Filmfacts «Birnenkuchen mit Lavendel»
- Regie und Drehbuch: Éric Besnard
- Darsteller: Virginie Efira, Benjamin Lavernhe, Lucie Fagedet, Léo Lorleac‘h, Hervé Pierre, Hiam Abbass, Laurent Bateau, Valentin Merlet, François Bureloup
- Produktion: Patrice Ledoux, Michel Seydoux
- Kamera: Philippe Guilbert
- Schnitt: Yann Dedet
- Musik: Christophe Julien
- Laufzeit: 97 Minuten
- FSK: ab 0 Jahren
Pierre (Benjamin Lavernhe) ist, Asperger zum Trotz, in vielerlei Hinsicht das Gegenteil zum strengen und harschen Sherlock Holmes, den die britische Erfolgsserie seit drei Staffeln zeichnet. Der belesene Gelegenheitshacker hat einen Putzfimmel und ist bei aller Verkopftheit durchaus seinem menschlichen Umfeld gegenüber aufgeschlossen. Er ist zwar schüchtern, als er der verwitweten Landwirtin Louise (Virginie Efira) aus Versehen vors Auto rennt und so in ihr Leben stürzt, findet er aber sofort einen Draht zu ihr. Daher kann er nicht anders, als sich ihrer Problemchen und Probleme anzunehmen. Von der Unordnung in ihrem Haus, über die Ärgernisse mit ihren Kindern Emma (Lucie Fagedet) und Felix (Léo Lorléac'h), bis hin zu den finanziellen Problemen ihres Betriebs. Louise weiß den verschlossenen Mann mit allerlei Macken nicht so recht einzuordnen, und hält ihn auf Abstand, selbst wenn sie ihn durchaus sympathisch findet. Dass sich Pierre aufgrund seiner Art so manchen zwischenmenschlichen Patzer leistet, sorgt für weitere Komplikationen …
Besnard formt seinen unaufgeregt erzählten Film so, wie viele Standard-Romantikkomödien gehalten sind: Es gibt das mehr oder minder ungewöhnliche erste Treffen, daraufhin lernen sich die zentralen Figuren besser kennen, was zu süßen gemeinsamen Momenten führt sowie zu Situationen, in denen sie sich gegenseitig nerven. Der große Krach ist in so einer Erzählung vor dem Einläuten der letzten Filmminuten ebenfalls unvermeidlich … Trotz dieses standardmäßigen Aufbaus ist «Birnenkuchen mit Lavendel» wohlgemerkt kein Supermarkt-Fertiggebäck, sondern ein liebevoll erstelltes Kino-Küchlein. Der konventionellen Dramaturgie wirkt entgegen, dass in dieser Geschichte über Zwischenmenschlichkeit die Gefühle nie hochgekocht werden – passend zum jede Szene an sich reißenden Pierre. Zwists inszeniert Besnard nicht mit lautklagender Theatralik, und wenn sich Pierre und Louise nähern kommen, so skizziert er dies charmant und süß, verzichtet dabei jedoch auf Kitsch und Pathos.
Umso stärker herrschen leise Situationskomik und ein durch mildes Licht verstärktes Bilderbuch-Gefühl vor: Zwar ist die Geschichte, von Pierres absurd guten Hackerkünsten abgesehen, durchweg plausibel, doch aufgrund des zarten Tonfalls und der in Pastelltönen gehaltenen Optik versprüht «Birnenkuchen mit Lavendel» eine bemerkenswerte Stimmung der Behaglichkeit. Die rasanten Wortwechsel zwischen der von Efira warmherzig gespielten Louise und dem eigenbrötlerischen Sensibelchen, das Lavernhe äußerst überzeugend darbietet, geben diesem gemütlichen Film obendrein etwas Pfiff. Daher eignet sich die Kinoproduktion auch für Zuschauer, die die Welle an französischen Heile-Welt-Kuschel-Tragikomödien zuletzt ermüdet hat.
Bloß die ständigen Zwischenschnitte auf die malerische Provinz und Louises rustikal-pittoreskes Landhaus, die wiederholt Szenenwechsel in die Länge ziehen, hätte sich Besnard verkneifen können – denn unter dieser mächtigen Verzierung drohen die Feinheiten dieses Geheimtipps verloren zu gehen. Als inspirierende Geschichte über die Verständigung zwischen Herz- und Kopfmenschen, die nie abfällig über Autisten spricht, hat «Birnenkuchen mit Lavendel» aber so viele Sympathiepunkte zu bieten, dass sich diese kleinere Schwäche verschmerzen lässt.
Fazit: Charmant, süß, unaufgeregt: «Birnenkuchen mit Lavendel» ist ein echter Wohlfühlfilm mit malerischen Bildern und reizenden Protagonisten.
«Birnenkuchen mit Lavendel» ist derzeit in deutschen Kinos zu sehen.
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