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Fünfeinhalb Stunden über rechtsextremen Terror – das ist eine große Herausforderung für jedes Publikum. Aber diese beispiellose Mordserie macht genau das notwendig. Als öffentlich-rechtlicher Sender sind wir verpflichtet, den Finger immer wieder in die Wunden unserer Gesellschaft zu legen – auch, damit die Rechtsstaatlichkeit in unserem Land erhalten bleibt.
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ARD-Programmdirektor Volker Herres
Jörg Schönenborn, WDR-Fernsehdirektor und ARD-Spielfilmkoordinator, scheint sich dem bewusst zu sein, dass hinsichtlich der NSU-Morde noch Aufholbedarf besteht. Im Rahmen einer Pressekonferenz, auf der die NSU-Spielfilmtrilogie des Ersten sowie der begleitend ausgestrahlte Dokumentarfilm behandelt wurden, lobt er den Programmschwerpunkt: Die Sonderprogrammierung stelle für ihn einen wichtigen Schritt dar, um die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Systems zu stärken. Er gab zudem zu Protokoll, zu hoffen, dass diese Programmanstrengung bei der Suche nach der Wahrheit hinter der Mordserie dienlich sei.
Auch ARD-Programmdirektor Volker Herres fand klare Worte. Er findet es schockierend, dass die Fahnder ausgerechnet bei den NSU-Taten eklatante Ermittlungsfehler begangen haben, obwohl es in Deutschland bei Kapitalverbrechen „eine Aufklärungsquote von 95 Prozent“ gibt. Ein nachdenklich stimmender Zufall. Herres führt fort: „Man stelle sich vor: Fast zehn Jahre lang wurden bei uns Menschen mit Migrationshintergrund ,hingerichtet’, ohne dass die Ermittler einen rechtsextremen Hintergrund ausgemacht hätten.“
Ein Programmschwerpunkt, drei Perspektiven
Der ARD-Programmdirektor findet,, dass es fast unerlässlich sei, sich als öffentlich-rechtlicher Sender so intensiv mit dem Thema zu befassen. Immerhin wirft es Fragen „nach der grundsätzlichen Verfasstheit unserer Ermittlungsbehörden, aber auch ganz generell nach der Verfasstheit unseres Staates“ auf. Diesen Fragen nähert sich die thematische Trilogie «NSU –Mitten in Deutschland», indem die drei Filmdramen die Akte NSU nicht etwa chronologisch aufschlüsseln, sondern nach Protagonisten: Ein Film nähert sich den Tätern, einer den Opfern, einer den Ermittlern. So können sich die Filmemacher, und konsequenterweise die Zuschauer, jeweils für die Dauer eines Films auf ein „Warum?“ konzentrieren: Warum tut jemand so etwas? Warum wurden Opfer dieser Taten in endlosen Sitzungen verhört, für lange Zeit abgehört und von Polizei, Presse und Öffentlichkeit kriminalisiert? Und warum wurde dem Grauen nicht früher ein Ende gesetzt?
Als bindendes Glied hinter den Kulissen der drei Filme dient Produzentin Gabriela Sperl, die Verantwortlichen für Regie und Drehbuch unterscheiden sich derweil von Produktion zu Produktion. Laut Sperl wurde die Aufteilung auf drei Filme auch vorgenommen, um zu berücksichtigen, dass noch keine Übersicht über das Kapitel NSU gegeben ist. „Wir befinden uns vier Jahre nach dem Auffinden der mutmaßlichen Terroristen immer noch in einem Zustand nicht abgeschlossener Ermittlungen. Noch läuft der Prozess gegen Beate Zschäpe. Deswegen können unsere Geschichten keine Erklärungen liefern, sie sind eher eine Spurensuche, sie werfen Fragen auf und sie beleuchten unsere gesamtdeutsche Befindlichkeit.“ Sperl führt fort: „Aus drei verschiedenen Perspektiven lässt sich ein komplexes Bild weben über unsere derzeitige Gesellschaft mit all ihren Verwerfungen. Die klare Perspektivierung zwingt zu klaren Haltungen.“
Fiktionalisierung trifft Faktenverarbeitung
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Im Westen gab es die Republikaner, die Wehrsportgruppen, die NPD. Das waren Strukturen, die leider immer irgendwie da waren. Aber im Osten? Wieso ist die Radikalisierung dort so groß? Ein Kulminationspunkt des erstarkenden Rechtsextremismus ist der NSU. Wie ist er entstanden und woher rührt die ungebremste Gewaltbereitschaft, der Hass gegen alles „Fremde“? Wieso gibt es jenseits der Neonazis heute in der Mitte der Gesellschaft Pegida und AfD mit ihrem generellen Unbehagen an der Politik? Was genau treibt Menschen in die diffuse Angst, in Feindbilder?
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Produzentin Gabriela Sperl
Semiya Simsek, die mittlerweile in der Türkei lebt, unterstreicht ebenfalls im Fahrwasser der NSU-Trilogie im Ersten, wie dringlich es ist, Antworten auf die tiefergehenden Probleme in der Bundesrepublik zu finden. Über die schleppenden Ermittlungsarbeiten sagt sie: „Meine Familie und ich, wir hatten schon frühzeitig darauf hingewiesen, dass hinter den Morden durchaus auch ein ausländerfeindlicher Hintergrund stecken könnte.“ Simsek führt fort: „Dies wurde von den Ermittlern immer wieder ignoriert. Stattdessen warfen sie immer weitere, haltlose Vorwürfe gegen meinen Vater auf. Warum sie das Naheliegende die ganze Zeit über nicht zum Thema gemacht haben, da kann ich nur mutmaßen, um mich mal vorsichtig auszudrücken.“
Mit der Adaption ihrer Memoiren zeigt sie sich zufrieden, gerade, weil sie einen kleinen Teil dazu beitragen kann, Dinge zu bewegen: „Der Film bietet die besondere Chance, nun noch sehr viel mehr Menschen zu erreichen und ihnen vor Augen führen zu können, was hier Schlimmes passiert ist. So etwas darf sich nie wieder wiederholen und wir sind alle dazu aufgerufen, dies nach Kräften zu verhindern. Niemand darf wegen seiner Herkunft diskriminiert werden.“
«Die Täter – Heute ist nicht alle Tage» ist am 30. März ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen. Am Montag, dem 4. April, folgt «Die Opfer – Vergesst mich nicht» zur selben Sendezeit. «Die Ermittler – Nur für den Dienstgebrauch» ist am Mittwoch, den 6. April, ab 20.15 Uhr zu sehen. Gefolgt von der Doku «Der NSU-Komplex – Die Rekonstruktion einer beispiellosen Jagd».
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29.03.2016 19:20 Uhr 1