Die „irgendwann im 20. Jahrhundert“ geborene Deutsch-Perserin Enissa Amani gehört spätestens seit diesem Jahr zu den ganz Großen der deutschen Comedy-Szene. Und das nicht nur deshalb, weil sie erst 2015 mit dem Deutschen Comedy Preis als beste Newcomerin ausgezeichnet wurde. Seit 2013 ist die seit 2006 in Köln lebende Komikerin mit Ausschnitten aus ihrem Stand-Up-Programm „Zwischen Chanel und Che Guevara“ in den Comedy-Shows Deutschlands unterwegs, die ihr eine massiv wachsende Fangemeinde einbringen. Um das zu erkennen, genügt ein Blick auf die aktuellen Tour-Termine. Wer für dieses Jahr noch eine Karte für eine ihre deutschlandweit stattfindenden Shows ergattern möchte, guckt in die Röhre. Bis 2016 sind sämtliche ihrer Shows ausverkauft und auch im kommenden Jahr sind für viele Termine nur noch Restposten verfügbar. Doch woher kommt der Hype um die Jura-Studienabbrecherin und Tochter eines politisch verfolgten Literaten und einer Ärztin, die 1985 gezwungen war, gemeinsam mit ihren Eltern aus dem Iran nach Deutschland zu fliehen?
Gerade im Angesicht der angespannten politischen Lage in den vergangenen Monaten wirkt die Vita von Enissa Amani wie das Vorzeigebeispiel politischer Integration. Grund genug, die Komikerin nicht bloß in klassischen Comedyshows auftreten zu lassen, sondern auch in Satiresendungen des Öffentlich Rechtlichen Fernsehens sowie Talkshows wie etwa «Markus Lanz». Amani etablierte sich gerade durch ihren Auftritt in letzterer Sendung als souveräner Gesprächspartner in Bezug auf die Flüchtlingskrise und ließ neben sich so manch einen Spezialisten auf diesem thematischen Fachgebiet alt aussehen. Mit simplen Worten wie „Wenn jemand Hilfe braucht, dann muss man ihm helfen!“ versucht sie vehement, aber ohne den belehrenden Zeigefinger zu gebrauchen an die Hilfsbereitschaft solcher Menschen zu appellieren, die sich vielleicht schon längst der PEGIDA-Bewegung und ähnlich umstrittenen Gruppierungen angeschlossen haben. Dabei klärt sie auf, weshalb die Distanzierung der Muslime von der ISIS eine Sache ist, die nicht gefordert, sondern für selbstverständlich gehalten werden sollte, sie erzählt von Begegnungen mit rechtem Gedankengut und trotz dieser grundernsten Diskussionsgrundlage besinnt sie sich stets auf ihr Dasein als Unterhaltungskünstlerin.
Es ist exakt diese Mischung, mit der es Enissa Amani gerade in diesem Jahr gelang, ihren Status als Komikerin ebenso zu festigen, wie die Schlagzahl an Auftritten auch abseits der ganz großen Bühne zu erhöhen. Zu ihren größten Fans in der Branche gehören unter anderem Dieter Nuhr und Atze Schröder, mit Letzterem moderierte sie erst vor wenigen Wochen erstmals in der Primetime und führte durch die im Rahmen des RTL Spendenmarathons stattfindende «Comedy-Gala». Dass Enissa Amani nicht bloß ihre Kollegen, sondern auch die gerade jetzt heranwachsende Generation sukzessive für sich gewinnt, findet sich vermutlich gerade darin wieder, dass die Komikerin in ihren Nummern und Auftritten ein breit gefächertes Themenspektrum zu bedienen weiß. Während sie in Kabarett-Sendungen wie dem «Satire Gipfel» oder «Nuhr ab 18» über die politische Lage fachsimpeln kann, ist sie sich – wie sollte es bei ihrem Programmtitel anders sein – ihrer eigenen Attitüde bewusst. Sie kokettiert mit ihrem Tussi-Image, erzählt vom hohen Stellenwert von Schminke, Designerhandtaschen und verschweigt auf Nachfrage auch ihre Teilnahme an dem einen oder anderen Schönheitswettbewerb (Stichwort: Vize-Miss Westdeutschland) nicht. Da passt es dann auch wie die Fast aufs Auge, dass die schöne Comedianne in diesem Jahr bei «Let’s Dance» teilnahm und hier das Halbfinale erreichte.
Am meisten zu Enissa Amanis steigendem Bekanntheitsgrad beigetragen, haben vermutlich ihre regelmäßigen Auftritte bei «TV Total». Die im Nachhinein bei YouTube hochgeladenen Stand-Up-Nummern wie „reimende Nazis“ oder „Nasen-OP“ gehören zu den meistgeklickten Comedy-Clips der deutschen Komiker-Szene und gehören gerade für die jüngeren Zuschauer zu so etwas wie televisionärer Allgemeinbildung. Auch bei der SWR-Show «StandUpMigranten» gehört Amani zu den gern gesehenen Gästen. Da wundert es kaum, dass die Komikerin als eine der großen Anwärterinnen auf die Nachfolge von Stefan Raabs Late-Night-Show gehandelt wurde, doch mehr als Spekulationen gibt es um dieses Gerücht bislang nicht. Sollten sich jene irgendwann verdichten, so sind wir die Ersten, die es dem vielseitigen Tausendsassa gönnen würden. Dieses helle Köpfchen gehört sowohl auf die große Bühne als auch ins Fernsehen – wir wünschen uns noch viele weitere Jahre mit Enissa Amani auf der Mattscheibe.