Popcorn & Rollenwechsel

Männer, schaut euch «Magic Mike XXL» an!

von

Kolumnist Sidney Schering hat wenig Verständnis für seine Geschlechtsgenossen, die «Magic Mike XXL» boykottieren.

An «Minions» führt in deutschen Kinos kaum ein Weg vorbei – aber direkt hinter den gelben, latzbehosten Unruhestiftern rangieren Channing Tatum und seine durchtrainierten Kumpels: «Magic Mike XXL» rockt die deutschen Kinosäle! Dennoch könnten die Besucherzahlen noch besser ausfallen. Wäre da nicht dieses vertrackte Problem, dass sich einige Herren der Schöpfung weigern, den Kauf einer Karte in Betracht zu ziehen. Selbst wenn mich der exorbitante Frauenanteil unter den «Magic Mike XXL»-Zuschauern nicht überrascht, so lässt er mich ob meiner Geschlechtsgenossen sehr enttäuscht zurück: Männer, seid ihr wirklich so engstirnig? Wollt ihr euch tatsächlich ein unverschämt gutes Stück Kino entgehen lassen, bloß weil da einige athletische Männer ihren Körper vorführen? Ich sage: Reißt euch zusammen und guckt diesen Film! Und wenn euch mein Befehlston allein nicht genügt, so habe ich auch einige Argumente parat …

Jungs, tut nicht so, als wären euch die wichtigsten Aspekte von «Magic Mike XXL» fremd!
Wenn ich mich mit Geschlechtsgenossen unterhalte, die sich gegen die Steven-Soderbergh-Produktion sträuben, fällt am häufigsten eine Abwandlung des folgenden Satzes: „Ey, ich bin ein Kerl, ich steh' auf Frauen, was hab' ich davon, mir nackte Typen anzuschauen?“ Darauf kann ich nur nur mit Unverständnis reagieren. Halten wir mal kurz fest: Fitte Männer führen vor laufender Kamera ihr Sixpack und ihre muskulösen Arme vor, um dynamische, auf den Punkt choreografierte Bewegungen auszuführen, die in mitreißend geschnittenen Filmszenen immer weiter eskalieren …



Handwerklich bestehen nur überschaubare Unterschiede zwischen dem, was etwa ein Jason Statham in seinen größten Hits leistet, und dem, was Channing Tatum und Co. in «Magic Mike XXL» vollbringen. Bloß der narrative Kontext ist anders. Stathams Figuren vollbringen halbnackt beeindruckende Kunststücke, um via engen Körperkontakt andere Männer fertig zu machen. Die 'Kings of Tampa', wie die Truppe in «Magic Mike XXL» heißt, vollbringen derweil halbnackt beeindruckende Kunststücke, um Frauen ein Lächeln zu entlocken. Der artistische Aspekt bleibt unterdessen gleich. Und wenn ich obige «Transporter»-Szene bejubeln kann, dann auch die perfekt choreografierten, scheinbar mühelos umgesetzten Kernsequenzen im «Magic Mike»-Sequel. Wieso auch nicht?! Männer, seid ihr in eurer eigenen Sexualität echt so unsicher, dass ihr es euch verbietet, etwas zu gucken, nur weil es auch Frauen gefallen könnte?

Kollegen, ehrlich: Es gibt auch was für euch!


Ich hoffe, ich habe es nachvollziehbar rüber gebracht: Das „Sowas ist nur für Weiber oder Schwule!“-Argument ist saudumm. Nicht zuletzt auch deshalb, weil «Magic Mike XXL» explizit etwas für Zuschauer zu bieten hat, die auf Frauen stehen. Denn aus einer gewissen Perspektive betrachtet bedient Gregory Jacobs' Regiearbeit exakt die tiefsten, inneren Bedürfnisse heterosexueller Männer: Sie handelt davon, dass Männer Frauen mittels Einsatz ihres Körpers beglücken. Und welcher an Frauen interessierter Typ findet es nicht gut, wenn man(n) so etwas schafft? Zumal ein wiederkehrendes Thema von «Magic Mike XXL» ist, dass die bloße Körperlichkeit der Stripper nicht genügt – auf die Reaktionen der Frauen kommt es an. Eben diese werden regelmäßig in «Magic Mike XXL» gezeigt. Teil zu komischem Effekt, zumeist aber zu euphorisierendem. «Magic Mike XXL» zeigt jede Menge glückliche, ekstatische, sorgenbefreite und daher bildhübsche Frauen. Und steckt es nicht tief in der männlichen DNA, dass der Anblick einer frohen Frau auch die eigene Laune hebt?

Männer, ihr könnt bei diesem Film noch etwas lernen!


Dieser Punkt ist eng mit dem vorhergegangenen verknüpft: «Magic Mike XXL» ist nicht einfach bloß eine endlose Parade an austauschbaren Stripper-Routinen (siehe auch die nächsten Punkte). Diese Road-Trip-Komödie reißt ganz beiläufig und extrem kurzweilig auch das Thema an, was man(n) so leisten kann und sollte, um das weibliche Geschlecht tief zu berühren. Also, im romantischen Sinne! Wie kann man sich selbst treu bleiben, obwohl man sich voll und ganz seinem Gegenüber hingibt? Wie kann man vermeiden, einfach nur zu geben, ohne selbst etwas zurückzuerhalten und daher frustriert zurückzubleiben? Klaro: Die Tanzmoves aus «Magic Mike XXL» wird der normale Couch-Potato nicht nachahmen können. Wie der magische Mike und seine Kumpes mit den Ladys umgehen – davon kann man sich hingegen sehr wohl eine Scheibe von abschneiden!

Freunde! Das Teil ist richtig gut gemacht!


Auf die Gefahr hin, einfach nur nachzuplappern, was bereits meine Kollegin Antje Wessels erläutert hat: «Magic Mike XXL» ist eine gut gemachte Roadmovie-Komödie mit charismatischen Darstellern, einem sehenswerten Look und einer umwerfenden Musikauswahl. Gutes Filmemachen hat einen universalen Reiz, und jeder, der für gelungenes Kino etwas übrig hat, sollte daher mit einem «Magic Mike XXL»-Besuch liebäugeln.

Alter, ist «Magic Mike XXL» lustig!


Wenn all die obigen Aspekte nicht helfen, so gibt es noch immer die Humorkeule. Und die schwingt «Magic Mike XXL» äußerst talentiert. Viele der kreativen Tänze sind dank ihrer überaus ironischen Machart verflucht witzig. Die Dialoge zwischen den 'Kings of Tampa' sind sehr spritzig, es gibt diverse Momente pointierter Situationskomik, obendrein werden Seitenhiebe auf «Twilight» und manch andere Hollywood-Krankheiten ausgeteilt. Und dann ist da noch dieses ausgelassene, starke Finale, das extrem originell mit seiner obligatorischen Frivolität umgeht: Natürlich ist der letzte Tanz sexuell ungeheuerlich aufgeladen, aber wer auf die Lyrics achtet, darf erneut herzlich lachen. Wer «Magic Mike XXL» also sonst nicht attraktiv findet, sollte ihm wenigstens für die Gags eine Chance geben!

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