Die Kritiker

«München Mord - Kein Mensch, kein Problem»

von

In ihrem dritten Fall müssen die Ermittler ohne direktes Mitwirken ihrer Erfinder auskommen. Bleibt die hohe Qualität der Vorgänger-Ausgaben dennoch erhalten?

Cast & Crew

  • Darsteller: Bernadette Heerwagen, Marcus Mittermeier, Alexander Held, Marion Mitterhammer, Christoph Süß, Denis Moschitto u.a.
  • Buch: Kai-Uwe Hasenheit
  • Konzept der Reihe: Alexander Adolph, Eva Wehrum
  • Kamera: Markus Schott
  • Produzenten: Sven Burgemeister, Andreas Schneppe
  • Produktion: TV60 Film
Der dritte Teil der 2014 neu gestarteten ZDF-Samstagskrimireihe «München Mord» ist ein Wichtiger. Das ist für gewöhnlich ein bisschen sonderbar, legt man als TV-Beobachter doch meist eher den Fokus auf die Premierenfolge und dann noch auf den Nachfolger. Bei «München Mord» nun ganz genau hinzuschauen, liegt auch gar nicht an der ZDF-Krimiserie mit Bernadette Heerwagen, Marcus Mittermeier und Alexander Held selbst. Es liegt viel mehr an der Politik des Mainzer Senders und der Entwicklung der anderen „neuen ZDF-Krimis“. Auch die ebenfalls 2014 angelaufenen Reihen «Helen Dorn» und «Kommissarin Heller» durften zu Beginn nämlich ihre ungewöhnlichen Momente haben. Beide sind derzeit auf dem Weg in die Dutzendware.

Der letzte «Dorn» namens „Der Pakt“ langweilte mit einem (solide produzierten) 0815-Fall - «Kommissarin Heller» war schon mit ihrem „Schattenriss“ im vergangenen November auf dem Weg zum Gewöhnlichen und ging diesen auch vor wenigen Tagen mit der Episode „Hitzschlag“ weiter. Beide Formate stehen nun vor einer Neuausrichtung, weil die je wichtigste männliche Nebenrolle (Matthias Matschke und Hans-Jochen Wagner) vom «Tatort» abgeworben wurde und somit aussteigt. Das weckt Befürchtungen, dass das Niveau der Reihen weiter sinken könnte. Alternativ wäre die Cast-Veränderung freilich auch als Chance zu verstehen, doch wurden ja schon andere Chancen in den vergangenen Monaten beim ZDF nicht in dem Sinne genutzt, dass sich Samstags-Krimis sonderlich viel trauten.

Entsprechend war die Ausgangslage für den dritten «München Mord» durchaus spannend. Besonders deshalb, weil es der erste Film ohne die beiden Erfinder des Formats, Alexander Adolph und Eva Wehrum, ist. Stattdessen sorgen nun die Produzenten der TV60Film, Sven Burgemeister und Andreas Schneppe, für Kontinuität. Um es vorweg zu nehmen: «München Mord» schafft es – anders als die Fälle mit den Ermittlerinnen Dorn und Heller –, das starke Niveau des Auftaktes zu halten. Das wird schon recht schnell im Film klar, als die Polizisten erstmals in Szene treten. Sie sind immer noch im Keller des Polizeigebäudes einquartiert – und immer noch heißt es, diese Maßnahme sei vorrübergehend, was der abermals großartig spielende Alexander Held in seiner Rolle als urkomischer Ludwig Schaller prompt mit einem kecken „Seit wann?“ kommentiert. Die Punch-Line sitzt, übrigens auch schon kurz zuvor, als die Unterhaltung mit der Feststellung beginnt, dass Zeitung, Fernsehen und Internet spektakuläre Fälle brauchen würden, nicht aber die Ermittler.

Dabei hat es der Fall der Woche auch diesmal in sich. Ein Toter wird in einem Hotelzimmer gefunden. Während der Dienststellenleiter auf einen Sexunfall tippt, sind sich die drei Hauptfiguren sicher: Mord muss es gewesen sein. Die Ermittlungen führen sie im Laufe des Films in die bayerische Politik – wo ihre Fragen weder gern gesehen noch gern gehört sind. Und sogar ihr eigener Chef Helmut Zangel (Christoph Süß) äußert sein Missfallen über den Verlauf der Ermittlungen. Er fürchtet mehr und mehr um seinen eigenen Stand bei der Polizei, denn Flierl, Neuhauser und Schaller wollen einfach nicht lockerlassen.

Der Film versucht sich dabei durchaus an einem (immer augenzwinkernden) Statement in Richtung der Politik. Die bayerische Staatskanzlei nämlich hat Gäste einer (fiktiven) Diktatur, die irgendwo in der ehemaligen Sowjetunion liegt und verfolgt ganz eigene Ziele, in die Ermittlungen der Polizei nun einmal so rein gar nicht passen wollen. Freilich es ist schon ein mit dem Holzhammer vorgetragenes Bild. Aber eben auch eins, das durch die absolute Überspitzung lebt: Da sind die drei trotteligen Polizisten, die aus ihrem Keller heraus ermitteln und plötzlich entgegen der politischen Führung agieren.

«München Mord» lebt zudem vom insgesamt stimmigen und starken Ermittler-Trio, in diesem Bund aber ganz besonders von Kommissar Schaller, der auch diesmal wieder genüsslich seine Wurst abpellen darf und dies mit genüsslichem Grummeln begleitet. An der ein oder anderen Stelle wird Vorsicht geboten sein – schon jetzt sind die Schreiber an der Grenze des Guten gewesen; etwa als er bei einem schief gegangenen Einsatz fast durchdreht und in Folge dessen rund 40 Minuten lang mit Augenklappe durch den Film läuft. Die wird dieses Mal noch zum echten Clou, weitere Überspitzungen könnten irgendwann aber der Glaubwürdigkeit schaden.

Unter dem Strich aber darf aufgeatmet werden: Nein, «München Mord» musste nicht Stangenware werden und hebt sich somit als nahezu einziger ZDF-Samstagskrimi inhaltlich noch deutlich ab. Und genau diesen Weg sollte man – mit aller gebotenen Vorsicht, es nicht zu wild zu treiben – auch weitergehen. Dem ZDF sei sogar gesagt, dass einigen anderen Reihen, unter anderem den Neueren, ein Stück von dem Mut des Münchner Trios ziemlich gut tun würde. «Kommissarin Heller» mit Augenklappe hätte was.

Die Folge "Kein Mensch, kein Mord" von «München Mord» läuft am Samstag, 30. Januar, um 20.15 Uhr im ZDF.

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