First Look

«The Ranch»: Mommas, Don't Let Your Babies Grow up to Be Cowboys...

von

In der neuen Netflix-Serie «The Ranch» zieht es Ashton Kutcher raus in die Prärie des amerikanischen Westens. Cowboy-Romantik trifft Mass-Appeal-Sitcom... Unsere große Kritik zum Format.

Cast & Crew

  • Produktion: Ranch Hand Productions
  • Schöpfer: Don Reo und Jim Patterson
  • Darsteller: Ashton Kutcher, Danny Masterson, Debra Winger, Sam Elliott u.v.m.
  • Executive Producer: Don Reo, Jim Patterson, Ashton Kutcher, Jane Wiseman, Blair Fetter und Andy Weil
“The guy that peaked in high school“ ist wahrscheinlich die treffendste Beschreibung der Figur Al Bundy und der Geschichten, die «Eine Schrecklich Nette Familie» erzählen wollte. Damals, zwischen den Spinden auf dem Flur und den Umkleidekabinen des Football-Teams, war Al Bundy der King. Doch danach kam das Elend. Ein grässlicher Job als Schuhverkäufer, eine unglückliche Ehe und Pech am laufenden Band. Ein (sicherlich klischeehaftes) Bild des amerikanischen Versagers, dem das Versprechen einer glorreichen Zukunft ins Gesicht spuckt, und für den es nach den Abschlussfeierlichkeiten rasant und deprimierend bergab geht.

So ein Typ ist auch Colt Bennett. Vor fünfzehn Jahren war er der umjubelte Quarterback der Football-Mannschaft seiner High School in einem verschlafenen Nest im ländlichsten Colorado. Doch eine Profikarriere wollte nie so recht in Gang kommen – und seit eineinhalb Jahrzehnten verdingt er sich in drittklassigen Teams in den USA und Kanada, kommt finanziell gerade so über die Runden. Trotzdem hat er das Ziel, die Vision, ein erfolgreicher professioneller Footballspieler zu werden, immer noch vor Augen.

Anlässlich eines Probetrainings in Denver schaut Colt nach langer Zeit wieder bei seiner Familie auf der nahegelegenen Ranch vorbei. Sein griesgrämiger Vater Beau hält immer noch wenig von Colts Lebensstil und unstetem Berufsleben, während sein Verhältnis zu seinem ein Jahr älteren Bruder Rooster zwar insgesamt kumpelhaft-freundschaftlich, nicht aber völlig frei von unausgesprochenen Spannungen ist. Als Colt damals Colorado verließ, um seinen Footballträumen nachzurennen, sah Rooster keine andere Wahl, als seinem Vater auf der Ranch zur Hand zu gehen, die mittlerweile wegen einer langen Dürreperiode in finanzielle Schieflage geraten ist.

Mutter Maggie betreibt derweil einen Saloon im Ort und lebt von ihrem Mann seit vielen Jahren getrennt. Gelegentliche Intimitäten verkomplizieren die Beziehung jedoch – und «The Ranch» gelingt es durchwegs, geschickt Ambivalenzen in die Figuren und Plots zu verweben. Als Colt sich dazu entschließt, fürs Erste auf der Ranch zu bleiben und seinem Vater in der Landwirtschaft zu helfen, sorgt dies ferner für ausreichend Konfliktpotential.

Obwohl die Charaktere freilich nicht frei von Klischees sind und sich nicht selten in eher archetypischen Situationen wiederfinden, gefällt doch die sehr liebevolle Zeichnung dieser Figuren, die trotz ihres begrenzten Horizonts und ihrer dem White Trash nicht ganz unaffinen Lebensweise nie zum Gespött freigegeben werden. Das sehr authentische Spiel des Casts untermauert diesen Anspruch.

Ashton Kutcher und Danny Masterson, die die Colt-Brüder spielen, kennen sich freilich noch aus «That-70s-Show»-Zeiten. Dass sie gut miteinander harmonieren würden, war also zu erwarten. Ebenso, dass Sam Elliott und Debra Winger das Ensemble blendend ergänzen.

Und so ist es den ersten zehn Folgen dieser neuen Netflix-Serie rundum gelungen, eine etwas altmodische Cowboy-Romantik mit der Erzählweise einer modernen, eher auf den Massengeschmack ausgerichteten Sitcom zu verweben, die trotz einiger Four-Letter-Words nicht so zotig daherkommt wie Kutchers letzte halbstündige Comedy-Serie «Two and a Half Men» und deutlich liebevoller geschrieben wirkt.

Kurz-URL: qmde.de/84724
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