragend erfolgreich, denn ansonsten verzeichnete einzig die Fleischesser-Folge noch mehr als sechs Prozent. Zum Start ins neue Kalenderjahr lief «Hart aber fair» übrigens ausnahmsweise einmal am Dienstagabend, wo sich das Format mit dem Terroranschlag in Paris auseinandersetzen sollte. Starke 13,3 Prozent Marktanteil standen hier zu Buche.
ZDF-Solistin mit leichten Abschlägen: «Maybritt Illner»

Was «Maybrit Illner» in den vergangenen Monaten eigentlich ausgezeichnet hat, war die große Konstanz der Sendung. Verlässlich zwischen zehn und 14 Prozent verbuchte das Format in den ersten fünf Monaten dieses Kalenderjahres, herausragende Werte standen also ebenso wenig auf der Tagesordnung wie die ganz großen Enttäuschungen. Dann wurde am 11. Juni zunächst mit nur noch 7,6 Prozent der schwächste Marktanteil seit November 2012 eingefahren - was allerdings vornehmlich mit der nahezu unschlagbaren Konkurrenz zusammenhing, denn Das Erste zeigte zur gleichen Zeit das WM-Spiel der deutschen Frauen-Nationalmannschaft gegen Norwegen, das mehr als sieben Millionen Menschen nach 22 Uhr sehen wollten. Und danach kamen eben die großen Erfolge mit der Griechenland-Thematik, die vor allem auch beim jungen Publikum verhältnismäßig gut ankam: Zwischen 5,0 und 6,0 Prozent mögen Werte auf bzw. sogar leicht unterhalb des Senderschnitts sein - in den 19 Anläufen zuvor schaffte Illner solche Zahlen allerdings nur ein einziges Mal.
Der Polittalk ohne Politik: «Menschen bei Maischberger»

Die alles überragende Folge ging am 28. April über die Bühne, als sich einmal mehr Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt mit Maischberger unterhielt. Obgleich die Folge erst um 23:45 Uhr auf Sendung ging, verzeichnete sie mit 2,88 Millionen ihre höchste Reichweite seit mindestens 2007 (seither liegen uns verlässliche Daten vor). Auch die damit einhergehenden Marktanteile von 29,7 Prozent insgesamt sowie 22,0 Prozent waren zumindest einmal rekordverdächtig. Und somit ist auch das Gesamtbild ein wenig trügerisch, denn nähme man diese herausragende Folge aus der Gesamtbilanz raus, wäre die erfreuliche Steigerung mit einem Male passé. Von den 18 in diesem Kalenderjahr bislang gezeigten Ausgaben verfehlten zudem immerhin neun die symbolisch wichtige Marke von zehn Prozent, vier lagen mit 7,2 bis 8,5 Prozent sogar weit von ihr entfernt. Insofern ist auch bei Maischberger sicher nicht alles Gold, was aus Sicht der Quoten derzeit glänzt.
Das Schlusslicht mit der großen Herausforderung: «Anne Will»

Dabei profitiert Will derzeit sogar noch von der Sommerpause einiger Kollegen und dem breiten Informationsbedarf hinsichtlich der Griechenland-Krise: Mit 11,9 bis 12,4 Prozent waren die Folgen der vergangenen Wochen die bis dato erfolgreichsten in diesem Kalenderjahr, bis zu 1,95 Millionen Menschen sahen zu. Auch bei den Jüngeren lief es mit 5,0 bis 5,7 Prozent verhältnismäßig gut, hier allerdings punkteten die Folgen zum Mord an Boris Nemzow (6,1 Prozent) und den Ausspähskandal (7,0 Prozent) noch etwas mehr. Im Gegensatz zu manch anderem Kollegen mag man diesem Format jedoch generell zugute halten, dass es kaum dazu neigt, zugunsten schneller Quotengenerierung "softere" Verbraucherschutz-Themen ins Visier zu nehmen.
Insofern kann man gar sagen, dass die Programmverantwortlichen mit der Personalie Will für den Sonntagabend-Slot ein Zeichen hin zum substanziellen und originären Polittalk gesetzt haben, anstatt einen großen Namen zu verpflichten - was man eventuell gar als Abgrenzung zu «Günther Jauch» interpretieren mag. Bessere Einschaltquoten dürften allerdings nicht unbedingt damit einhergehen, schließlich kam Will schon in ihren letzten Monaten 2011 am Sonntag nur auf rund 4,05 Millionen Zuschauer sowie 14,2 bzw. 6,0 Prozent Marktanteil. Lässt man also alle inhaltlichen Aspekte außen vor, dürfte gerade auch angesichts der rückläufigen «Anne Will»-Werte am Mittwoch der Jauch-Abschied eine tragische Meldung für die ARD-Verantwortlichen sein - immerhin erreichte dieser mit verlässlich rund viereinhalb Millionen Zuschauern und rund 16 bzw. 7,5 Prozent stets klar bessere Zahlen als Will.
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