Der zweite Teil des Quotenmeter.de-Jahresrückblicks - und jetzt steht die zweite Hälfte des Jahres 2004 an: Seit dem 01.07. hat Deutschland einen neuen Bundespräsidenten – Horst Köhler ist der Nachfolger von Johannes Rau. Und der will „kein bequemer Präsident sein“.
Er macht seine Arbeit vielleicht besser, als man erwartet hatte. Aber ich bin eigentlich traurig, dass Deutschland sich nicht selber überrascht hat, indem es eine noch unbequemere Frau, eine Frau mit Ecken und Kanten, zur Bundespräsidentin gewählt hat. Jenseits aller Sympathien, ob Herr Köhler oder Frau Schwan, bei so einer Bundesversammlung ist doch vorher alles abgestimmt. Der Vorsitzende des Tierschutzvereins ist gar nicht als Vorsitzender des Tierschutzvereins da, sondern als Sympathisant der CDU. Ich weiß jetzt aber nicht, ob der Vorsitzende des Tierschutzvereins wirklich Sympathisant der CDU ist (lacht). Er ist nicht Repräsentant einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe. Ich hatte irgendwie darauf gehofft, dass es dann trotz aller Absprachen im Vorfeld noch eine Überraschung gibt. Allein schon der Überraschung wegen, in unserem manchmal trägen Land.
Vielleicht hätte Deutschland anders abgestimmt… Man weiß es nicht.
Ja, man weiß es nicht. Insofern finde ich es richtig, darüber nachzudenken, künftig direkt zu wählen.
Im August war Hartz IV ein wichtiges Schlagwort. Vor allem in Ostdeutschland ist der Unmut über die Umstrukturierungen im Sozialwesen groß. Viele Arbeitslose befürchten dort, in Zukunft deutlich weniger Geld in der Tasche zu haben. Aus diesem Grund gehen die Menschen auf die Straße und – schwupps – sind sie wieder da, die Montagsdemonstrationen, die im Herbst 1989 großen Erfolg hatten. Dennoch gab es geteilte Meinung über die „Wiederauferstehung“. Während es Einige toll fanden, dass die Menschen friedlich demonstrieren, äußerten Andere ihre Bedenken, etwas Einmaliges, wie die Montagsdemos in dieser Art „zu missbrauchen“.
Das ist aber eigentlich wurscht. Die Montagsdemonstrationen sind ja kein historisches Heiligtum und man darf nur noch von Dienstag bis Sonntag demonstrieren gehen. Demonstrieren ist eines unserer Grundrechte und absolut wichtig. Das Bedenkliche an der Sache ist, dass viele demonstriert haben, die gar nicht wussten, was Hartz IV in der Tat bedeutet. Und manche von ihnen haben nächstes Jahr wahrscheinlich mehr Geld. Es gab zu wenig Informationen zu diesem komplizierten Thema. Das Ganze ist in einer Negativstimmung hochgehypted worden und hat eine Eigendynamik entwickelt. Warum haben sich nicht Herr Schröder, Frau Merkel, Herr Westerwelle und Herr Stoiber zusammen in einen Bus gesetzt und sind durch Deutschland gefahren wären, um zu erklären, statt sich nur gegenseitig den Schwarzen Peter in die Schuhe zu schieben? Sie haben Hartz IV doch gemeinsam verabschiedet und haben deshalb eine gemeinsame Verantwortung, die sie nach aussen hätten sichtbar machen sollen. Dann wären auch keine Eier geflogen und wäre keine neue Politikverdrossenheit entstanden. Im Gegenteil.
Sie haben dies auch Angela Merkel in einem Interview vorgeschlagen, aber sie ist nicht wirklich darauf angesprungen…
Ja, sie hat gesagt, sie macht das lieber alleine…
Kommen wir auf den 30. August zu sprechen. Ein Tag, an den Sie sich bestimmt noch erinnern. Die «Sat.1 News» bekamen ein neues Gesicht. Astrid Frohloff verlässt nach Jahren den Sender und für sie kommt der ZDF-«heute-nacht»-Anchor Thomas Kausch. Und dieser Thomas Kausch wird auch gleichzeitig neuer Leiter des Bereichs Information. Sind Sie denn mit der bisherigen Zeit zufrieden?
Eigentlich schon, ja. Ich hab’s bisher noch nicht bereut.
Und Spaß macht’s also auch?
Spaß macht’s auch.
Die Quoten stimmen auch.
Im Prinzip ja. Wir stehen immer noch am Anfang. Aber sind auf dem richtigen Weg, glaube ich. Man durchläuft halt verschiedene Phasen, es ist ein tägliches Produkt und man muss immer wieder neu daran feilen. Mal hier und mal da. Das endgültige Profil haben wir sicher noch nicht entwickelt, es ist "work in progress"..
Sie rücken dem Konkurrenten RTL in Sachen Qualität aber schon auf die Pelle. Wenn man sich die neuen Studios anschaut oder an die US-Wahl zurückdenkt. RTL hat dort nicht unbedingt geglänzt, da über die meiste Zeit Wiederholungen von USA-Dokumentationen liefen.
Da hat sich gezeigt, dass man auch puristisch und einfach rein journalistisch berichten und dabei trotzdem punkten kann. Das hat uns auch sehr gefreut. Wir haben viel weniger Geld dabei verbrannt als alle anderen Sender an diesem Abend und dennoch die gleichen Erfolge erzielen können, zum Teil sogar noch mehr. Und es hat sich gezeigt, dass das, was am Anfang immer als problematisch hingestellt wurde, nämlich in einem Senderverbund mit N24 zu arbeiten und überhaupt in so einer Senderfamilie zu sein, durchaus gut sein kann. Dass man dadurch auch Stärke beweisen kann.