First Look

«The Muppets»: Verletzte Gefühle und zeitloses Chaos in aktuellem Setting

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Die Muppets erobern die Mattscheiben zurück! Und dies begleitet von einem riesigen Medienrummel. Der womöglich größten Promi-Trennung aller Zeiten sei es gedankt. Aber wie gut ist denn nun «The Muppets»?

Hinter den Kulissen von «The Muppets»

  • Idee: Bill Prady, Bob Kushell
  • Regie: Randall Einhorn
  • Muppet-Performer: Bill Barretta, Dave Goelz, Eric Jacobson, Peter Linz, David Rudman, Matt Vogel, Steve Whitmire
  • Musik: Ed Mitchell, Steve Morrell
  • Ausführende Produzenten: Bill Prady, Bob Kushell, Randall Einhorn, Bill Barretta, Kyle Laughlin, Debbie McClellan
  • Produktionsstudios: ABC Studios, The Muppets Studio, Bill Prady Productions
So ganz waren sie ja nie weg. Doch zwischendurch sah es sehr bitter um sie bestellt aus: Die Muppets. Die kultige, filzig-flauschige Chaotentruppe, die ab 1976 mit der «Muppet Show» weltweit das Fernsehen für sich eroberte, legte kurz vor der Jahrhundertwende einen gewaltigen Kino-Flop hin. Als sie 2004 dann dem Disney-Konzern einverleibt wurden, dauerte es einige Zeit, bis sie sich in ihrem neuen Umfeld so richtig eingelebt haben. 2010 war es aber endlich so weit: Mit dem neuen Kinofilm «Die Muppets» feierten Kermit, Tier, Gonzo und Konsorten nicht nur endlich wieder einen Erfolg, sondern fanden auch qualitativ zu früherer Stärke zurück. Seither betteln Fans die Verantwortlichen hinter den Muppets an, ihnen eine neue Fernsehserie zu geben. 2014 folgte die ersehnte Links-Rechts-Kombination: Mit «Muppets Most Wanted» gelangte der nunmehr achte Kinofilm der Muppets in die Lichtspielhäuser – und es wurde endlich wieder eine neue Serie mit ihnen angekündigt.

Die Muppet-Welt selbst ist allerdings alles andere als heile, wie die nun gestartete, extrem simpel betitelte Mockumentary «The Muppets» aufzeigt. Nicht, dass man die Auftaktepisode gesehen haben müsste, um zu wissen, was bei den TV- und Leinwandlegenden vorgefallen ist: Miss Piggy und Kermit haben sich getrennt! Und die Medien sind aufgrund dieser Meldung durchgedreht. Ob Online-Portal oder TV-Sendung; dieser Trennung konnte man in den Wochen vor Serienstart nicht entgehen. Und auch die sozialen Netze platzten vor lauter Fandebatten. Was belegt, wie sehr diese Figuren ihren Fans zu Herzen gehen. Und natürlich obendrein großartiges Marketing für «The Muppets» darstellt.

Den Autoren war offenbar bewusst, wie sehr das Liebes-Aus von Frosch und Schwein einschlagen wird. Denn die von «The Big Bang Theory»-Mitschöpfer Bill Prady und «Die Simpsons»-Veteran Bob Kushell erdachte Serie hält sich gar nicht erst mit Exposition auf, stattdessen sind wir als Zuschauer sofort mitten im Geschehen. Mitten im Tumult hinter den Kulissen einer Fernsehshow. Denn «The Muppets» imitiert wie schon die Comedy-Kultformate «Modern Family» und «Stromberg» die Machart einer Doku-Soap: Wir dürfen bei der Produktion der Late-Night-Show «Up Late with Miss Piggy» Mäuschen spielen und bekommen somit zu Gesicht, was alles im Fernsehen schief gehen kann. Und wie das Privatleben jener Menschen und Tiere aussieht, die an dem Format arbeiten. Haupt-Konfliktherd: Der ausführende Produzent Kermit war einst mit der Moderatorin Piggy zusammen …

In die Brüche gegangene Liebesbeziehungen, deren Konsequenzen sich auf das Arbeitsumfeld übertragen, gehören zu der Art von Konflikten, die Sitcoms schon rauf und runter behandelt haben. Und die womöglich auch vielen erwachsenen Zuschauern aus dem wahren Leben bekannt vorkommen dürfte. Doch selbst wenn Zankereien zwischen zwei Ex-Partnern nichts Neues sind, so gelingt es den «The Muppets»-Machern, diese Idee frisch und urkomisch aufzubereiten. Dies liegt unter anderem an den überlebensgroßen, einnehmenden Persönlichkeiten von Kermit und Piggy, die in der Serie wieder zu voller Geltung kommen. Allerdings ist auch der unvergleichliche Mix aus Familientauglichkeit und gewagteren Gags, der die Muppets seit jeher ausgemacht hat, Teil der Erfolgsrezeptur:

Das Liebesdrama zwischen Kermit und Piggy ist gleichzeitig comichaft und gewollt albern, als auch überraschend plausibel, glaubwürdig und in einer erwachsenen Realität verhaftet. Und so darf man im einen Augenblick über die wilden, hektischen Manierismen der Über-Diva Piggy lachen, um im nächsten Augenblick von Kermits Beichte überrumpelt zu werden, wie weit er uns seine neue Flamme Denise schon gegangen sind. Eltern müssen aber nicht besorgt sein: Kermit und Co. reden nun nicht plötzlich offen über Sex. Aber wie in einigen ihrer besten TV- und Kino-Momenten wird dem älteren Publikum klar, welchen heißen Brei diese Figuren mit ihren Worten umtänzeln. Und gerade das ist auch ein reizvoller Aspekt der Henson-Schöpfung: Mit geschliffenem Wortwitz nähern sie sich möglichst familienfreundlich, aber dennoch auch so deutlich wie möglich, eben nicht nur dem Showbusiness-Chaos, sondern auch dem zwischenmenschlichen Trubel. Und in «The Muppets» bedeutet dass, sie über den Dreck sprechen zu lassen, den Trennungen halt mit sich bringen. Aufgrund der gezielt angesteuerten Diskrepanz zwischen Anschein und tatsächlichem Inhalt der Dialoge hat dies gigantisches Gag-Potential, das in weiteren Folgen hoffentlich engagiert ausgenutzt wird.

Vor allem, weil es die Muppets menscheln lässt. Wenn die Lacher über Kermit und Piggy erst einmal verhallen, darf man sich als Zuschauer somit durchaus auch fragen: Wie würde ich handeln, wem würde ich in dieser Situation Recht geben? «The Muppets» ist wahrlich keine Dramedy, die mit enormer Effizienz tiefschürfende Fragen über den moralischen Alltag stellt. Das will die Serie auch gar nicht sein. Aber den Autoren und Muppet-Performern gelingt es in den etwas mehr als 20 Minuten, die emotionale Bindung zu den Figuren und ihrer Lage zu festigen – und somit den Haufen Chaospuppen wie echte Menschen zu betrachten. Dies steigert die Fallhöhe der Gags ungemein, da durch diesen Hintergrund der ganze Trouble hinter den Kulissen der Show-in-der-Show überhaupt erst von Belang ist. Hier fliegen nicht irgendwelche Puppen durch die Luft. Hier blamieren, profilieren und demontieren sich liebenswürdige TV-Persönlichkeiten – Karikaturen wie du und ich.

Hinzu kommt, dass die Puppenspieler hinter den Muppets in der Auftaktepisode Performances auf höchstem Niveau leisten. Eine als Paparazzi-Aufnahmen dargestellte Rückblende auf den Moment, in de sich Piggy und Kermit getrennt haben, zeigt Piggy wütend, traurig, verletzt und überfordert zugleich – ohne dass dieser Moment schrill oder lächerlich rüberkommen würde. Wäre sie kein Stoffschwein, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut, so wäre Piggy allein schon dank dieser Szene die Top-Anwärterin für den nächsten Emmy in der Kategorie 'Beste Hauptdarstellerin einer Comedy-Serie'. Doch auch die restlichen Muppets bekommen ihre Momente im Rampenlicht. Denn selbst wenn Piggys und Kermits (Nicht-mehr-)Miteinander im Fokus steht, hat die Serie noch viele andere Element zu bietene. Comedy-Bär Fozzie muss sich den Vorurteilen seiner menschlichen Schwiegereltern in spe stellen, bei der kunterbunten Autorencrew von Piggys Show herrscht dagegen wieder einmal kreative Ebbe (und kaum etwas ist lustiger, als ein Muppet mit verzweifelten Showideen). Und Kermits rechte Hand Scooter muss Stargast Elizabeth Banks davon abhalten, Piggy unter die Augen zu treten ...

Fazit: Puppen-Irrevenz trifft Hollywood-Insider und schlauen Wortwitz: Wenn «The Muppets» so weiter macht, wie die Serie begonnen hat, dann haben wir endlich eine ebenbürtige, moderne Version der «Muppet Show» vor uns. Denn wie schon Jim Hensons unvergessliches Original ist «The Muppets» ein wilder, gewinnender Mix aus Missgeschicken, verrückten Einfällen und Hinter-den-Kulissen-Stress. Nur halt in unserer Gegenwart. Und wer das als Stilbruch oder Affront empfindet, sollte sich daran zurückerinnern, dass die Muppets zwar in den Köpfen mancher Fans in den 70ern stehen geblieben sind, doch damals spielten ihre Erlebnisse auch schon in der Gegenwart!

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