Man hört heraus, dass es viele Vorsichtsmaßnahmen gab, die getroffen werden mussten. Gab es denn während der Produktion Schwierigkeiten durch Personen oder Institutionen, die verhindern wollten, dass der Film zustande kam?
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Es geht in dem Film teilweise um Informationen, die selbst heute noch nicht für die Öffentlichkeit zulässig sind, ohne Menschen in Gefahr zu bringen.
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Dirk Wilutzky
Sie waren auch Production Manager am ebenfalls oscar-prämierten «Bowling for Columbine». Michael Moore-Dokumentationen sind vom Ton her oft provokativ, «Citizenfour» wirkt dagegen sehr kühl und rational. Warum war das in diesem Fall die bessere Herangehensweise?
Michael Moore und Laura Poitras sind zwei sehr unterschiedliche Persönlichkeiten mit sehr unterschiedlichen Herangehensweisen. Moore ist daran interessiert zu schockieren und die Amerikaner mit neuen Ideen auf unterhaltsame Art und Weise zu konfrontieren, Laura hingegen interessiert sich dafür was Menschen in akuten Lagen für Entscheidungen treffen. Sie geht ihre Filme immer an, indem sie sich an ein Thema herantastet und versucht, Zugang zu Menschen zu kriegen, die Besonderes tun. Laura drehte schon seit 2011 an einem Film über Massenüberwachung und hatte schon spektakuläres Material mit Julian Assange und anderen gedreht, bevor Snowden überhaupt auftauchte. Snowden meldete sich dann auch aufgrund der Recherchen, die sie für diesen Film bereits angestellt hatte. So ergab sich auch der Zugang zu ihm. Als sie aber aus Hong Kong mit den knapp zehn Stunden Material zurückkam, die von ihr im Hotelzimmer gedreht wurden, wurde Mathilde und ihr klar, dass das das neue zentrale Stück des Films sein würde.
Sie haben es vorhin bereits angedeutet: Wie stehen Sie nach der Produktion zum Thema Datenschutz und für wie wichtig halten Sie die Dokumentation auch in Zusammenhang mit der in Deutschland aktuell diskutierten Vorratsdatenspeicherung?
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Ich bin schockiert darüber, dass diese ganze Diskussion seitens der Politik komplett ignoriert wird. Sie sieht sich leider noch immer gezwungen, aus Angst vor eventuellen Anschlägen alle unsere Grundrechte zu verletzen und aufzugeben.
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Dirk Wilutzky über Vorratsdatenspeicherung in Deutschland
Trotzdem ist die Vorratsdatenspeicherung ja in vielen Tageszeitungen ein Thema. Ich habe den Eindruck, dass viele Menschen gar nicht die Bereitschaft haben, sich damit auseinanderzusetzen oder sich gar nicht dafür interessieren. Ist es ihr erklärtes Ziel, mit Dokumentationen wie «Citizenfour» wachzurütteln?
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Es beunruhigt mich maßlos, dass so viele Leute heute nicht den Mut haben, der Realität ins Auge zu schauen.
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Dirk Wilutzky
Natürlich können Sie darüber nur spekulieren, aber denken Sie, dass der Film auch tatsächlich zu einem Umdenken in den Köpfen der Geheimdienstchefs geführt hat?
Nein (schmunzelt). Absolut nicht, denn ich denke, wenn man Geheimdienstchef ist oder generell in hohen Positionen in Geheimdiensten arbeitet, dann muss man sein Gehirn schon so sehr trainiert haben, dass man dort funktioniert und immun ist gegen Emotionen, die einen in Frage stellen würden. Sonst würde man den Job nicht haben. Ich glaube, dass diese Leute zu resistent sind gegen solche Gedanken.
Gerade befindet sich der Film «Snowden» in der Post Production, in der Joseph Gordon-Levitt Edward Snowden spielt und Melissa Leo ihre Kollegin Laura Poitras. Interessieren Sie sich für die Produktion und welche Gefahren und Chancen sehen Sie in einer Spielfilmverwertung über das Leben Edward Snowdens?
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Ich hoffe sehr, dass die Leute, die den Film sehen, sich nach der Rezeption danach sehnen, den Dokumentarfilm dazu zu sehen, der die Wirklichkeit zeigt - so authentisch der Spielfilm auch sein mag.
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Dirk Wilutzky über die Spielfilmverwertung der Snowden-Geschichte
Welche aktuellen politischen Entwicklungen haben eine ähnliche Tragweite wie die Geschichte um Edward Snowden und würden sich sehr gut für eine Dokumentation eignen? Gibt es vielleicht ähnliche Themen, die Zuschauern auch in gewisser Weise die Augen öffnen sollen, die man also eigentlich nicht sehr präsent wahrnimmt?
Alle aktuellen und wichtigen Themen eignen sich dafür, sogar die Dinge, die wir bereits klar vor unseren Augen haben. Selbst die sehen wir meistens nicht. Ganz naheliegende Fragen, zum Beispiel ob wir der Verantwortung, die jeder einzelne in einer Demokratie besitzt, gerecht werden wollen und warum das bei vielen noch nicht der Fall ist. Das ist das zentrale Thema, an dem ich schon seit Jahrzehnten arbeite und der große Elefant im Raum, den man einfach nicht sieht.
Vielen Dank für das Interview, Dirk Wilutzky