Hingeschaut

«Make Love»: Im Zweiten liebt man besser?

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Einst beim MDR beheimatet, nun im ZDF zu sehen: Die Doku-Reihe «Make Love» spricht ganz ungezwungen davon, wie man als Paar sein Liebesleben verbessern kann. Und füllt somit eine kleine Marktlücke.

Weil bei Sex und Liebe nicht, wie viele glauben, alles von alleine passiert! Sex und Beziehung sind wie ein Gummiband, mal mehr oder weniger in Spannung. Es kann überspannt sein und natürlich auch schlaff rumliegen. Am besten ist irgendwo in der Mitte. Aber man muss es schon in die Hand nehmen. Und da Sex und Beziehung sich gegenseitig beeinflussen, entsteht sehr schnell ein Teufelskreis des "immer weniger Werdens". Außerdem ist Sex gesund und eine tolle Art von Kommunikation, die urälteste!
Ann-Marlene Henning darüber, weshalb sie findet, dass Paare das Thema Sex ernstnehmen und offensiv angehen sollten
Die Doku-Reihe «Make Love» ist Stammgast in den medienjournalistischen Schlagzeilen: Die beim MDR ausgestrahlte erste Staffel sorgte für gute Quoten sowie für hervorragende Aufrufzahlen in der Mediathek – aufgrund freizügiger Szenen mit einem Modelpaar rief die Sendung aber auch energische Sittenwächter auf den Plan. Die öffentlich-rechtliche Anstalt interessierte sich aber herzlich wenig für den unvermeidlichen Aufschrei und gab eine zweite Staffel in Auftrag, die erneut ansehnliche Zahlen generierte. Harsche Reaktionen auf die expliziteren Bilder von «Make Love» waren auch in Season zwei nicht wegzudenken. Dennoch orderte der MDR eine dritte Staffel, bloß um nach Produktionsbeginn auszusteigen. Daraufhin kam «Make Love» schon wieder in die Schlagzeilen; dieses Mal, weil das ZDF kurzfristig in die Breche gesprungen ist. Nun gelangt die zweiteilige neue Staffel endlich ins Fernsehen – und überzeugt.

Wie der Untertitel «Liebe machen kann man lernen» deutlich zeigt, geht es in «Make Love» weniger um Aufklärung oder Tabus. Sondern darum, wie Liebende auf dem Bestehenden aufbauen und ein besseres Miteinander erlernen können. Dies äußert sich auch im Tonfall, der zwischen Paartherapeutin Ann-Marlene Henning und ihren Gesprächspartnern angeschlagen wird. Henning ist erpicht darauf, die Unterhaltung nie schmuddelig wirken zu lassen. Sie ist nicht an zwischenmenschlichen Peinlichkeiten oder televisionärer Provokation interessiert, sondern daran, eine aufrichtige Unterredung zu führen. Mit Begeisterungsfähigkeit und ehrlicher Neugier, ohne dabei jemals unverschämt aufzutreten, schafft sie eine angenehme Gesprächsatmosphäre und weckt so auch effektiv den Kommunikationswillen in den Paaren.

Die erste Folge in der neuen Staffel steht unter dem Zeichen 'Sex ohne Leistungsdruck'. Dieses Thema wird unter anderem mit Statistiken unterfüttert, die aufzeigen, wie hoch der Leistungsdruck heutzutage bei vielen Paaren ist – und die auch aufzeigen, wie unsinnig es ist, sich unter Druck setzen zu lassen. Hauptsächlich behandelt das Format der gebrueder beetz filmproduktion berlin das Thema aber anhand des Münchener Paars Daniela und Fritz. Nach zehn Jahren Beziehung manövrierten sich die Eltern in ein Nähe-Distanz-Problem, das Henning zu lösen versucht und zugleich als Exempel nutzt.

Dabei geht sie nicht nur einfühlsam auf die spezifische Situation und Wünsche der Münchener ein,. Henning setzt auch Impulse, indem sie ihre wissenschaftlichen Kenntnisse nutzt, um Vorschläge zu machen. Diese richten sich zwar explizit an Daniela und Fritz, sind aber allgemein genug gehalten, um genauso gut die Zuschauer zu inspirieren – selbst wenn sie sich vielleicht in gänzlich anderen Situationen befinden.

Die vielleicht wichtigste Lektion aus der Staffelpremiere fast die Sexologin folgendermaßen zusammen: „Verhaltensmuster, die eine Beziehung immer wieder in eine Sackgasse führen, finden öfter unbewusst statt und werden dann jahrelang versehentlich trainiert. Ein Weg heraus kann sein, sich in der konkreten Situation bewusst ein anderes Verhalten anzutrainieren. So wird das Gehirn nach und nach umprogrammiert.“ Im zwar nicht unübersichtlichen, allerdings auch nicht verschwindend geringen Markt an Sex- und Beziehungsformaten im deutschen Fernsehen erfüllt «Make Love» zweifelsohne die Aufgabe, neue Impulse zu setzen, statt altbekannte Muster zwanghaft zu verfolgen.

Neu und revolutionär sind die Erkenntnisse zwar nicht, aber sie werden hier sehr sympathisch-effizient vermittelt. Ohne frivol-ironischen Unterton, ohne eine Ausstrahlung des Provokanten, aber genauso wenig in einem medizinisch-kühlen Tonfall. Bei «Make Love» wird erwachsen, ehrlich und einfühlsam über Sinnlichkeit gesprochen – und das kann dem deutschen Free-TV echt nicht schaden.

«Make Love» ist am 28. Juli 2015 ab 22.15 Uhr im ZDF zu sehen, eine weitere Ausgabe folgt sieben Tage später ab 22.45 Uhr.

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