Sonntagsfragen

'Ich finde es schade, wenn man nicht anerkennt, was man in Händen hält'

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Wir sprachen mit Matthias Matschke über sein neuerliches Engagement beim «Polizeiruf 110», seine Erfahrungen im Zuge internationaler Produktionen und die Zukunft von «Pastewka».

Zur Person

Matthias Matschke wurde am 17. Oktober 1968 in Marburg geboren. Nach einer Ausbildung an der Hochschule der Künste in Berlin, widmete sich Matschke erst einmal dem Theater, ehe er im Fernsehen erstmals im «Polizeiruf 110: Sieben Tage Freiheit» zu sehen war. Er gehörte zum Ensemble der Sketch-Comedy «Ladykracher» und spielt seit 2005 in «Pastewka» Bastian Pastewkas Bruder Hagen. Besagte Rolle verschaffte ihm große Bekanntheit, sodass sich seine Engagements danach immer mehr häuften. Er trat beispielsweise in den Kinofilmen «Vollidiot» und «Resturlaub» auf, nahm an internationalen Produktionen wie «Grand Budapest Hotel» teil und verkörperte in der ZDF-Krimireihe «Helen Dorn» zuletzt Kommissar Gregor Georgi. Matschke löste Sylvester Groth als Kommissar im Magdeburger «Polizeiruf 110» ab.
Herr Matschke, gerade drehen Sie für den neuen Teil des Magdeburger «Polizeiruf 110», in dem Sie den neuen Hauptkommissar Dirk Köhler spielen. Wie haben Sie die Reihe in den vergangenen Jahren begleitet und was macht den Magdeburger «Polizeiruf» Ihrer Ansicht nach aus?l
Von der Reihe hatte ich bis vor Kurzem noch nicht viel gesehen. Ich schaue ganz wenig Fernsehen. Das betrifft nicht nur den «Polizeiruf», sondern auch den «Tatort» und alle anderen Serienformate. Aufgrund meiner Arbeit kann ich kein serielles Fernsehverhalten entwickeln und dem folgen. Ich habe mir aber selbstverständlich in der Vorbereitung alte «Polizeiruf»-Folgen angesehen. Mich interessiert vor allen Dingen, was wir daraus machen werden. Schön ist bei der ganzen Sache, dass aus dem alten «Polizeiruf» das Kontinuum Claudia Michelsen bis zu mir weitergeführt wurde. Mit ihr bekomme ich eine hervorragende Kollegin, mit der ich diese neue Aufgabe entwickeln kann.

Ihre erste Rolle in einem Fernsehfilm spielten Sie 1995 in einer «Polizeiruf 110»-Folge. Kann man hierbei also von Schicksal sprechen?
(lacht) Wenn es wirklich mein Schicksal wäre, dann hieße das ja, dass es mein letztes Engagement im Fernsehen wäre. Ich würde es gut finden, wenn das nicht so wäre. Ich weiß gar nicht mehr richtig, wie die Folge war. Meine Figur erschoss irgendjemanden, aber eigentlich war Jürgen Vogel dafür verantwortlich und so weiter. Ich hoffe, dass ich in solche ungeklärten Fälle Klarheit bringen kann (schmunzelt). Aber im Ernst: Ich freue mich sehr, dieses Format mitzugestalten. Es ist sehr aufwendig. Ich muss mich da voll einbringen, um diese Figur aufzubauen und mich fragen, wie man zu der Krimi-Mechanik steht, wenn man zugleich ein Forum für spannende Figuren bietet.

Sie ersetzen Sylvester Groth als Jochen Drexler und ermitteln nun gemeinsam mit seiner früheren Partnerin Doreen Brasch, gespielt von Claudia Michelsen. Das Duo war, vor allem im Vergleich zu den Rostocker Kommissaren, eher von der in sich gekehrten und ruhigen Sorte. Inwiefern verpasst die Ankunft Dirk Köhlers dem Magdeburger «Polizeiruf» nun einen neuen Anstrich?
Wenn man wie der Bauer auf dem Acker schon die Furche begutachtet, bevor man sie mit dem Pflug zu Ende gezogen hat, dann wird sie sicher krumm.
Matthias Matschke über Selbstreflexion seiner Figuren
Ich werde Ihnen hier jetzt nicht verraten, was da passiert (lacht). Auf alle Fälle wird es eine sichtbare Veränderung geben. Es wird sich eine andere Arbeitsbeziehung zwischen uns ergeben, alleine schon aufgrund der persönlichen Konstitution dieser beiden Figuren. Selbstredend wurde Dirk Köhler in Bezug zur vorhandenen Frau Brasch ausgearbeitet und das ist eine spannende Aufgabe. Ich bemerke aber gerade, ich sollte darüber nicht zu sehr reflektieren, denn wir sind noch mitten in der Produktion. Wenn man wie der Bauer auf dem Acker schon die Furche begutachtet, bevor man sie mit dem Pflug zu Ende gezogen hat, dann wird sie sicher krumm. Deswegen gucke ich erst einmal nur nach vorne.

Zumindest konnte man dem Pressematerial entnehmen, dass Dirk Köhler ein wesentlich kommunikativerer und offener Typ zu sein scheint als Jochen Drexler…
Es ist aber die Frage, wie sich diese Offenheit äußert. Damit rumzuspielen, macht gerade viel Spaß. Ich komme manchmal ans Set und denke, dass ich alles vorbereitet habe und dann wird noch einmal alles anders. Auch durch die sehr produktive Arbeit mit Matthias Tiefenbacher, der uns in dieser Neuaufstellung der Kommissare in Magdeburg sehr unterstützt.

Zuletzt traten Sie neben Anna Loos in der ZDF-Krimireihe «Helen Dorn» in Erscheinung. Für ihre Darstellung des Gregor Georgi erhielten Sie viel Lob, in diesem Jahr unter anderem auch den Quotenmeter.de-Fernsehpreis als „Bester Nebendarsteller einer Serie oder Reihe“. Kommt das Engagement im «Polizeiruf 110» auch einem Abschied von «Helen Dorn» gleich? Bei IMDb werden Sie für die Reihe auch noch in Produktionen im Jahr 2016 gelistet, allerdings unter einem anderen Rollennamen
(lacht) Wirklich? Das ist ja klasse! Davon weiß ich nichts. Ich bin jetzt hier beim «Polizeiruf» und das ist erst einmal exklusiv. Aber diesen Eintrag auf IMDb finde ich spannend, obwohl es sicher ein Versehen ist (lacht).

War der Dreh zur vergangenen Ausgabe schon abgeschlossen, als Ihre Entscheidung kam? Gregor Georgi wurde zumindest nicht aus der Reihe verabschiedet.
Die vier Filme waren schon abgedreht zu dem Zeitpunkt. Wie es weitergeht, weiß ich leider nicht.

Zumindest gab das ZDF bekannt, ihre Rolle nicht ersetzen zu wollen. Wieso haben Sie denn den Schritt von «Helen Dorn» zum «Polizeiruf» gemacht?
Es war einfach eine sehr interessante Aufgabe, die mir beim «Polizeiruf» angeboten wurde. Die habe ich sehr gerne angenommen. Für mich war auch die Möglichkeit entscheidend, mit Claudia Michelsen zusammenzuarbeiten und mit ihr eine Partnerin zu finden, mit der man ein sehr spannendes Paar bilden kann.

Sie spielen zwar vorrangig in deutschen Produktionen mit, wurden jedoch zuletzt auch für das mehrfach oscar-prämierte «Grand Budapest Hotel» als Gefängniswärter gecastet. Davor wirkten Sie auch in «Die Bücherdiebin» mit Geoffrey Rush mit. Wie waren Ihre Erfahrungen als Teil von solch großen und internationalen Kino-Produktionen, auch im Vergleich zu eher kleineren deutschen Serien und Filmen?
Sie arbeiten in einer vielfach größeren Industrie mit vielfach größeren Gagen. Die Arbeit und der Umgang miteinander sind davon aber unberührt.
Matthias Matschke über die Zusammenarbeit mit internationalen Stars
Bei Wes Anderson habe ich mich sozusagen selbst reingecastet. Ich habe gehört, dass er in Europa dreht und habe dann ein paar Telefonate gemacht. Dabei habe ich Simone Bär als Casterin für den Film gefunden, die auch «Die Bücherdiebin» besetzt hat. Für diese kleine Rolle des Gefängniswärters musste ich dann noch ein Bewerbungsvideo drehen, was ich von Herzen gerne gemacht habe, weil ich unbedingt bei Wes Anderson mitspielen wollte und mir egal war, wie groß die Rolle ist. Diese Erfahrung war fantastisch.

Auch mit allen Kollegen bei «Die Bücherdiebin» war es wunderbar. Sie arbeiten in einer vielfach größeren Industrie mit vielfach größeren Gagen. Die Arbeit und der Umgang miteinander sind davon aber unberührt. Es ist nicht anderes, als würde man einen Kollegen hier am Set treffen, bis auf das man Englisch spricht. Ich will das gar nicht entmystifizieren. Aber letzten Endes war es schön, dass es einfach und in gewisser Weise unheilig war. Man arbeitete zum einen sehr professionell, zum anderen aber sehr zugewandt. Geoffrey Rush wollte alles über meine Theaterengagements wissen, wo und wie ich spiele und warum überhaupt. Er war sehr interessiert und involviert, das war eine tolle Sache. Zurückzukommen zu deutschen Produktionen war keine große Umstellung.

Mit Wes Anderson war es auch Wahnsinn, vor allem weil er ebenfalls so zugewandt war. Meine Rolle ist klein, ich wollte einfach nur teilnehmen. Als wir bei dann bei der Berlinale Premiere hatten, kam er noch einmal auf mich zu und hat mich mit Namen begrüßt. Das hat mir gefallen, weil es mir zeigte, dass er auch in den kleineren Rollen weiß, was er möchte: Unabhängig der Größe, gehört sie auch in diese Mini-Welt Wes Andersons.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, ob ihm internationale Produktionen Vorteile bieten, wie wichtig ihm Humor in seinen Projekten ist und was er über die Zukunft von «Pastewka» weiß.

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