Die Kino-Kritiker

«We Are Your Friends»

von

Zac Efron wird zum DJ: «We Are Your Friends» ist das pulsierende Portrait einer oberflächlichen, aber leidenschaftlichen Generation.

Filmfacts: «We Are Your Friends»

  • Kinostart: 27. August 2015
  • Genre: Musikfilm/Drama
  • FSK: 12
  • Laufzeit: 96 Min.
  • Kamera: Brett Pawlak
  • Buch: Max Joseph, Meaghan Oppenheimer
  • Regie: Max Joseph
  • Darsteller: Zac Efron, Wes Bentley, Jon Abrahams, Emily Ratajkowski, Alicia Coppola, Shiloh Fernandez
  • OT: We Are Your Friends (UK/FR/USA 2015)
Die Casting-Umstände von «We Are Your Friends» entbehren nicht einer gewissen Ironie: Der durch „High School Musical“ bekannt gewordene Zac Efron bekam vor seiner Karriere als Schauspieler einst einen Plattenvertrag angeboten, lehnte diesen zu Gunsten seiner bevorstehenden Hollywoodkarriere aber ab. Nun spielt er im Regiedebüt von Kurzfilm-Spezialist Max Joseph die Hauptrolle eines jungen Mannes, der sich nichts sehnlicher wünscht, als die große Musikerkarriere. Und diese Rolle steht ihm tatsächlich richtig gut. Er verkörpert eine Figur, die sich hervorragend in eine Zeit fügt, die von Oberflächlichkeit, aber auch von Passion und Leidenschaft geprägt ist. Heutzutage möchte jeder mit dem Geld verdienen, für das er brennt. Sein Hobby zum Beruf machen ist zu Zeiten, in denen die Jobbezeichnung „Youtuber“ offiziell anerkannt ist, oftmals nur noch einen Steinwurf von der Realität entfernt. Das Skript von Max Joseph und Meaghan Oppenheimer («Fear the Walking Dead») nimmt sich dieses Trends im Rahmen einer Geschichte an, in welcher sich das Duo auf das moderne DJ-Sein konzentriert. In den vergangenen Jahren erlebt die elektronische Musik durch Größen wie David Guetta eine Art Renaissance; dass dieser Entwicklung zwangsläufig irgendwann ein Film gewidmet werden würde, war also abzusehen. Doch «We Are Your Friends» ist mehr als die Beobachtung aktueller Musiktrends. Es ist eine Art Gesellschaftsstudie, die anhand der Wirkungs- und Entstehungsweise von Elektro-Musik nicht besser aufbereitet werden könnte. Abstriche gibt es dennoch, denn in einer Welt, in der der Mensch als Individuum nicht mehr zählt, ist es fast nur konsequent, der Figurenzeichnung kaum Aufmerksamkeit zu schenken.

Der smarte Cole (Zac Efron) träumt davon, als Electro-DJ voll durchzustarten und den einen Song zu produzieren, der ihm den Durchbruch zum Erfolg bringt. Tagsüber hängt er mit seinen alten Freunden ab, nachts zieht es ihn jedoch in die Szene-Spots von Los Angeles. Als ihn der charismatische, etablierte DJ James (Wes Bentley) unter seine Fittiche nimmt, scheint seine Chance gekommen. Doch als Cole sich in James’ Freundin Sophie (Emily Ratajkowski) verliebt, setzt er alles, wofür er brennt, auf‘s Spiel…

«We Are Your Friends» funktioniert auf zwei Arten: Auf der einen Seite handelt es sich bei dem emotionalen Mix aus Drama, Tragikomödie und fiktionalem Charakterportrait mehr um eine Momentaufnahme, denn um eine plotgetragene Geschichte. Max Joseph flechtet in seinen Film viele Stimmungssequenzen ein und nutzt jene natürlich auch, um den treibenden Sound von «We Are Your Friends» immer wieder in den Mittelpunkt zu rücken. Jener besteht aus pulsierenden Electro-Klängen diverser DJs, von Klingade über Years & Years bis hin zu Pyramid, die sämtliche von Zac Efrons Figur verfassten Musikstücke arrangierten. Trotz des Wusts unterschiedlicher Stile und Tonfälle erweckt der Soundtrack den Eindruck einer Einheit und bringt den Kinosaal zum Kochen; spätestens im spektakulären Finale hält es den Zuschauer nicht mehr auf dem Sitz, denn «We Are Your Friends» ist trotz seiner bisweilen auftretenden Schwermut innerhalb der Story auch ein Partyfilm. Abseits dieses überschwänglichen Eskapismus konzentrieren sich die Macher jedoch vor allem um die Geschehnisse am Rande des Dancefloors respektive der Turntables und blicken einer Clique über die Schulter, die sich mit Leidenschaft und harter Arbeit den großen Durchbruch erhofft. Und hier wird es dann tatsächlich ab und zu haarig, denn «We Are Your Friends» schwankt zwischen dem Anspruch, das zwischen Überschwänglichkeit und Resignation schwankende Lebensgefühl einfangen zu wollen und es gleichsam zu überhöhen. Damit geht dem mit rund eineinhalb Stunden auf den Punkt inszenierten Film durchaus eine gewisse Form der Authentizität ab, denn gerade die Figuren bewegen sich oft gefährlich nah am Klischee.

Zac Efron gibt im Rahmen seiner Viererclique den hoffnungsvollen Grübler, während sich seine durchaus an die «Entourage»-Combo erinnernden Freunde in ihre Reißbrettfiguren eines Draufgängers, Nerds oder Romantikers pressen lassen. Doch eines eint die Kumpels: Es ist der Traum vom Reichtum und ein dabei ausgewogenes Verhältnis zur Realität, das sie immer wieder an ihrem Vorhaben zweifeln lässt. Damit erweist sich «We Are Your Friends» als angenehm gegen den Strich gebürstete Variante des typischen „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Motivs; hier dominieren die Rückschläge. Auch das Erreichen des eigentlichen Ziels ist bis zuletzt nicht gesichert. Darüber hinaus geht es Max Joseph auch gar nicht um das Ziel als solches, sondern um den von Stolpersteinen übersäten Weg dorthin und darum, Rückschläge zu verkraften. Dies steht in manchen Momenten im krassen Gegensatz zu den leichtfüßigen Partysequenzen und drückt die Stimmung immer wieder herunter, verhilft «We Are Your Friends» allerdings auch zu einem erfrischenden Wankelmut.

Wo es dem Film an Geradlinigkeit mangelt, gleicht es der Regisseur mit seiner Leidenschaft für unkonventionelle Erzählmittel wieder aus. Manchmal lässt er die Geschichte für Minuten auf der Stelle stehen und ergötzt sich an der technischen Aufmachung, dann wiederum rast er in seiner Erzählung voran und reißt manche Momente des figurenbedingten Seelenlebens lediglich an. Konzentriert man sich auf diesen andersartigen Aufbau, fühlt man sich an den diesjährigen Oscar-Preisträger «Boyhood» erinnert, der vollends die Sichtweise seines Protagonisten einnahm und die Stationen dessen Lebens nach dessen rückblickender Wichtigkeit ausarbeitete. In «We Are Your Friends» ist das nicht anders; eine die Sinne vernebelnde Nacht in Las Vegas (die nebenbei bemerkt zu den stimmungsvollsten Bildmontagen der modernen Kinogeschichte gehört) bekommt da viel mehr Aufmerksamkeit als die ebenfalls prägende, aber emotional nicht allzu große Schatten vorauswerfende Arbeit in einem Immobilienmaklerbüro.

Jene Szenen sind es auch, die offenlegen, dass Max Joseph sich durchaus an Elementen anderer Filme bedient. «We Are Your Friends» steht zwar gut für sich, lässt allerdings auch Bezüge zu anderen Produktionen erkennen. So werden im Rahmen der Kommunikation unter den Jungs immer wieder Erinnerungen an «The Social Network» wach, während sowohl die Partysequenzen, als auch die technischen Spielereien mit Texteinblendungen und Zeichnungen an Filme wie «Spring Breakers» und «The Bling Ring» erinnern. Sogar «Wolf of Wall Street» hinterlässt sichtbar Spuren in «We Are Your Friends», doch abgekupfert ist hier nichts. Es wirkt wie eine Verbeugung, eine Orientierung, mit welcher der Regisseur sein Projekt möglichst vielfältig-berauschend gestaltet. Denn jener rauschhafte Zustand ist es, durch den «We Are Your Friends» in ganzem Maße funktioniert. Die Geschichte ist weder Ballast noch Zugpferd, sondern gibt dem Geschehen lediglich den notwendigen Rahmen. Die Figuren bleiben blass, erfüllen aber ihren Zweck; sofern man von Wes Bentley («Interstellar») einmal absieht, dessen Figur ob ihrer viel größeren Lebenserfahrung und ihrer abweichenden Generationen-Zugehörigkeit direkt einen viel größeren, charakterlichen Background zugeschrieben bekommt. Auch Emily Ratajkowski, die durch ihren leicht bekleideten Auftritt im Musikvideo „Blurred Lines“ bekannt wurde, steht die Rolle der zerbrechlichen Sophie sehr gut, der darüber hinaus ebenfalls mehr zugetraut wird, als das Mimen eines Love Interest. Mehr noch: Eine obligatorische Lovestory gibt es zwar, diese nimmt auf der Zielgeraden allerdings ganz andere Wege, als man es dem Film zunächst zugetraut hätte.

Fazit: «We Are Your Friends» treibt musikalisch den Puls in die Höhe und brilliert mehr durch die technische Aufbereitung denn durch die Geschichte. Trotzdem hat auch diese ihre Stärken, denn wenngleich die Charaktere gern geschliffener ausgearbeitet sein dürfen, widmet sich Regisseur und Drehbuchautor Max Joseph der Generation Mitte Zwanzig aus einem absolut realistischen, neuen Blickwinkel. Sein Film ist ein Plädoyer dafür, bei aller Oberflächlichkeit in der heutigen Zeit immer noch Leidenschaft für das aufzubringen, was man liebt.

«We Are Your Friends» ist ab dem 27. August bundesweit in den Kinos zu sehen.

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