360 Grad

Ist weniger mehr?

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Der SWR will einen neuen «Tatort» aus der Taufe heben. Aber nur für eine einzige Folge. Das könnte eine hübsche Innovation werden, meint unser Kolumnist.

Als Simone Thomalla noch «Tatort»-Kommissarin war, hat sie sich gerne öffentlich darüber beschwert, dass sich die Schlagzahl der Einsätze der jeweiligen Kommissaren-Teams immer weiter verringert. Wo früher jedes Städte-Team locker drei, vier Mal im Jahr sonntagabends ermitteln durfte, sind ihre Auftritte heute oft auf zwei pro Jahr limitiert. Manche – etwa Lessing und Kira Dorn aus Weimar oder Felix Murot aus Wiesbaden – dürfen gar nur einmal im Jahr ran.

Man muss jedoch Thomallas Argumentation, eine solche Zersplitterung und geringere On-Screen-Präsenz führe zu einer Entfremdung des Zuschauers von den jeweiligen Figuren, nicht folgen. Im Gegenteil: Die Sache hat ihre Vorteile. Sie sorgt für mehr Abwechslung, mehr Experimentiermöglichkeiten, hält die Reihen länger frisch und kann verhindern, dass Figuren allzu schnell „auserzählt“ sind, sich die Plots um ihr Privatleben in immer plattere, einfallslosere und unglaubwürdigere Richtungen verrennen.

Denkt man das konsequent weiter, ergeben sich noch ganz andere Möglichkeiten, sofern man willens ist, das starre Korsett der Erwartungshaltungen zu durchbrechen. Das ist nicht unbedingt einfach. Schließlich wird von manchen eine solche Beliebigkeit erwartet, dass es vor einiger Zeit schon kontrovers war, als Charlotte Lindholm in Hannover in einem Fall ermittelte, der auf zwei Folgen aufgesplittet war. Um Gottes Willen, nein!

Gestern gab der SWR bekannt, einen neuen «Tatort» mit Heike Makatsch drehen zu wollen, die eine Ermittlerin in Freiburg spielen wird. Produziert werden soll jedoch nur eine einzige Folge; eine Reihe will man aus dem Konzept nicht machen. Ein Novum.

Ein Novum, das man gerne öfter anwenden dürfte. Hin und wieder eine Folge mit einem frisch erdachten Ermittler in einer noch nicht bespielten Stadt (Augsburg? Schwerin? Baden-Baden? Mainz?) könnte der Reihe noch mehr Auflockerung und Abwechslung bringen.

Ohnehin: Wieso müssen es immer urbane Zentren oder zumindest größere Städte sein? Angesichts eines möglichen «Tatorts» in der niedersächsischen Pampa oder der bayerischen Provinz mag man zwar kurz das Gesicht verziehen, wenn man sich vor Augen führt, wie Krimi auf dem Land im deutschen Fernsehen oft aussieht (Betont heiter, aber unlustig. Klischeehaft. Karikaturhaft. Unambitioniert). Richtig (!) umgesetzt jedoch könnte auch das eine neue spannende Farbe sein, die dazu beitragen könnte, den Sonntagabend auch auf Dauer frisch zu halten.

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