Steckbrief

Bezüglich ‚Meinungsbeeinflussung’ umstrittene Medienkonglomerate konnten sich nach diesem mit staatlichem Segen vertikal organisieren: Produktion, Distribution und Programmvertrieb sowie Networks und Kabelsender wurden unter einem Dach vereint. Ein Beispiel hierfür wäre die Gründung des gigantischen Medienimperiums Viacom, bei dem sich ab 2004 - unter den wachsamen Augen von Firmengründer Sumner Redstone - Leslie Moonves und der MTV Networks-Präsident Tom Freston die Herrschaft teilten. Als die gewünschten Synergie-Effekte ausblieben und die ersten Beschwerden von der Wall Street eintrafen, teilte Redstone Anfang 2005 sein Unternehmen in zwei Hälften auf. Leslie Moonves übernahm die Funktion des Präsidenten und CEO der CBS Corporation, zu der neben dem Network CBS und dessen eigenen (O&O's, „owned & operated“) Stationen auch das Fernsehstudio CBS Paramount Television, der vormals unabhängige Syndication-Gigant King World, der Pay-TV-Sender Showtime, der Verlag Simon & Schuster, die Paramount-Freizeitparks sowie noch eine Reihe weiterer Firmen gehören. Außerdem gründeten die Produktionsstudios ihre eigenen Sender, wie im Fall von The WB und UPN, um Abspielstationen für ihre Programmware zu haben. Unter der Mitwirkung von CBS Corporation-Chef Moonves fusionierten die beiden kleinen Networks WB und UPN danach zum neuen Sender CW.
Die Networks konnten so viele Eigenproduktionen ausstrahlen, wie sie wollten und auch mit den lukrativen Einnahmen von den Syndication-Deals rechnen.
1995 besaßen die Networks 40 % ihrer Programme; im Jahre 2000 besaß CBS 68% seines Primetimeprogramms, FOX sogar 71% und NBC 75%. In der Season 2000-2001 hatte Viacom 28 Formate in Ausstrahlung, 15 davon auf CBS; 20th Century-Fox hatte 18 und 10 davon auf FOX; Warner Bros. 18, 7 davon auf WB; und Disney 9, von denen 5 auf ABC ausgestrahlt wurden.

FOX verkaufte 1999 Steven Bochcos «NYPD Blue» an den eigenen Kabelsender, ohne sich andere Angebote auch nur anzusehen. So verklagte der Schöpfer der Serie FOX auf 15 Millionen Dollar. David Duchovny verklagte Fox auf 25 Millionen wegen „self-dealing“, dem Verkauf der Ausstrahlungsrechte von «The X Files»-Wiederholungen an FX zum Discountpreis. Aber einer der wichtigsten Gründe, warum die Networks gerne Produkte der Konkurrenz kaufen, ist die finanzielle Kaufkraft. Die 13 Millionen, die das wegen der wachsenden Konkurrenz panisch gewordene NBC an Warner Bros. für eine Folge «ER» hinblätterte, überstiegen alles, was das konzerneigene Network je bezahlt hätte. Außerdem wurde schon die Tatsache erwähnt, dass sich die Networks, genauso wie die Pay-TV-Sender und die Kabelanbieter, immer öfter an bestimmte Zielgruppen wandten; damit stellte sich unweigerlich die Frage, wie viele Eigenproduktionen zu der Ausrichtung des jeweiligen Networks passten. Wenn die Zielgruppe eines Networks zum Beispiel männliche Zuschauer zwischen 18 und 49 Jahren sind und das eigene Studio nur eine passende Serie für die Saison in Produktion hat, dann muss man bei der Konkurrenz einkaufen.
Die vertikale Strukturierung führte dazu, dass jedes Unternehmen ein Hollywood-Major mit all seinen Ressourcen als Kern für seine TV-Produktion bekam – so wurden die Networks „studio-based“. Das ist insoweit wichtig, als sich damit eine Veränderung in der Denkweise über Budgets und Aufwand für TV-Serien abzeichnete. Man durfte sich im harten Konkurrenzkampf keine Nachlässigkeiten mehr erlauben, was die Qualität der Produkte betraf. Die Produktion von TV-Serien verlagerte sich fast zu 100 Prozent in die Hollywood Studios und ihre Tochterunternehmen - somit konnte man es sich leisten, die production values zu erhöhen. So bekam das Fernsehbild eine neue ästhetische Qualität im audiovisuellen Bereich, die der audiovisuellen Ästhetik des Kinos sehr nahe kommt. Wegen der vertikalen Strukturierung der Konzerne und des Zusammenlegens von Produktion, Distribution und Programmvertrieb, von Networks, Pay-TV und Kabelsendern ergaben sich überdies mehrere Möglichkeiten der Refinanzierung.
Dazu kommt das wachsende Interesse an US-Serien im Ausland und dadurch die immer weiter steigenden Lizenzpreise. Eine Tatsache, die Budgets wie die zwölf Millionen Dollar für die Pilotepisode von «Lost» erklärt.

Wir kommen zur dritten Phase der Entwicklung von Quality Television - mehr dazu auf der nächsten Seite.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel