Sonntagsfragen

'Wir haben sehr viel Selbstreflexion betrieben'

von

Quotenmeter.de hat «Alles steht Kopf»-Regisseur Pete Docter und -Produzent Jonas Rivera im Roundtable-Interview getroffen: Wie ist der neue Pixar-Hit entstanden, wie ticken ihre Kollegen aus der Trickfilm-Traumfabrik und verstehen Kinder das intellektuelle Konzept des Films?

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Sind Sie nach den vielen Jahren Kleinstarbeit überhaupt fähig, den fertigen Film mit offenen Augen zu betrachten?
Pete Docter:: Nein, keineswegs. Ich versuche, während der Produktion einen offenen Blick zu bewahren, um nach all dem zu suchen, das wir verbessern müssen. Nach Fertigstellung denke ich aber andauernd nur an die Diskussionen zurück, die wir bei den jeweiligen Szene hatten. Oder an die Probleme, die wir bei der Umsetzung hatten. Es passiert auch häufiger, dass ich nach Start ins Kino gehe und dann immer wieder während des Films die anderen Zuschauer beobachte, um zu sehen, wie er ankommt. Dann sehe ich den Film zwar immer noch nicht selber mit offenen Augen, aber ich kann mir wenigstens anschauen, wie es anderen Kinogängern ergeht.

Jonas Rivera: Bei mir sieht es etwas besser aus: Ich habe ja zwei kleine Kinder, und ich konnte neulich den Film mit ihnen gucken. Ich glaube, bei mir hat es dann funktioniert, ihn durch ihre Augen zu sehen und mit ihnen neu zu entdecken.

Konnten Ihre Kinder den Film mit seinen klugen Gedanken überhaupt begreifen?
Jonas Rivera: Und wie! Wir haben «Alles steht Kopf» zu einem recht frühen Zeitpunkt bereits einmal all unseren Kindern gezeigt, weil wir diese Angst hatten, dass junge Zuschauer ihn nicht verstehen werden. Daher waren wir dann geschockt, wie gut sie ihn verstanden haben! Sie haben ihn fast schon besser verstanden als Erwachsene. Sie begreifen ihn auf einem emotionalen Level. Mein Sohn hat auch über die Witze gelacht, von denen wir dachten, dass sie über seinen Kopf hinwegfliegen werden. Es gibt zum Beispiel eine Szene über das abstrakte Denken, auf die wir sehr stolz sind. Da steckt sehr viel hinter, was an Erwachsene gerichtet ist – und das ist die Lieblingsszene meines Vierjährigen! Nur nennt er sie „Die Szene mit dem gruseligen Tunnel!“

Wir gehen den Film so akademisch an, aber unterm Strich verstehen ihn die Kinder dann eben doch!
Jonas Rivera
Pete Docter: (lacht)

Jonas Rivera: Und eigentlich hat er Recht! Aus erzählerischer Sicht ist das abstrakte Denken nichts Anderes als ein gefährlicher Platz, den unsere Figuren durchqueren müssen. Wir gehen den Film so akademisch an, aber unterm Strich verstehen ihn die Kinder dann eben doch!

Wie viel Sagen haben Sie über die internationalen Synchronfassungen? Segnen Sie alle fremdsprachigen Sprecher ab?
Jonas Rivera: Ich glaube, das dürften wir, wenn wir darum bitten würden …

Pete Docter: In der Welt da draußen gibt es so viel, das uns völlig unbekannt ist. Wir haben keine Ahnung von guten Künstlern in der Türkei, und fürs Übersetzen sind wir auch nicht gemacht. Aber es gibt da dieses großartige Team, das Disney zusammengestellt hat …

Jonas Rivera: Ja, Disney Character Voices International! Die Walt Disney Company beeindruckt mich immer wieder damit, was sie mit all ihren Zweigen bewerkstelligt hat, um unseren Film zu unterstützen. Aber Disney Character Voices International ist der wohl bemerkenswerte Teil dieses Konzerns! Wir haben vorab sehr viel Zeit damit verbracht, Figurenbeschreibungen für sie zu verfassen und zu erläutern, wie wir uns was vorgestellt haben – und die Leute von Voices International ziehen los und finden für jedes einzelne Land die entsprechende Stimme. Es ist wirklich unglaublich, wie treffend deren Besetzungen sind, wir sind jedes Mal baff, wenn wir uns die internationalen Sprecher anhören!

Zum Abschluss noch eine kleine, hoffentlich spaßige Aufgabe für Sie, Mr. Docter. In einem US-Interview haben Sie erklärt, dass die Figuren in Rileys Kopf „ein Haufen Muppets“ sind. Wenn Sie also ein Muppet-Remake von «Alles steht Kopf» besetzen müssten, welcher Muppet würde welche Rolle bekommen?
Pete Docter: (lacht) Oh, ja, das finde ich eine richtig gute Aufgabe! (überlegt) Ich fände es sehr spannend, zu sehen, wie Frank Oz mit Gonzo Angst spielen würde. Gonzo und Angst haben ja auch ein ähnliches Aussehen. Und Kermit wäre wohl, auch wenn er grün ist, Freude. Er hat diese Anführermentalität und auch Freudes Optimismus. Tier wäre Wut, das ist wohl ziemlich offensichtlich … Und Miss Piggy könnte Ekel spielen. Kummer … (denkt lange nach) Ich glaube, das könnte der Hausmeister machen, also Beauregard. Und Bing-Bong wäre natürlich Fozzie.

Jonas Rivera: Spitze! (lacht) Das klingt spaßig! Das Muppet-Remake will ich sehen!

Vielen herzlichen Dank für das tolle Gespräch!
«Alles steht Kopf» ist ab dem 1. Oktober in zahlreichen deutschen Kinos zu sehen. In 2D sowie in 3D.

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