Filmfacts: «Unsere Wildnis»
- Kinostart: 10. März 2016
- Genre: Dokumentation
- FSK: 0
- Laufzeit: 97 Min.
- Kamera: Michel Benjamin, Laurent Fleutot, Eric Guichard
- Musik: Bruno Coulais
- Buch und Regie: Jacques Perrin, Jacques Cluzaud
- Sprecher: Sebastian Koch
- OT: Les Saisons (FR/DE 2015)
Als die letzte Eiszeit vor etwa 15.000 Jahren endete, kehrten auch die Jahreszeiten nach Europa zurück. Nicht länger herrschte andauernder Winter. Frühling, Sommer, Herbst hielten wieder Einzug und ausgedehnte Wälder bedeckten den ganzen Kontinent – bevölkert von zahllosen Tier- und Pflanzenarten. In faszinierenden Bildern zeigt „Unsere Wildnis“, wie sich die Natur unaufhörlich unter dem menschlichen Einfluss wandelt. Aus der Perspektive von Flora und Fauna wird uns die Schönheit und Harmonie der ursprünglichen Wildnis vor Augen geführt, die nach und nach unter der zunehmenden Einwirkung des Menschen schwindet. Die Tier- und Pflanzenwelt muss sich den ständig wechselnden Bedingungen anpassen, einheimische Tierarten wie Wildpferde, Wölfe und Bären werden verdrängt, aber die Natur findet immer wieder Wege, sich in dem neuen Lebensraum zu entfalten.
„Auch Ihr seid gefragt, damit dieser Film gesehen wird!“, ist die Antwort auf unsere Frage, als wir von Sebastian Koch wissen möchten, was er dazu sagt, dass Dokumentarfilme im nationalen wie internationalen Kino nach wie vor ein Nischendasein fristen. Es gibt Ausnahmen. Man denke nur an «Die Reise der Pinguine» oder die polarisierenden Reportagen von Michael Moore. Doch ein Großteil nonfiktionaler Kinounterhaltung schafft es aufgrund äußerst geringer Kopienanzahlen nur in wenige Kinosäle – das Untergehen in der breiten Masse ist da vorprogrammiert. Doch schon der vorab getätigte Umgang mit «Unsere Wildnis» deutet an, dass man sich für die Doku rund um die Tiere der europäischen Wälder mehr erhofft als am Ende wieder bloß eine cineastische Randnotiz zu sein. Mit Universum wählte man einen Filmverleih von großem Prestige, auch die Organisation der Pressetage und Premiere besitzt die Ausmaße einer Großproduktion. Das lässt darauf schließen, dass alle Beteiligten dieses Projekt unbedingt wollen. Und da sich dieser Eindruck nicht nur durch die gesamte PR-Arbeit, sondern auch durch den Film selbst zieht, profitiert davon vor allem einer: der Zuschauer.
- © Universum Film
Sebastian Koch: „Bei der Auswahl meiner Angebote spielen unterschiedliche Dinge eine Rolle. Im Fall von «Unsere Wildnis» war es mir wichtig, diesen beeindruckenden Film zu unterstützen. Ich finde ihn selbst äußerst beeindruckend, weshalb mir auch die Werbung für diesen Film sehr am Herzen liegt. Er ist von einer intelligenten Klarheit und hat einen wunderschönen Rhythmus. Es liegt mir sehr am Herzen, dass viele Menschen ihn sehen. Er muss einfach bekannt werden, sodass viele Leute ihn sehen.“
Eine Dokumentation im herkömmlichen, ergo: aufklärerischen Sinne, möchte «Unsere Wildnis» nicht sein. Anders als vergleichbare Tierreportagen geht es den Regisseuren nicht darum, über die Gewohnheiten der Tiere, deren Herkunft oder das Zusammenspiel zwischen Mensch und Natur zu informieren. Die Filmemacher langweilen weder mit Zahlen oder Statistiken, noch setzen sie sich von vornherein das Ziel einer Botschaft, worauf ihr Werk denn hinauslaufen soll. Stattdessen fühlt sich „Unsere Wildnis“ wie eine einzige, lange Momentaufnahme an, in denen Highlight auf Highlight folgt. Die Kameraarbeit ist phänomenal, denn Bilderkünstler Eric Guichard («Paris, je t’aime») begibt sich mit seinem Filmequipment – im wahrsten Sinne des Wortes – ganz nah ran ans Geschehen.
Die Bandbreite der gezeigten Ereignisse ist in «Unsere Wildnis» enorm. Von einer hetzerischen Wolfsjagd über eine live vor der Kamera stattfindenden Rehkitzgeburt bis hin zu kämpfenden Bären beinhaltet der Dokumentarfilm eine große Menge an Momenten, die es so, vollkommen ohne einen verklärenden Kontext, bislang noch nicht zu sehen gab. Die große Stärke an «Unsere Wildnis» ist die pure Schönheit, was sowohl auf die visuellen, als auch auf die akustischen Qualitäten zutrifft. Der Score von Bruno Coulais («Die Melodie des Meeres») verschmilzt so sehr mit den Umgebungsgeräuschen des Waldes, dass er die meiste Zeit über kaum zu hören ist und wenn doch, dann integriert er sich reibungslos in die ohnehin schon berauschende Klangkulisse. So entsteht ein Seherlebnis, das dem Zuschauer das Gefühl gibt, für eineinhalb Stunden die pure Natur genießen zu können. Sebastian Kochs vorsichtiges Voice-Over gliedert sich perfekt in die ohnehin schon perfekte Ausarbeitung sämtlicher technischer Faktoren ein.
Fazit: In betörenden Bildern entführen uns die französischen Dokumentarfilm-Pioniere Jacques Perrin und Jacques Cluzaud auf eine zeitlose Reise durch die faszinierende Schönheit der Natur. Dabei gefällt vor allem die fast vollständige Reduktion auf die Bilder sowie die Geräuschkulisse. Musik- und Off-Kommentar halten sich so sehr zurück, dass man das Gezeigte fast unverfälscht genießen kann. Damit wirkt «Unsere Wildnis» wie aus der Zeit gefallen und empfiehlt sich insbesondere Dokumentarfilm-Gourmets.
«Unsere Wildnis» ist ab dem 10. März in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
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