Dennoch sollte gerade bei den Öffentlich-Rechtlichen die Quote nicht das einzig maßgebliche Kriterium sein.
Richtig, dann dürfte das ZDF auch keine Kulturfilme mehr zeigen – auch für Niveau und Anspruch muss Raum sein. Der Wert solcher Programme kann und darf nicht alleine über die Quote gemessen werden. Aber «Das Traumschiff» ist 35 Jahre immer oben dabei gewesen, wird sich der Zeit immer ein wenig anpassen und uns meiner Meinung nach noch eine ganze Weile erhalten bleiben. Ein Urgestein, das zu Deutschland gehört, wie der Herr Kaiser damals.
Gut, dass Sie es selber ansprechen. Dann muss ich damit nicht so verschämt um die Ecke kommen.
Kein Problem, ich stehe da voll zu. Herr Kaiser hat aus ähnlichen Gründen funktioniert: Er war immer der nette, hilfsbereite, informierte und kompetente Mann, der dafür gesorgt hat, dass die Menschen sicher durchs Leben gehen. Einige können das heute ganz bestimmt sehr kompetent online regeln, aber für andere ist es eben auch heute noch kompliziert. Da suchst und brauchst du vor Ort jemanden, der dir sagt, was du tun sollst, der für dich da ist, wenn´s brennt und sogar noch beim Kindergeburtstag vorbeikommt – das war das Prinzip Kaiser. Doch das hat die modern denkende Welt leider kaputt gemacht. Da wird immer weiter rationalisiert, um noch den letzten Cent in der Bilanz auszuweisen. Das ist eine verrückte Welt. Immer wieder werden hart arbeitende Menschen nach zwanzig Jahren aus niederen Beweggründen auf die Straße gesetzt – von Menschen, die nichts anderes kennen, als links zu überholen und ohne Rücksicht auf Schicksale ihr Ding zu machen.
Dabei wären solche integren Identifikationsfiguren heute mehr denn je wichtig.
Absolut. Wir wurden um die Figur Kaiser damals wie heute beneidet – jeder kannte ihn. Das galt auch für Clementine oder den Melitta-Mann.
Für mich war Herr Kaiser immer eine Art Inspektor Derrick der Versicherungsmakler. Ruhig, vertrauenswürdig, verlässlich und bodenständig. Dinge, die immer mehr an Bedeutung verlieren.
Der Casting Call für die Neubesetzung der Rolle war damals „den James Bond der Versicherung“ zu finden – Ich erinnere mich noch, wie meine Nichten auf meinen Besuch beim Casting reagiert haben. Hätten wir die Rolle damals nicht so modernisiert, hätten sie mich wohl später nicht mehr gekannt. (lacht)
Für Sie ist die Rolle Kaiser also bis heute eindeutig positiv belegt?
Bis heute bekomme ich immer noch Mails und Reaktionen dazu, werde in Restaurants angesprochen. Und das ist für mich immer positiv gewesen.
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Schauspieler sein ist ein Roulettespiel, bei dem es in einem Moment nach oben gehen kann, aber genauso schnell auch wieder nach unten.
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Nick Wilder
Immer noch aktiv und gerne. Wenn Schauspielerwechsel bei Traumschiff-Drehs anstehen, stehe ich wie Bob Dylan mit Ukulele und Mundharmonika dabei und spiele „Auf Wiedersehn, auf Wiedersehn“ oder „Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus“. Das ist natürlich absolut das Klischee des Traumschiffs und ur-kitschig. Aber jeder Darsteller hat eine Träne im Auge – ich mach das immer gerne, weil sich jeder freut und etwas davon für sich mitnimmt.
Aber bei Jimi Hendrix waren Sie 1970 nicht dabei, als er kurz vor seinem Tod sein letztes Konzert ausgerechnet in ihrer Heimat auf Fehmarn gespielt hat, oder?
Doch, da war ich dabei und ich erinnere mich noch gut. Er spielte damals unter einem riesigen Feuerbogen ein Gitarrensolo mit der Zunge. Durch den Regen hat er einen Schlag bekommen und ist richtig in die Knie gegangen. Sensationell. Rocker aus ganz Schleswig-Holstein waren dabei.
Klingt ziemlich filmreif. Was viele hier zu Lande glaube ich gar nicht präsent haben, sind ihre Rollen in US-Produktionen wie «Stargate» oder «Die Bourne-Verschwörung». Haben Sie da noch weitere Ambitionen?
Ich werde das wieder mehr verfolgen. «Stargate» von Roland Emmerich war damals eine Art Sprungbrett, weil ich es später immer vorweisen konnte. Ich habe viele Kollegen wieder gehen sehen, obwohl das Talent vorhanden war – doch hatten diese einfach nicht das Glück, ihren Moment und diese Initialzündung zu bekommen. Manche schämen sich auch, dass sie mit Soaps angefangen haben, wobei ich das für eine tolle Erfahrung halte. Es gibt keine kleinen Rollen, es ist immer die Frage was man daraus macht und davon mitnimmt. Man muss nur mal Brad Pitt fragen. Jeder Schauspieler muss seine Miete zahlen und ob man Werbung macht oder Soap – jeder muss seine Nische und seinen Weg finden. In den USA kommt man per eCasting auch mal an etwas andere Rollen: So habe ich zum Beispiel damals die Rolle eines russischen Terroristen in der CBS-Serie «Soldier of Fortune, Inc» gespielt. Da war ich so in der Rolle drin, dass keiner mittags mit mir essen wollte, weil die mich auch außerhalb des Drehs nicht mochten. In Deutschland ist das schwieriger. Da wird man dann eher nach Popularität oder Schublade gecastet und landet dann eher ähnliche Rollen.
Herr Waltz hat es ja vorgemacht. Vielleicht dann irgendwann Nick Wilder als Antagonist im neusten Bond?
(lacht) Jeder Schauspieler hat Träume, aber das ist sicher zu hoch gegriffen. Schauspieler sein ist ein Roulettespiel, bei dem es in einem Moment nach oben gehen kann, aber genauso schnell auch wieder nach unten.
Sie haben also kein Problem damit, in Deutschland eher mit leichteren Stoffen assoziiert zu werden?
Nein, das ist wunderbar. Egal ob du etwas Leichtes oder Schweres spielst, du musst etwas Schönes daraus machen. Den Charakter so ehrlich und authentisch rüberbringen, dass der Zuschauer Freude dran hat.
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Egal ob du etwas Leichtes oder Schweres spielst, du musst etwas Schönes daraus machen.
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Nick Wilder über die Schauspielerei
Ich hatte früher auf Fehmarn meine Band und habe mich auf der Bühne immer wohlgefühlt. Durch Studium und das Surfen ging es dann aber immer mal hier lang und mal da lang bis ich schließlich meinen Laden in Florida hatte – aber mit 38 dachte ich, jetzt wird’s ein wenig langweilig. Ich erinnerte mich an meinen Traum, Schauspieler oder Regisseur zu werden. Also bin ich nach Los Angeles gegangen und habe mir sieben Jahre Zeit gegeben. Das war natürlich nicht immer rosig, ich musste alle möglichen Jobs machen um zu überleben, aber am Ende war es das Richtige. Vielleicht hatte ich auch einfach Glück.
Sie haben den Entschluss nie bereut?
Nein auf keinen Fall. Sicher habe ich auch Lehrgeld bezahlt, aber am Ende nichts bereut. Man trifft einfach nicht immer im Leben sofort die richtige Entscheidung. Ein guter Tipp, wenn jemand nicht weiß, was er mit sich anfangen will ist: Nimm dir vier leere Blätter und schreibe deine vier besten Ideen darauf. Dann formuliere alle aus, schreibe auf, was du tun würdest, wenn es damit jetzt losgehe würde, was machst du als erstes, was machst du morgen, nächste Woche, in einem Monat und so weiter. Und du wirst sehen, bei einer Sache reicht ein Blatt niemals aus weil deine Phantasie so beflügelt ist und du immer weiter eintauchst und dir mehr dazu einfällt, während die anderen Blätter eher ärmlich beschrieben sind. Und das ist es dann, daran hängt dein Herz und das wird für dich niemals Arbeit sein, weil die Leidenschaft dahintersteht und es dir immer Freude gibt und macht.
Schaut der Privatmann Nick Wilder eigentlich selber gerne fern?
Wenig aber ausgewählt. Gerne Serien über Netflix. Zum Beispiel zuletzt die grandiose dänische Serie «Dicte». Die Dänen machen tolle Sachen, bei sowas würde ich gerne mal dabei sein. Aber auch «Bloodline» und «Sense8» haben sich absolut gelohnt. Tolle Bilder, abgefahrene Story.
Wovon lassen sie die Finger?
Realityformate, wo Menschen sich für wenig Geld um den Verstand reden um die Zeit des Senders auszufüllen. Mit solchen Formaten werden die Fernsehzuschauer nur abgespeist. Billig und mit wenig Einsatz produziert, hoher Profit für die Produktionsfirmen – und leider wird es trotzdem geschaut.
Dahinter steht dann aber auch wieder der „Mechanismus Einschaltquote“ – besonders bei den Privaten.
Absolut – aber jeder muss selber den Knopf bedienen und entscheiden wie er seine Zeit verbringt.
Ein schönes Schlusswort. Vielen Dank für das unterhaltsame Gespräch, Herr Wilder!