360 Grad

Liebe, Landschaft, Lerchenberg

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Die ZDF-Meta-Serie «Lerchenberg» läuft gerade in der zweiten Runde. Mit ihr sagt das ZDF seinen Kritikern: Wir haben euch verstanden.

Angenommen, das ZDF hätte es sich in den Kopf gesetzt, «The Walking Dead» zu adaptieren. Welcher hiesige Schauspieler würde wohl am besten für die Rolle eines deutschen Rick Grimes taugen?

Wenn Sie jetzt Sascha Hehn geantwortet haben, haben Sie vieles verstanden. Vom deutschen Fernsehen. Vom ZDF. Und von seiner selbstreferentiellen und selbstironischen kleinen Serie «Lerchenberg», die gerade in die zweite Runde geht.

Blöd nur, dass „Spaziergang der Toten“, wie das fiktive ZDF sein deutsches «Walking Dead» nennt, so gut wie keine Zuschauer hat. Dafür aber Mörderkritiken. Doch die interessieren eben keine Sau. Und so wird der deutsche Nachbau der amerikanischen Qualitätsserie getreu dem alten Erfolgsrezept „Liebe, Landschaft, Leistenbruch“ in eine «Schwarzwaldklinik» mit Zombies umgebaut.

Ja, so stellen gerade wir Fernsehkritiker uns die Gänge auf dem Lerchenberg gerne vor. Die handelnden Personen verwalten, statt zu gestalten, und schauen noch strenger auf die Quoten als die Führungskräfte der Privatsender. Inhaltliche Entscheidungen interessieren entweder keinen oder werden gar nicht erst gefällt. Ein jeder darf an Drehbüchern herumdilettieren. Und wenn schon ein deutsches «Mad Men», dann mit Matthias Schweighöfer als Don Draper.

Dass das oft auch ungerechte Vorurteile sind, sollte sich von selbst verstehen. Mit der zweiten Staffel von «Lerchenberg» zeigt das ZDF nun aber erneut, dass es die Kritik auch erkennt und zumindest sinnvoll zu kanalisieren sucht. Und da das ZDF als öffentlich-rechtlicher Sender das Image des zum Ungeheuer aufgeblasenen verstaubten Mollochs hat, von dem nur sehr begrenzt kreative Impulse ausgehen, hat «Lerchenberg» sein „Chapeau!“ sicher. Das gilt gleichsam für Sascha Hehn, der sich viele Sticheleien gefallen lässt, und Gaststars wie Iris Berben und Roberto Blanco.

«Lerchenberg» ist in erster Linie keine Serie, sondern eine Bestandsaufnahme. Der nächste Schritt bestünde darin, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um zumindest die gröbsten Fehlentwicklungen abzustellen. Nicht, dass Jan Böhmermann irgendwann mal das «aktuelle sportstudio» besetzt und von dort aus in einem Fummel Fernsehen machen will, den nicht einmal Gottschalk getragen hätte.

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