Die (vorwiegende) Anrede bei den zehn meistgehörten deutschen Sendern
- Antenne Bayern: Sie
- SWR3: Sie
- 1Live: Du
- WDR 2: Sie
- Bayern 1: Sie
- Bayern 3: Du
- NDR 2: Du
- WDR 4: Sie
- Hit Radio FFH: Sie
- SWR4 BW: Sie
Bezieht sich auf die generelle Anrede seitens der Sender, Ausnahmen ausgeschlossen
Besonders in der Vergangenheit vertrauten die Radio-Moderatoren in den meisten Fällen auf das höfliche Sie, schließlich wollte man die Hörer, die wichtigste Bezugsgruppe für die Radio-Sender, nicht vor den Kopf stoßen. Immer mehr Stationen rückten von dieser Maxime ab, nun wird auch geduzt. Zuletzt sorgte die Entscheidung von Bayern 3, seine Hörer nun vorwiegend zu duzen, für viel Aufsehen, denn bezüglich der richtigen Anrede scheiden sich die Geister vor allem zwischen den Öffentlich-Rechtlichen und den Privaten. Dies könnte unter anderem mit der Altersstruktur der Hörerschaft zu tun haben. Bei Programmen, die eher auf eine ältere Zielgruppe ausgelegt sind oder sich gar nicht auf eine Zielgruppe festlegen, empfiehlt sich das Sie. Jüngere Stationen, die vor allem das werberelevante Publikum adressieren und somit im Privat-Radio zu finden sind, wählen öfter das Du.
Auch Bayern 3-Programmchef Walter Schmich machte diese Erfahrung. Gegenüber dem „Merkur“ erklärte er jüngst, die meisten Bayern 3-Hörer fühlten sich zu jung für ein ‚Sie‘. Nicht abwegig, schließlich spricht Bayern 3 als Hot-AC-Programm vor allem 14- bis 49-Jährige an. Alles andere als die Du-Form baue Schmichs Meinung nach eine unnötige Distanz auf. Ähnlich sieht dies auch Thomas Gleixner (Foto), Head of On-Air-Promotion bei Radio Hamburg, der maßgeblich daran beteiligt war, dass die aktuell etwa 188.000 Hörer pro Stunde bei Hamburgs beliebtestem Privat-Radiosender geduzt werden. „Der Hauptunterschied ist die emotionale Distanz zum Hörer, die durch das Siezen oder Duzen geschaffen wird“, zeigt sich Gleixner im Interview mit Quotenmeter.de überzeugt.
Nach Ansicht Gleixners trage der Wechsel vom Sie zum Du auch den Veränderungen im sozialen Umgang Rechnung. Früher galt laut Gleixner: „Duzen ist gleich jung. Das hat sich insofern geändert, dass sich heute auch viele ältere Menschen untereinander duzen.“ Weiter führt Gleixner die Maxime an: „Je jünger der Sender, desto selbstverständlicher ist das ‚Du‘. Sender, bei denen Seriösität der wichtigste Parameter ist, sollten beim ‚Sie‘ bleiben.“ Sowohl das Alter der Hörer als auch das Selbstverständnis des Senders spielen also eine Rolle bei der Anrede.
Doch es gibt auch Ausnahmen. Bayern 3 verzichtet beispielsweise bei den Nachrichten auf das „Du“, vermeidet dort eine Anrede. Gleiches gilt für die Vermittlung ernster Themen. Generell wird das „Du“ in Reinform vermieden, stattdessen der Plural wie „Euch“ oder „Ihr“ bemüht, das in gewisser Weise eine Hörergemeinschaft impliziert und für ein 'Wir-Gefühl' sorgen könnte. Im situationsabhängigen Wechsel zwischen Du und Sie sieht Thomas Gleixner ein Problem. „Prinzipiell sollte die Ansprache des Senders einheitlich sein.“ Dies sei wichtig für das Markenbild des Senders. Allerdings gebe es auch Ausnahmen: „Begegnet ein Hörer dem Sender siezend, dann antworten wir ihm auch in seiner gewählten Form. Alles andere wäre unfreundlich und respektlos.“
Auch Bayern 3-Moderator Thommi Stottrop nahm im „Merkur“ Stellung zur veränderten Anrede. Wie Thomas Gleixner ist er der Meinung, dass die Veränderungen auch mit einer schleichenden Entwicklung innerhalb der Bevölkerung zu tun haben. Die Bindung des Hörers zu Radio-Station wird ebenfalls thematisiert, da das ‚Du‘ dem Dialog zwischen Hörer und Moderator eine persönlichere Note verleihe. „Wir bei Radio Hamburg sind der Meinung, dass es üblich ist, sich unter Freunden zu duzen. Und wir geben uns Mühe, als Freund des Hörers wahrgenommen zu werden. Deshalb duzen auch wir.“ So entsteht die Entscheidung für das ‚Du‘ auch durch die Strategie eines Senders, damit unbewusst das Commitment, also das Verbundenheitsgefühl und die Identifikation des Hörers mit dem Sender, zu steigern.
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