Cast & Crew:
Vor der Kamera:Andrea Sawatzki, Axel Milberg, Christine Schorn, Günther Maria Halmer, Eva Löbau, Stephan Grossmann, Judy Winter, Uwe Ochsenknecht, Amber Marie Bongard, Claudio Schulte u.m.
Hinter der Kamera:
Regie: Vivian Naefe; Drehbuch: Mathias Klaschka; Kamera: Peter Döttling; Musik: Martin Probst; Szenenbild: Patrick Steve Müller; Redakteur: Gabriele Heuser; Schnitt: Robert Rzesacz; Produktionsforma: Ziegler Film
Gundula (Sawatzki) möchte endlich ein rundum gelungenes Weihnachtsfest verbringen. Schon in den Vorbereitungen hat die Familienmutter damit aber größte Schwierigkeiten, denn ihr gemütlicher Mann Gerald (Axel Millberg) entpuppt sich nicht gerade als große Hilfe. Nachdem Weihnachtsbaum und Bio-Ente in aller Hektik eingekauft werden, steht auch schon die Verwandtschaft vor der Tür, die die Gesamtsituation nicht gerade erleichtert. Gundulas Bruder Hans-Dieter (Stephan Grossmann) und seine Frau Rose (Eva Löbau) bringen das Ehepaar schon früh auf die Palme, während Gundulas Mutter Ilse (Christine Schorn) um keine Kritik verlegen ist und Vater Edgar aufgrund seiner Alzheimer-Erkrankung für weitere Komplikationen sorgt. Geralds partywütige Mutter Susanne (Judy Winter) kommt wie immer kurz vor knapp, die mürrische Teenager-Tochter Ricarda (Amber Marie Bongard) würde am liebsten gar nicht am leider überhaupt nicht besinnlichen Fest teilnehmen. Es kommt, wie es kommen muss: Der Abend endet im Chaos, dabei sehnt sich Gundula nur nach Perfektion, wie sie bei Herrn Mussorksi (Uwe Ochsenknecht) auf der anderen Straßenseite zu finden scheint…
Die Idee, der in der Katastrophe endenden Familien-Reunion an Weihnachten ist ein beliebtes Motiv in Weihnachtsfilmen, fast schon zu oft bemüht. Schon aufgrund dieser häufig bedienten Prämisse muss ein Film dieser Art also das gewisse Etwas mitbringen. «Tief durchatmen, die Familie kommt» will dieses Ziel scheinbar erreichen, indem man in jeden Charakter noch mehr hineinpackt, als anderswo. Statt zu echten, greifbaren Figuren, führt diese Taktik jedoch zu nicht viel mehr als Stereotypen - zu Schablonen, die nicht den tieferen Grundgedanken einer klassischen Weihnachtsgeschichte vorantreiben, sondern nur für die größtmögliche Anzahl an Pointen sorgen sollen.
Angefangen mit Hauptfigur Gundula, einer etwas verbissenen, nach Perfektion strebenden Familienmutter, die die Charakterschwächen ihrer Mitmenschen zur Weißglut treiben und ihrem Mann Gerald, einem Vollblutspießer und Finanzbeamten, der sich im Weihnachtsstress mit seinen geliebten Schlagern lieber dem Eskapismus verschreibt als ein offenes Ohr für seine Ehefrau zu haben. Neben dem klassisch entfremdeten Paar, das schon seit Jahren das Ehebett nur zum Schlafen und Lesen nutzt, treten Bruder Hans-Dieter, sensibler Autor eines Selbsthilfebuchs, und Frau Rose auf, die in breitem badischem Dialekt, neben ihrem gluten- und laktoseintoleranten Mann die Rolle der religiösen Traditionalistin einnimmt. Ein gefundenes Fressen für die scharfzüngige Oma Ilse, die an jedem der Beteiligten etwas auszusetzen hat, vor allem an ihrem dementen Mann Edgar, der aufgrund seiner Erkrankung für die fehlende Portion Slapstick sorgt. Kommen dann noch die trinkfeste Schwiegermutter Susanne dazu, die Sohn Gerald unter ihrer vollen Kontrolle hat und sich nicht scheut vor allen Beteiligten Tipps für ein besseres Sexualleben zu erteilen sowie die pubertierende und daueraugenrollende Teenie-Tochter, sind alle Klischees bedient. Schließlich werfen alle Charaktere ihre Ideale über Bord oder lassen ihre mühevoll aufgebaute Fassade im Weihnachtstrubel fallen.
Das sorgt für einige Schmunzler, so richtig witzig wird es allerdings nie. Auch weil man die Eigenarten der bereits sehr extremen Charaktere an verschiedenen Stellen überhöht, ohne dass es der für in Weihnachtsfilmen üblichen Schlussmoral etwas nützt, vielleicht sogar noch eher davon ablenkt: „In jeder noch so tiefen Dunkelheit, gibt es ein kleines Licht. Man muss sich nur trauen, nach dem Schalter zu suchen“, lautet das letzte Fazit aus Gundulas Gedankenwelt. Das klingt etwas kitschig, ist es auch. Allerdings erwartet man sich von einem Weihnachtsfilm auch nichts anderes. Und es würde den Zuschauer gar nicht stören, hätte man die Geschichte vorher weniger auf Pointen ausgelegt und mehr auf das große Ganze. So versandet beispielsweise auch der plötzlich sehr ernste Gefühlsausbruch Ilses, in dem sie Tochter Gundula eröffnet, wie schwer es ist, mit der Erkrankung von Vater Edgar zu leben – ein Thema, das der Komödie einen Mehrwert gegeben hätte.
Es fehlt letztlich auch an Charakteren mit denen man sich identifizieren kann, spätestens wenn klar wird, dass Gundula zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist, um die Schuld nicht nur bei den Verwandten, sondern auch bei sich zu suchen. Das nimmt dieser ZDF-Weihnachtsgeschichte seine Kraft, obwohl die Schauspieler in ihren überzeichneten Figuren allesamt einen tollen Job machen und man merkt, dass es den Darstellern gerade in solchen Extremen sehr viel Spaß macht, sich auszutoben. Besonders sehenswert, weil sehr nuanciert, spielt Axel Millberg als betont gemütlicher Ehemann Gerald, der mit allen Mitteln versucht, sich den Weihnachtsstress vom Leib zu halten, dabei aber nicht weniger prätentiös wirkt als alle andere Beteiligten, die gegenüber ihren Verwandten versuchen, ein bestmögliches Bild von sich abzugeben.
Entscheidet man sich in der Weihnachtszeit für «Tief durchatmen, die Familie kommt», darf man nicht mit der Erwartungshaltung an die Romanadaption herantreten, dass man auf der moralischen oder der emotionalen Ebene vom 90-Minüter bereichert wird. Ist man darauf aus, einen gemütlichen Fernsehabend zu verbringen, in dessen Zuge man sich über die Geschehnisse auf dem Fernsehbildschirm nicht den Kopf zerbrechen muss, könnte sich der ZDF-Film trotzdem lohnen, auch weil zumindest die Darstellerriege das kleine Licht in der dramaturgischen Dunkelheit darstellt.
Das ZDF zeigt «Tief durchatmen, die Familie kommt» erstmals am Montag, dem 21.Dezember, um 20.15 Uhr.