Hingeschaut

Das neue «In the Box» und die Krux mit den geraden Zahlen

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Vier Folgen sind gelaufen – und die Episoden mit Smudo, Sido, Palina und Michi Beck unterlagen aus qualitativer Sicht doch ziemlichen Schwankungen.

Olli Schulz‘ ProSieben-Show «Schulz in the Box» erfreute sich unter den Zuschauern grundsätzlich gesehen einer gewissen Beliebtheit. Nun war das Format – wie vor allem die Quoten 2015 zeigten – nicht unbedingt etwas für den Mainstream, aber eine treue Fanbase konnte die Produktion stets vorweisen. Der Schock bei der produzierenden Firma Endemol dürfte 2015 also groß gewesen sein, als Schulz bekanntgab, sich wieder mehr auf seine musikalische Karriere konzentrieren zu wollen und weitere Folgen von «In the Box» absagte. Doch ein gutes Konzept bleibt eben ein gutes Konzept, auch ohne den Protagonisten. Daher entschied man sich bei ProSieben einfach verschiedene Prominente den Job von Olli Schulz machen zu lassen – es entstand die Idee der Nachfolgersendung «In the Box».

Die Grenze als Unterhaltung


Die Devise der „neuen“ Sendung dürfte wohl in erster Linie die Abschreckung gewesen sein. Anders kann man sich nicht erklären, warum Smudo beispielsweise auf einem Fischkutter arbeiten musste. Der Wahlhamburger gibt nämlich gerne zu, mit Fischen nicht viel zu tun zu haben. Im Gegenteil. Smudo erklärt sogar gerne, Fisch als Nahrung nicht sonderlich zu mögen. Ebenso verhält es sich mit Pazifistin Palina Rojinski, die erst einmal zur Bundeswehr gekarrt wurde. Der harte Sido rappt so viel über Tod und Ehre, aber was weiß er wirklich davon? Ein Besuch beim Leichenbestatter sollte es zeigen. Da passte es natürlich hervorragend ins Konzept, dass Lebemann Michi Beck ins Kloster geschickt wurde.

Es sind also die Grenzerfahrungen der Promis, die hier für die Unterhaltung der Zuschauer sorgen sollten. Doch kann eine Sendung, die mit der Ekel- Schmerz- und Willensgrenze seiner Protagonisten spielt, unterhalten? Um es kurz und knapp zu sagen: Sie kann. Zumindest in großen Teilen. Wenn sich Smudo in die Nordsee übergibt, Palina durch Matschwasser taucht, Sido wie ein kleines Mädchen in der Ecke steht und Michi Beck peinlichst versucht, einen Choral zu singen, dann hat das schon einen gewissen Unterhaltungswert.

Wie das Meer


Es ist natürlich klar, dass solche Sendungen nicht ohne einen gewissen Vorlauf von statten gehen. Wer also denkt, Smudo, Sido, Palina und Michi wären gänzlich ohne Vorwissen in ihr Abenteuer gestartet, beweist eine gewisse Naivität. Generell ist das auch nichts Schlimmes. Man stelle sich nur vor, die vier hätten nicht gewusst, was auf sie zukommt und einer hätte seine Sendung abgesagt. Das geht natürlich nicht. Schade nur, dass man das Skript manchmal allzu deutlich spüren konnte.

In Sachen Qualität offenbarte «In the Box» offenbarte daher eine Art Wellenbewegung. So wusste die erste Folge mit Smudo zu überzeugen. Nicht nur, weil dieser sich über die Reling übergeben musste und nach vier Tagen auf hoher See spürbare Verschleißerscheinungen zeigte, sondern weil auch der Wahnsinn des heutigen Fischfangs offenbart wurde. Smudo nennt es in dieser ersten Folge beim Namen. In Akkord Lebewesen zu töten, verlangt Einiges ab. Fernab von Komik und Flachs waren es diese Momente, welche die erste Folge so stark machten.

Ebenso verhielt es sich mit Palinas Besuch bei der Bundeswehr in der dritten Folge. Es dürfte jedem klar sein, dass bei der Bundeswehr Marsch, Biwak und Manöver natürlich nicht so schnell hintereinander folgen wie in der Episode gezeigt. Vielmehr ging es auch hier wieder darum, dem Promi möglichst viel abzuverlangen, ihn an die Grenze zu bringen. Und mal abgesehen vom Unterhaltungswert machte auch diese Folge klar: Eigentlich ist das Wahnsinn, was da passiert. Die Kritik an der Bundeswehr und ihrer Methoden folgte von Palina noch während der Sendung.

Die geraden Zahlen überzeugen nicht


Dahingegen flachten die Folgen zwei mit Sido und vier mit Michi Beck stark ab. Michi Beck hatte dabei wohl die schlimmste Karte gezogen, da sein Thema – und so viel sei an dieser Stelle erlaubt – einfach langweilig war. Es zeigte sich, dass eine Woche im Kloster eben genau das ist, wonach es klingt: Eine Woche in einem Kloster. Redeverbot vor acht Uhr, gedankenverlorenes Schmöckern in der Bibel, abends dann Choral-Übungen. Dabei verhält es sich wie beim Schach oder Golf. Es selbst zu machen, ist bestimmt eine spannende Angelegenheit, dabei zuzuschauen ist aber weniger unterhaltsam. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass ein Leben als Mönch Einiges an Willen abverlangt.

Quoten-Quickie «In the Box»

Auch aus Sicht der Quoten übrigens waren die Folgen 1 und 3 der «In the Box»-Staffel die stärksten. Sie kamen auf 9,4 und sogar 12,8 Prozent bei den Umworbenen. Die Episoden 2 und 4 hielten da mit 8,9 und 8,7 Prozent nicht ganz mit.
Tiefpunkt der jüngsten Staffel allerdings war Sidos Auftritt beim Leichenbestatter. Es gab nicht eine Szene, die dem Zuschauer wirklich bis ins Mark echt vorkam. Egal ob Sido in die Kirchenorgel haute oder die Leiche eines Verstorbenen wusch, nichts „fühlte“ sich real an. Nicht zuletzt auch deshalb, weil man sehen konnte, dass Sido nicht an eine echte Leiche gelassen wurde. Sicherlich lässt dies die deutsche Rechtsprechung auch gar nicht zu. Genau deshalb aber eignete sich das Thema nicht. An diesem Abend wurde aus dem sonst unterhaltsamen «In the Box» eine Reality-Serie der schlechteren Sorte.

Und dennoch: Die Mischung aus Reportage und Promi-Interview zeigt seine komplette Stärke, wenn in der Box Nägel mit Köpfen gemacht wird und die Stars ihre – mehr oder minder eigenen – Gedanken des Gezeigten offenbaren. Es bleibt zu hoffen, dass eine weitere Staffel folgt. Dann aber bitte mit weniger Skript und durchgehend interessanten Themen.

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