Kolumnen

Beckenbauer-Abschied: ‚Ja, wo wart ihr denn die letzten 25 Jahre?‘

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Mit einer sympathischen Vorstellung hat sich der Fußball-Kaiser von der TV-Bühne verabschiedet. Schmerzlich für Sky, nicht aber für jeden Zuschauer. Ein Kommentar.

Steckbrief

Manuel Weis ist seit 2006 bei Quotenmeter und seit 2007 verantwortlicher Chefredakteur. Er ist somit in allen Bereichen der Seite im Einsatz. Nebenberuflich arbeitet er als freier Sportreporter mit Schwerpunkt auf Fußball, Eishockey und Boxen.
Kaiser Franz Beckenbauer war Vorreiter in so manchen Dingen. In seiner aktiven Zeit als Fußballer wurde er bewundert für seine Spielübersicht, als Mann an der Seitenlinie holte er nicht nur den dritten Weltmeistertitel (1990) nach Deutschland, sondern half ein ums andere Mal bei „seinem“ FC Bayern aus, wenn‘s brenzlig wurde. Und natürlich: Die Medien liebten ihn – was der Kaiser sagte (und wirklich egal was) hat bis heute noch Gewicht. Entsprechend war er vor 25 Jahren auch der erste klassische TV-Experte, lange noch vor den Netzers, Kahns, Lehmanns und Matthäus. Dass sich Beckenbauer nun im Alter von immerhin 70 Jahren zur Ruhe setzt und nicht mehr regelmäßig von seinem Wohnort Salzburg ins Münchner Sky-Studio pendeln will, ist verständlich.

Zu viel sei es ihm geworden in den letzten Wochen, erklärte er bei seinem letzten Einsatz vor der Fernsehrente. Kürzlich hatte Beckenbauer seinen Sohn an den Krebs verloren und war im Zuge der Ermittlungen zur WM-Vergabe 2006 ins Visier der Ermittler geraten. Glaubt man dem Kaiser, und das sollte man immer tun, sind das aber nicht die einzigen Gründe. Er wolle gehen, so lange er noch für die Sache brennt. Und man solle sich trennen, bevor man merkt, dass er die Konzentration nicht mehr habe.

Es passt nur allzu gut ins Bild, dass ihm seine Bayern am Mittwochabend einen wahrlich denkwürdigen Fußballabend beschert haben. Einen, über den man wohl in jedem Saisonrückblick sprechen wird. Nach einem 0:2 schon auf der sicheren Liste der Ausscheider gesetzt, drehten die Münchner die Partie noch auf 2:2 nach der regulären Spielzeit und bezwangen die alte Dame Juventus schließlich gar mit 4:2. Sie sind somit in der Runde der letzten Acht. Beckenbauer tat auch im Rahmenprogramm das, wofür ihn viele mochten. Er agierte mit Humor – etwa dann, wenn er meinte, Guardiola könnte seinen Spielern eine Kastration angedroht haben – oder als er sich ans stehende Studiopublikum wandte und im Scherz fragte: ‚Ja, wo wart ihr denn die letzten 25 Jahre‘. Ohne Zweifel: Nicht jeder Fußballfan wird Beckenbauer vermissen. Dieser nämlich verzichtete zuletzt auf tiefgehende Analysen, schien öfter mal dem aktuellen Spielgeschehen entrückt und gab auch offen zu, wenn er Spieler gar nicht mehr kannte. Das konnte der Eine verzeihen, der Andere eben nicht.

Wohl erst in einiger Zeit wird man merken, was wirklich fehlt, wenn sich der Kaiser nicht mehr regelmäßig zu Wort meldet. Bei Sky weiß es man sicherlich jetzt schon. Der Beckenbauer-Abgang ist nur einer von mehreren schmerzhaften Verlusten in der namhaften Experten-Riege des Pay-Senders. Stefan Effenberg schied nach knapp zehn Jahren Tätigkeit vergangenen Herbst aus, Jens Lehmann wechselte vor knapp zwei Jahren zu RTL. So präsentiert sich die Experten-Riege deutlich ausgedünnt und jüngste Neueinkäufe schlugen nicht ein oder müssen sich erst noch entwickeln. Vor Sky-Sportchef Burkhard Weber steht nun eine gleichermaßen spannende wie herausfordernde Aufgabe. Die nicht mehr so weit entfernte Sommerpause muss er nutzen, um frischen Wind in die Expertenriege zu bringen. Vielleicht lässt sich dann auch mal wieder ein Fußballlehrer finden, der sich dem Sender anschließt, nachdem zuletzt vor allem junge Ex-Kicker verpflichtet wurden.

Bis dahin müssen es wohl weiterhin externe Gäste (am Samstagnachmittag) oder die bestehende Riege richten. Und da kommen noch einige spannende Spiele auf den Bezahlsender zu, der sich sicherlich freut, dank weiterhin zweier deutscher Mannschaften in der Königsklasse im Viertelfinale zwei Spiele mit deutscher Beteiligung exklusiv zeigen zu dürfen. Das ZDF ist somit auch Anfang April nur mittwochs am Start, während der Dienstag traditionell Pay-TV-Abend bleibt.

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