Filmfacts «Der Chor – Stimmen des Herzens»
- Regie: François Girard
- Produktion: Carol Baum, Judy Cairo, Jane Goldenring
- Drehbuch: Ben Ripley
- Darsteller: Dustin Hoffman, Kathy Bates, Debra Winger, Eddie Izzard, Kevin McHale, Garrett Wareing
- Musik: Brian Byrne
- Kamera: David Franco
- Schnitt: Gaétan Huot
- Laufzeit: 103 Minuten
- FSK: ab 0 Jahren
Der Verfasser dieser Zeilen etwa hat eine kleine Schwäche für Filme, die sich treffend wie folgt beschreiben lassen: „Sonntagnachmittags auf dem Sofa sitzen, natürlich unter einer Wolldecke eingekuschelt, während allmählich eine Tafel Schokolade vertilgt wird.“ Das betrifft etwa die Art Fernsehfilme, wie sie früher in der «Disney Filmparade» bei RTL oder ProSieben liefen, wenn mal kein wirklicher Disney-Klassiker auf dem Programm stand. Familientaugliche, aber nicht zwingend an Kinder adressierte Geschichten mit optimistischer Grundnote und einem nicht all zu hohen Produktionswert (den die Regisseure im Idealfall aber einzuschätzen wissen). Sowie mit einem Plot, der bei allem Wohlfühlfaktor auch leise-dramatische Momente umfasst.
Obwohl «Der Chor – Stimmen des Herzens» nicht aus dem Hause Disney stammt und im Gegensatz zu so manchem «Filmparade»-Film fürs Kino produziert wurde, weckt die Regiearbeit von François Girard («Silk») genau solche Sofasonntag-Assoziationen:
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Wer der Kleinproduktion ihre „Kinotauglichkeit“ aberkennen möchte, trifft durchaus einen Nerv: Girard inszeniert diese kleine Geschichte auf grundsolidem, aber zurückhaltendem Niveau. Ohne leinwandfüllende, Gänsehaut erzeugende Bilder qualifiziert sich die bewährte, wenngleich nicht lustlos abgespulte Erzählung genauso gut als namhaft besetzte Fernsehproduktion. Die Kameraführung von David Franco fällt in dieselbe Kategorie: Wenn sich Stet für einige Wochen allein durch das kalte Internat schlägt, kommt kurz eine Atmosphäre auf, die durch eigene Akzente geprägt wird. Ansonsten verlässt sich Franco ganz auf den „Einfach nur die Geschichte rüber bringen“-Modus.
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Inhaltlich ist «Der Chor – Stimmen des Herzens» weit davon entfernt, je zu überraschen. Allerdings ist Ben Ripleys Skript klugerweise auch nicht so strukturiert, dass die Geschichte nur funktioniert, wenn sich der Zuschauer naiver stellt als er ist: Ripley weiß, dass das Publikum die nächsten Schritte erahnen kann, und legt den Schwerpunkt der Geschichte eher darauf, diese Reise vom Außenseiter zum Gesangstalent komfortabel zu gestalten. Dezent eingesetzte Gags, charismatische sowie hoffnungsvoll stimmende Monologe von Dustin Hoffman und vor allem Stets schrittweise erfolgende Entwicklung zum fähigen Chorknaben erlauben es «Der Chor – Stimmen des Herzens», zwar sehr künstlich anmutendes, aber durchaus wohltuendes Balsam darzustellen. Kitschig? Gelegentlich. Entwickelt sich Stets distanzierter Vater sprunghaft? Gewiss! Feiert Girard die (hervorragend gesungene) Chormusik arg naiv als Heilmittel? Mitunter. Alles in allem greifen die charmanten und positiven Elemente allerdings zu gut ineinander, als dass «Der Chor – Stimmen des Herzens» daher als qualitativer Flop durchginge.
Einen überhöhten Eintrittspreis rechtfertigt «Der Chor – Stimmen des Herzens» somit nicht gerade. Wer aber das eingangs beschriebene „Sofa-und-Wolldecke“-Feeling gerne auch im Kino erleben möchte, und mit dem Thema des Films etwas anfangen kann, darf am Kinotag oder zu vergünstigten Matinee-Preisen einen Blick riskieren.
Fazit: Ein vorhersagbarer, sich teils zu behäbig gebender, doch schöner Wohlfühlfilm für Freunde von „Der Außenseiter kämpft sich nach oben“-Geschichten.
«Der Chor – Stimmen des Herzens» ist ab dem 27. August 2015 in ausgewählten Kinos zu sehen.