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Ich tendiere eher dazu, an einzelnen Rollen Gefallen zu finden. Wir können uns das ja nicht wirklich aussuchen, was und wen wir sprechen. Wenn mir dann trotzdem mal eine Figur unterkommt, in der ich eine unverbrauchte Seite von mir zeigen kann, ist das immer sehr schön
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Ricardo Richter
Das ist eine schwere Frage ... Ich glaube, ich tendiere eher dazu, an einzelnen Rollen Gefallen zu finden. Wir können uns das ja nicht wirklich aussuchen, was und wen wir sprechen. Wenn mir dann trotzdem mal eine Figur unterkommt, in der ich eine unverbrauchte Seite von mir zeigen kann, ist das immer sehr schön. Und es spielt auch stets mit, wie gut der Film ist, den ich synchronisiere, oder wie spannend die Story ist – wenn diese Aspekte stimmen, gehe ich natürlich mit größerer Vorfreude ins Atelier. Ein Schauspieler, den ich im Moment sehr, sehr gerne vertone habe ich aber doch: Das ist Jorge Blanco in der Disney-Telenovela «Violetta». Der macht mir sehr viel Spaß – sein Auftreten gefällt mir und wir sind uns darüber hinaus stimmlich sehr ähnlich. Das ist sehr angenehm!
Macht es in Ihrer Arbeit einen spürbaren Unterschied, welche Sprache Sie neu vertonen?
Natürlich erleichtert es einem, wenn man die im Original gesprochene Sprache selber versteht. Dann kann man selber viel mehr aus dem Originaltext ziehen und dem Schauspiel besser folgen, was wiederum dabei hilft, für die eigene Leistung etwas herauszuziehen und sie von allein an die Vorlage anzupassen. Doch generell müssen wir mit allen Sprachen umgehen können – und dabei hilft uns die Regie enorm. Die Synchronregisseurin von «Violetta» etwa ist halb Spanierin und versteht daher das Original. Wenn es mal Rückfragen gibt, kann man diese jederzeit der Regisseurin stellen, und die lotst uns dann da durch.
Wie sehen Sie, generell gesprochen, den Stand der deutschen Synchronlandschaft?
Es ist ambivalent. Es schauen schon vermehrt Leute Serien und Filme im Original, allerdings wird die Menge der O-Ton-Zuschauer sehr überschätzt. Was uns leider direkt betrifft, weil manche Entscheidungsträger sagen: „Wieso sollten wir viel Geld in eine gute Synchro stecken, wenn die Leute es eh auf Englisch gucken?“ Aktuelles Beispiel ist da leider Netflix, die nicht viel Geld für die Synchro ausgeben, was sich auf die Qualität niederschlägt. Das könnte ein kulturelles Problem sein, ich denke, der amerikanische Mutterkonzern versteht gar nicht, dass das hier so ein wichtiges Thema ist. Deswegen lassen die das mit der Synchro schleifen. Und da können nicht immer die Sprecher was dafür, wenn eine Netflix-Synchro enttäuscht. Netflix nimmt aus Kostengründen gerne auch mal Leute, die bisher nur sehr kleine Rollen gesprochen haben, und besetzt sie erstmals in Hauptrollen. Da merkt man es öfters, dass die Kollegen einfach noch nicht die nötige Erfahrung für eine größere, komplexere Rolle mitbringen.
Andererseits hat die Synchronbranche dank der gestiegenen Menge an Filmen und Serien derzeit viel zu tun, und sie meistert, wenn man sie lässt, diese Herausforderungen sehr gut ... Gemeinhin würde ich daher sagen, dass es der deutschen Synchronisation sehr gut geht, aber es zeichnen sich negative Tendenzen ab, weil es oft schnell-schnell, husch-husch voran gehen muss.
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Ich finde zwar einige YouTuber in dem Bereich gut, in dem sie sich betätigen. Dass nun aber die Verleiher nun anfangen, YouTuber in Sprecherrollen zu casten, obwohl sie überhaupt keine schauspielerische Erfahrung haben, finde ich grausig.
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Ricardo Richter
Ich war ja mal auf sehr lustige Weise selber von dieser Methode betroffen … Bei «Epic» hat Josh Hutcherson eine Rolle gesprochen, die zunächst ich in der deutschen Fassung übernehmen sollte. Dann kam man aber auf die Idee, es doch einen Promi machen zu lassen, und ulkigerweise fiel die Wahl auf meinen Bruder Raúl.
Promisynchros sind halt eine Marketingmaßnahme. Es ist auf einer Seite verständlich, dass die Studios darauf zurückgreifen, denn sie erwarten sich dadurch ein Zuschauerplus. Ob es tatsächlich dazu kommt, weiß ich nicht. Mir ist leider keine Studie bekannt, die sich damit befasst, ob es den Kinogänger interessiert, dass Prominenter XY in einem Film mitspricht. Daher enthalte ich mich da eines Urteils. Woran ich mich aber reibe: Ich finde zwar einige YouTuber in dem Bereich gut, in dem sie sich betätigen. Dass nun aber die Verleiher nun anfangen, YouTuber in Sprecherrollen zu casten, obwohl sie überhaupt keine schauspielerische Erfahrung haben, finde ich grausig. Man hört leider raus, dass das keine Profis sind. Wenn wegen solch einer Besetzung die Qualität einer Synchro leidet, finde ich das sehr bedauerlich. Da sollten die Verleiher besser abwägen, ob ihnen ein gutes Produkt oder etwas mehr Publicity wichtig ist.
Und es ist natürlich unfair, dass diese Leute unfassbar hohe Gagen bekommen, bei denen wir normale Synchronschauspieler uns an den Kopf fassen. Ja, das Geld kommt aus dem Marketingtopf und die Promisprecher werden für ihre Promoarbeit mit entschädigt, was eine gewisse Differenz erklärt. Aber ist es wirklich gerechtfertigt, dass jemand, der es im Zweifelsfall qualitativ nicht besser macht, das Zehn- bis Dreißigfache bekommt? Die Frage darf man schon stellen …
Können Sie sich denn vorstellen, selber wieder häufiger vor die Kamera zu treten?
Ich sage da ganz ehrlich: Ich fühle mich hinter dem Mikro wohler. Ich stehe zwar auch gern vor der Kamera, wenn ich ein Angebot bekomme und es mir zusagt, nehme ich es natürlich voller Freude an. Aber es drängt mich nicht in den Mittelpunkt und die Öffentlichkeit, generell bleibe ich lieber im Synchronstudio.
Eine letzte Frage: Wie schauen Sie privat Serien und Filme?
Das ist gemischt. Produktionen, bei denen ich die Originalsprache nicht selber spreche, was etwa bei französischen und japanischen Filmen der Fall ist, gucke ich mir synchronisierte Version an. Englisches dagegen schaue ich mir bevorzugt im Original an, weil ich da den ursprünglichen Wortwitz mitbekommen möchte. Untertitelt schaue ich mir aber gar nichts an, weil mich das einfach zu sehr stört. Es dämpft den Filmgenuss schon sehr, wenn ununterbrochen am unteren Bildrand etwas eingeblendet wird.
Herzlichen Dank für das spannende Gespräch.