Die Kritiker

«Tatort: Kleine Prinzen»

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Oh weh. Wer nach der zurückliegenden Luzerner «Tatort»-Folge „Ihr werdet gerichtet“ dachte, dass sich die bisher ganz schön schwachbrüstigen Schweizer-Kollegen endlich gefangen haben, irrt, denn mit "Kleine Prinzen" geht’s wieder tief in den Gewölbekeller der Fernsehunterhaltung hinab…

Cast und Crew

  • Regie: Markus Welter
  • Darsteller: Stefan Gubser, Delia Mayer, Fabienne Hadorn, Jean-Pierre Cornu, Mario Furchs, Luc Feit, Urs Jucker, Flurin Gyger
  • Drehbuch: Stefan Brunner, Lorenz Langenegger
  • Kamera: Stéphane Kuthy
  • Schnitt: Cecile Welter
  • Musik: Jean-Pierre Gerth
  • Szenenbild: Su Erdt
  • Kostüm: Verena Haerdi
Ava, Schülerin eines Eliteinternats, wird nachts auf einsamer Landstraße überfahren. Doch der am Steuer eingeschlafene LKW-Fahrer hat Glück, er ist unschuldig, das vermeintliche Unfallopfer war bereits tot. Mord. Soweit, so interessant. Doch die schnell gefundene Spur führt die beiden Ermittler Flückinger und Ritschard in ein Eliteinternat und hier laufen lauter Figuren herum, die besser auf den Drehbuchseiten von Stefan Bruner und Lorenz Langenegger geblieben wären. Da hätten wir: den finsteren Sohn einer arabischen Herrscherfamilie, dessen mit Totenschädel und Grusel-Bildern ausstaffiertes Zimmer regelrecht „Killer!“ ins heimische Wohnzimmer schreit, den abenteuerlich frisierten, hyper-arroganten Dealer, den Drogenkoch mit idiotisch-pubertärer Schürze und auch die beste Freundin der Verschiedenen besticht nicht gerade durch eine allzu positive Charakterzeichnung. Natürlich passt sich da auch das Personal an. Wo die Internatsleiterin hinschaut, herrscht Dauerfrost, der Hausmeister ist ein Trottel und der attraktive Kunstlehrer hat natürlich ein Verhältnis mit einer Schutzbefohlenen.

Besonders auffällig ist aber, dass die Macher ein reichlich sonderbares Verhältnis zu jungen Menschen zu haben scheinen. Nicht nur, dass hier mit einem ganz groben Pinselstrich gearbeitet wird (auch das Mordopfer wird im Rückblick denkbar unsympathisch gezeichnet), ungefähr zur Mitte gibt es einen ziemlich irritierenden und auch reichlich peinlichen Dialog: Als die in der vergangenen Episode eingeführte Kriminaltechnikerin Corinna Haas auf dem Handy der Dahingemeuchelten eine SMS findet, auf der diese von der erwähnten Freundin wegen einer Eifersüchtelei aufs Gröbste bedroht und beschimpft wird und sich Ritschard über den derben Umgangston wundert, erwidert Haas: „Die Kids von heute sind doch so. Hey Bitch! Was willst Du Schlampe? Lass mich in Ruhe, Du F****!“, was kommentarlos im Raum stehen gelassen wird. Eine komplett weltfremde Schulmeisterei dieser Art verwundert umso mehr, weil ausgerechnet die viel ältere Haas etwas später die einzige Ausnahme in dieser Ansammlung von Teenager-Monstern, den blutjungen, einsatz- und hilfsbereiten, fast schon penetrant als vorbildlich geschilderten Praktikanten, ins Bett zieht und dieser zudem auch noch für einen billigen, mit einer Nacktszene seinerseits verbundenen, Gag herhalten darf.

Doch selbst man wenn über Fragwürdigkeiten dieser Art hinwegsieht: Der Fall ist schlichtweg dröge. Flückinger und Ritschard tappen durch viel zu oft karge und eintönige Sets und fragen sich so durch - wer letztendlich das Opfer auf dem Gewissen hat, ist angesichts der geschilderten Abneigung des Films gegen alle in Frage kommenden Personen ohnehin egal und auch mit keinerlei Überraschungseffekt verbunden. Zwischen den beiden Ermittlern passiert ebenso nicht viel: Flückingers kurz angerissenes Liebesabenteuer mit einer nicht genannten, aber prominenten und verheirateten Frau wird unmotiviert reingeklatscht und soll wohl dazu dienen eine persönlichere Dynamik zwischen den beiden Beamten (Ritschard reagiert ganz leicht eifersüchtig) zu etablieren, der Ofen bleibt aber kalt, denn die Autoren lassen die Idee genauso schnell wieder fallen, wie sie kurzerhand reingeflickt wird.

Leider bekleckert sich auch Regisseur Markus Welter nicht mit Ruhm, was doch etwas verwundert, hatte dieser unter anderem mit dem Horrorfilm «One Way Trip» bewiesen, dass er durchaus zu opulenteren Bildern fähig ist. Hier aber ist schlichte, unauffällige Routine angesagt, die einzige inszenatorische Auffälligkeit nervt: Ein Ausschnitt aus einem Amateurvideo, dass das Opfer zeigt, wird immer mal wieder unvermittelt reingewürfelt, als ob man den Zuschauer gelegentlich wieder dran erinnern will, um was es hier überhaupt geht.

Lediglich zum Finale hin dirigiert der Regisseur dann doch noch überraschend ein kleines Highlight herbei: Als der Mörder in einem Hotelzimmer seine Schandtat gesteht und erzählt was passiert ist, wird das nicht etwa in einer Rückblende abgehandelt, sondern die Geschehnisse spielen sich in einer Art Überblende im selben Raum im Hintergrund ab. Von solchen originellen Kniffen hätte man gerne mehr gesehen.

Es ist wirklich schade, dass sich die Schweizer so schwer tun, der vorherige Fall hatte bewiesen, dass so einiges möglich ist, man will nicht hoffen, dass das Sprichwort „Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn“ hier zutrifft.

Das Erste zeigt «Tatort: Kleine Prinzen» am Sonntag, 13. März – wegen einer verlängerten «Tagesschau»-Ausgabe – erst gegen 20.30 Uhr.

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