Popcorn & Rollenwechsel

Die Schwarzseh-Kolumne

von

Kino-Fanatiker Sidney Schering hat üblicherweise eine Tendenz dazu, optimistische Kolumnen zu verfassen. Um für Abwechslung zu sorgen, sieht er dieses Mal schwarz.

Es ist ein Lied, das fast so alt ist, wie das Kino selbst: Das Kino als Stätte der Kunst, Kultur und Unterhaltung wird totgesagt. Die Zahlen sprechen aber dagegen. Ein Blick auf die aktuelle Lage hier in Deutschland genügt: In den vergangenen Wochen mussten wiederholt die Besucherprognosen nach oben korrigiert werden, mit «Alles steht Kopf», «Der Marsianer – Rettet Mark Watney» und «Er ist wieder da» tummeln sich ungewöhnliche, gut gemachte Filme auf den vorderen Rängen der Charts, während «Fack Ju Göhte 2» seit Wochen beweist, dass eigenheimische Produktionen noch immer die Jugend ins Kino locken können. Auch weltweit klingeln die Kassen, so haben etwa Disney und Universal Pictures bereits jetzt, einige Monate vor Jahresende neue Allzeitrekorde gebrochen.

Aber auf diesen Erfolgen darf sich die Filmindustrie keinesfalls ausruhen! Denn selbst wenn die Kino-Gegenwart gut aussieht, ist eine rosige Zukunft nicht garantiert. «Inception»-Regisseur Christopher Nolan etwa hat eine sehr grimme Sicht auf das potentielle Morgen. Auf dem London Film Festival gab er die Befürchtung zu Protokoll, dass Zuschauer den heutigen Standard, den sie bei einem Kinobesuch antreffen, bald satt haben werden:

„Aus irgendeinem Grund wird es mittlerweile akzeptiert, einfach zu sagen: 'Wir stellen so etwas wie einen Riesenbildschirm in einen leeren Raum, und ihr guckt darauf einen Film.' Das muss sich ändern. Und wenn es sich nicht ändert, egal ob unter Verwendung von analogem Film oder digitaler Technik, bedeutet dass, dass nicht genügend Wert darauf gelegt wird, dem Publikum ein gutes Kinoerlebnis zu spendieren. Und dann werden die Leute aufhören, ins Kino zu gehen.“

Nolan pocht mit seiner Rede auf eine Wiederherstellung einer Kinokultur, zu der in seiner Idealvorstellung auch eine Renaissance des Analogfilms gehört. Dessen Textur und Farbtiefe ist in Augen des Regisseurs ein elementarer Teil dessen, weshalb Kinofilme überhaupt zu einem großen Medium aufgestiegen sind. Allerdings genügt es nicht, die Kinoerfahrung zu optimieren. Auch die Filmproduktion selbst muss sich ändern. Das betonte neulich zumindest Steven Soderbergh im Gespräch mit 'The Hollywood Reporter'.

Der «Ocean's Eleven»-Regisseur, der dem Kino den Rücken kehrte, um Fernsehen zu machen, beteuert im Branchenblatt, kein Interesse zu haben, wieder Kinofilme zu inszenieren: „Von einem ganz persönlichen, subjektiven Standpunkt aus gesprochen, reizt es mich nicht, wieder Kinofilme zu machen. Zumindest nicht, bis sich meine Ansichten ändern oder das Geschäftsmodell. Einige Dinge haben mich dazu bewegt. Ich denke, das Publikum hat dazu beigetragen, genauso wie die Studios, aber Film wird zunehmend zu einer Sache, bei der Entscheidungen hinter den Kulissen auf Furcht basieren. Das ist kein gutes Fundament, um kreativ zu sein.“

Da haben wir es also … Das Kino sollte sich nicht auf seinen Lorbeeren und jüngsten Erfolgen ausruhen. Sonst verliert es weitere Filmemacher wie Soderbergh. Und irgendwann auch das Publikum.

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