Filmfacts: «Ich und Earl und das Mädchen»
- Regie: Alfonso Gomez-Rejon
- Produktion: Jeremy Dawson, Dan Fogelman, Steven M. Rales
- Drehbuch: Jesse Andrews, nach seinem eigenen Roman
- Darsteller: Thomas Mann, Olivia Cooke, RJ Cyler, Jon Bernthal, Nick Offerman
- Musik: Brian Eno, Nico Muhly
- Kamera: Chung-hoon Chung
- Schnitt: David Trachtenberg
- Laufzeit: 105 Minuten
- FSK: ab 6 Jahren
Wie auch der Protagonist von «Garden State» hat das „Ich“ in «Ich und Earl und das Mädchen» Probleme damit, sich auf sein soziales Umfeld einzulassen. Greg (Thomas Mann) ist allerdings stolz darauf, dass er sich ohne größere Bindungen durch die High School zu manövrieren weiß: Er hat eine Kunst daraus gemacht, zu allen nett genug zu sein, um sich keine Feinde zu machen, und gleichzeitig so distanziert zu bleiben, dass niemand von ihm irgendwelche Freundschaftsdienste erwartet. Wenn er mit jemandem Zeit verbringt, dann mit seinem Lieblingslehrer (Jon Bernthal) oder mit seinem „Arbeitskollegen“ Earl (RJ Cyler), der genau wie Greg eine Passion für cineastische Meilensteine hat. Diese Leidenschaft leben Earl und Greg seit Kindstagen aus, indem sie kleine, alberne Parodien drehen – wobei sich diese, wie Greg stets betont, nicht über die Vorlagen lustig machen sollen.
Als Rachel (Olivia Cooke), eine Schulkameradin der Hobby-Filmemacher, an Krebs erkrankt, drängt Gregs Mutter ihren cinephilen Spross dazu, ihr eine Schulter zum Ausheulen zu leihen. Daran hat er zwar herzlich wenig Interesse, aber Rachels individuelle Sicht auf das Sozialgefüge Schule lässt ihn trotzdem darüber nachdenken, mit ihr eine Zweckfreundschaft einzugehen …
- © Twentieth Century Fox
Jon Bernthal gibt als cooler Geschichtslehrer seinen verpeilten Schülern Anweisungen.
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Würde Gomez-Rejon jede einzelne Regung des Glücks, der Trauer, der Angst oder der Wut mit voller Intensität ausleben, bestünde die Gefahr, dass «Ich und Earl und das Mädchen» zu einem reinen Kitschfilm verkommt. Die intellektuelle, dezent skurrile Herangehensweise, mit welcher der Regisseur stattdessen vorgeht, versetzt das Publikum hingegen in die Position des kaltschnäuzigen Protagonisten, der nur dann auftaut, wenn er sich in absurden oder popkulturell geprägten Witz retten kann.
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Kurzum: In dieser Puppenhaus-Welt, in der die Figuren so viel eloquenter sind als reale Jugendliche, aber Dinge sagen, deren Bedeutung stets berührend und gefühlsecht ist, ist einfach alles überhöht. Bis auf die bodenständigen, verletzlichen Darbietungen der zentralen Darsteller Mann und Cooke. Im Zusammenspiel ergibt dies eine Teenager-Charakterstudie-trifft-Krebs-Tragikomödie-Mischung, die zugleich unter die Haut geht und den Verstand charmant umgarnt.
Fazit: Zwei wunderbare Hauptdarsteller, eine aufwühlende, doch niemals überbordende Geschichte über das Erwachsenwerden und feine Ironie: «Ich und Earl und das Mädchen» ist ein Muss für Filmvernarrte und jene, die es noch werden wollen.
«Ich und Earl und das Mädchen» ist ab dem 19. November 2015 in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.