Die Kritiker

Ain’t «The Game» a good one?

von

Die Kritiker: Der WDR zeigt mit «The Game» eine BBC-Serie, die interessante Charaktere und mehr mitbringt.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Tom Hughes («Silk») als Joe Lambe, Brian Cox («Ring») als Daddy, Paul Ritter als Bobby Waterhouse, Shaun Dooley («Misfits») als DC Jim Fenchurch, Victoria Hamilton als Sarah Montag, Jonathan Aris («Sherlock») als Alan Montag, Marcel Iures («Projekt: Peacemaker») als Arkady, Rachael Stirling («Lachsfischen im Jemen») als Kate Wilkinson, Zana Marjanović als Yulia und Jevgenij Sitochin als Odin


Hinter den Kulissen:
Regie: Niall MacCormick, Buch und Idee: Tobi Whithouse, Musik: Daniel Pemberton, Kamera: Nick Beeks-Sanders, Schnitt: Sam Williams, Produktion: BBC

Wir schreiben 1972 als der junge MI5-Agent Joe Lambe mit einer Situation konfrontiert wird, die er so schnell nicht vergessen kann. Seine Geliebte Yulia wurde von KGB-Agenten erschossen, er selbst verbleibt zunächst in Gefangenschaft. Zurück in London sind jedoch längst nicht alle seine Rachephantasien vergessen. Erst recht nicht, als er mithilfe eines Apfels (oder genauer gesagt dessen Schale) feststellt, dass einer der Übeltäter auch bei einer Konfrontation in heimatlichen Gefilden zugegen ist. Dabei ist die Situation allgemein ohnehin knifflig, weil nicht klar ist, inwiefern das MI5 seinen russischen Kontaktleuten vertrauen kann. Gibt es vielleicht sogar innerhalb der Behörde einen Maulwurf?

Ganz im kalten Krieg angekommen ist der Zuschauer an dieser Stelle, vermutet aber anhand dieser Beschreibung wohl eher einen typischen Agentenkrimi. Serienfans hingegen mögen fragen, ob nach «The Americans» nun also «The British» folgt? Das von der BBC produzierte und hierzulande im WDR ausgestrahlte «The Game» ist aber anders und auch mehr als ein weiterer Genrevertreter ohne besondere Inspiration. Im Mittelpunkt steht die „Operation Glass“, ein Plan der laut dem russischen Überläufer Arkady ein echter Game Changer sein soll – so geheim, dass eigentlich niemand ihn in Gänze kennt.

Was darf nicht fehlen?


Eine richtige Einführung gibt es aber schließlich auch noch, ganz so wie es obligatorisch scheint. Da die aber unterhaltsam abläuft, finden sich die Zuschauer nicht in der üblichen Vorstellungslangeweile wieder. Allzu sehr gewöhnen darf man sich an die Charaktere aber ohnehin nicht: Sechs Folgen in aktuell einer Staffel hat die Mini-Serie zu bieten.

Zwischen Stromengpässen hier und nuklearer Abrüstung dort, wirkt die gesamte Erzählung in jedem Fall glaubhaft und historisch authentisch. Dabei geht allerdings auch der Humor nicht verloren, wobei die bemühte Floskel „typisch Britisch“ an dieser Stelle geflissentlich unterbleibt. Pointiert geschrieben sind die Dialoge aber ohne Zweifel, nicht nur wenn die Agenten-Mutti ihren Sohn pampert und pudert. Auch wenn Joe Lambe seinen neu gewonnenen „Gehilfen“ dazu auffordert ihn vor fremdem Menschen Henderson zu nennen und auf eine verwunderte Nachfrage nur meint, dass es halt so sei, würde eine solche Situation bei vielen Produktionen lächerlich wirken. Dem gelungenen Spiel, insbesondere von Hauptdarsteller Tom Hughes ist es aber zu verdanken, dass auch solche Szenen Wirkung erzielen und in gewisser Weise sogar amüsant sind. Seine Figur ist aber auch für einen der Hauptkonflikte verantwortlich, der nicht nach außen hin stattfindet, sondern auf der Differenz zwischen Lambes äußerlichem Auftreten und dessen innerer Konstitution beruht.

Fragwürdiges Vorgehen?


Vieles aber bleibt geheim, manchmal sogar so geheim, dass sich der Zuschauer fragt, ob die Autoren selber wissen, was denn nun Sache ist. Dabei passiert zumindest zu Beginn gar nicht übermäßig viel. Soll es nicht, muss es nicht. Der Serienkosmos aber ist absolut interessant und reißt gleich von Beginn an mit. Auch, weil die Methoden, die das MI5 anwendet, nicht immer ganz orthodox erscheinen. Will der aufgedeckte Verräter mithelfen? Falls nicht, dann wird er deportiert. Gerade solche Aspekte tragen aber auch dazu bei, dass sich ein komplexes und teilweise verwirrendes Konstrukt aus vertrackten Handlungsmomenten entspinnt, das durch die wenigen bekannten Details zur russischen Operation noch verstärkt wird.

Die filmische Darstellung ist dabei sehr klassisch und ohne große Experimente. Das passt durchaus zum Format, die Erwartungshaltung der meisten Zuschauer dürfte auch dementsprechend sein. Ein bisschen mehr Wagemut hätte es aber im Schauspiel wie auch in der Produktion dennoch sein dürfen. Das Vorhandene tut aber gewiss keinem weh, zumal «The Game» inhaltlich alles andere als gewohnte Kost ist. Krimi- und Agenten-Freunde dürften sich also in der BBC-Produktion suhlen, weil sie spannend aufbereitet und gut inszeniert ist. Der WDR tut von daher gut an seiner schnellen Ausstrahlung der Ende 2014 in England gezeigten Serie im deutschen Fernsehen. Jeff Jensen von der US-Amerikanischen Entertainment Weekly gibt dabei noch eine Empfehlung mit auf den Weg: Schauen Sie «The Game» jetzt, bevor ein amerikanisches Remake die Serie versaut.

Der WDR zeigt «The Game» ab 26. August immer mittwochs um 22 Uhr.

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