Filmfacts «Pan»
- Regie: Joe Wright
- Produktion: Greg Berlanti, Sarah Schechter, Paul Webster
- Drehbuch: Jason Fuchs
- Darsteller: Levi Miller, Hugh Jackman, Garrett Hedlund, Rooney Mara, Amanda Seyfried, Adeel Akhtar
- Musik: John Powell
- Kamera: John Mathieson, Seamus McGarvey
- Schnitt: William Hoy, Paul Tothill
- Laufzeit: 111 Minuten
Darüber hinaus brachte Steven Spielberg mit «Hook» eine Fortsetzung in die Kinos, in der Peter Pan letztlich doch erwachsen wurde, aber dann als gereifter Mann ins Nimmerland zurückkehren muss. Jetzt geht der auf filmische Augenweiden spezialisierte Regisseur Joe Wright (u.a. bekannt durch die «Stolz und Vorurteil»-Adaption mit Keira Knightley) den umgekehrten Weg: In «Pan» skizziert er die Vorgeschichte eines neuen Peter Pan. Eines Peter Pan, der als Waise in London aufgewachsen ist und während eines Fliegerangriffs auf dem Höhepunkt des Zweiten Weltkriegs ins Nimmerland, respektive Neverland, entführt wurde. Dieser Peter Pan wird von der bösartigen Piratencrew des diabolischen Kapitäns Blackbeard versklavt und muss als Minenarbeiter nach kristallisiertem Feenstaub graben.

Wright war Ideenvielfalt nie ein Fremdwort, und das zeigt er in «Pan» mehr denn je. Allerdings ist die 150 Millionen Dollar teure Produktion, im Gegensatz zu Wrights vorhergegangener Regiearbeit «Anna Karenina», bloß vollgestopft mit Ideen. Die ordnende Hand indes, die aus der Vielfalt an Einfällen der Tolstoi-Adaption ein faszinierendes sowie in sich kohärentes Ganzes gemacht hat, bleibt dieses Mal aus. So kommt es, dass der unter anderem von Greg Berlanti («Arrow») mitgetragene Neverland-Ausflug zwar stets eigensinnig ist und szenenweise mitreißt, als Gesamtwerk aber auf sehr wackligen Beinen steht. Zu den ganz großen Highlights zählt die theatrale Einführung Blackbeards, die von einem rhythmischen Schnitt profitiert sowie von Superstar Hugh Jackman, dessen Spaß an dieser übertriebenen Rolle ansteckt. In dieser Sequenz sprühen zudem deshalb die Funken, weil Wright in feinster «Moulin Rouge»-Manier den Nirvana-Klassiker „Smells Like Teen Spirit“ rezitiert. Dieser Anachronismus wird mit derartiger Chuzpe umgesetzt, dass sich die Szene möglichen Logikfragen gar nicht erst stellen muss. Sie will „Style over Substance“ sein, und hat einen derart fetzenden Style, dass sie funktioniert.

Dessen ungeachtet verliert «Pan» in seinem Verlauf enorm an Potential, da sich bei seiner „Alles auf die Leinwand schmeißen und mal abwarten, was zusammen kleben bleibt“-Herangehensweise kein einprägsamer Gesamteindruck einstellt. Wenigstens wird «Pan» selbst in seinen verwunderlichen Momenten nicht langweilig. Denn dank Jackmans Engagement und einer magnetisierenden Performance des Newcomers Levi Miller in der Titelrolle gelingt es diesem möglichen Franchise-Eröffnungsfilm, die Story mit genügend Anreizen zu versehen, um nicht zu kollabieren. Jedenfalls, wenn man vom hektisch choreografierten Finale absieht, dessen schmale Dramaturgie die ausgedehnte Laufzeit nicht tragen kann.
Hinzu kommt, dass dieses Abenteuer, typisch für eine Wright-Regiearbeit, mit farbenprächtigem und ideenreichem Produktionsdesign aufwartet. Konsequenterweise sind auch die von Jacqueline Durran erdachten Kostüme eine Wucht – allen voran die Kluft des Barock-Punks Blackbeard und die kunterbunte Tracht der Stammesprinzessin Tiger Lily. Jene wird von einer unterforderten, aber Schwung mitbringenden Rooney Mara verkörpert, die im Mittelpunkt der besten Kampfsequenz von «Pan» steht: Ein Angriff auf sie und ihre Stammesmitglieder entwickelt sich – wortwörtlich – zu einer Explosion von Pastelltönen, während die Kamera frei herumwirbelt. Generell leisten die Kameraleute John Mathieson und Seamus McGarvey hervorragende Arbeit, indem sie durch versierte Lichtsetzung Neverland zu einem sich ständig bewegenden Gemälde erheben und so die Zeitlosigkeit der Vorlage ehren. Gleichzeitig erlauben es die losgelösten Kamerafahrten dem Film – vor allem in 3D – seinem Anspruch gerecht werden, Blockbuster-Pomp darzustellen.

Fazit: Viel Schall und Farbpulver, einige gute Ideen und manch schale Sequenz: Diese Peter-Pan-Neuinterpretation ist zwar interessant, aber nicht so magisch, wie sie sein könnte.
«Pan» ist ab dem 8. Oktober 2015 in zahlreichen deutschen Kinos zu sehen – in 2D und 3D.