Cast & Crew
- Idee: Jessica Goldberg
- Darsteller: Aaron Paul, Michelle Monaghan, Emma Greenwell, Rockmond Dunbar, Sarah Jones, Hugh Dancy u.a.
- Regie (Pilot): Mike Cahill
- Drehbuch: Jessica Goldberg, Jason Katims u.a.
- Ausf. Produzenten: Jason Katims, Michelle Lee, Jessica Goldberg
- Produktion: Universal TV, True Jack Prods
- Episoden: 10 in Staffel 1
Zurück zu den großen Namen: Es ist Aaron Pauls zweite Drama-Serie nach «Breaking Bad» – viel besseres Material für die Rückkehr hätte er sich nicht aussuchen können. An seiner Seite ist Michelle Monaghan, Hollywood-Schauspielerin, die zuletzt mit ihrer Rolle in «True Detective» (Staffel 1) auch im hochqualitativen Serienfach auf sich aufmerksam machte. Beide spielen das Ehepaar Lane, beide sind Mitglieder des Meyerist Movement oder des Meyerismus: eine Art Über-Religion, die eine toxische Mischung aus Öko-Bewegung, New Age und vor allem Scientology zu sein scheint. Da ist die Rede vom „Licht“, das wir empfangen, und der „Leiter“, die wir auf dem Weg zum vollkommenen Glück erklimmen müssen. In kultähnlichen sogenannten Gatherings, also Versammlungen, spricht der Religionsführer in Gleichnissen zu seinen Mitgliedern. Und wir erkennen: Er sagt sehr viel, aber eigentlich nichts. Die Menge applaudiert, jubelt, gerät in Ekstase.
Wir tauchen also ein in eine Welt, die uns unbekannt ist; das Schlüsselloch ist Familie Lane: Sarah (Michelle Monaghan) ist ihr Leben lang Mitglied im Meyerismus, ihre Eltern haben sie bereits danach erzogen. Ihr Mann Eddie (Aaron Paul) wendete sich der Religion dagegen erst zu, nachdem vor vielen Jahren ein Schicksalsschlag seinen Glauben infrage stellte. Doch jüngst scheint er nicht mehr ganz überzeugt von seiner neuen Weltsicht: Sarah vermutet (berechtigterweise), dass sich Eddie von der Religion abwendet, dass er Zweifel hegt. Wir erfahren früh, dass Eddie Kontakt aufgenommen hat zu einer Aussteigerin. Und auch er bemerkt bald, dass Sarah ihn verdächtigt. Es beginnt eine subtile psychologische Kriegsführung zwischen dem Ehepaar, falsche Schritte sind nicht erlaubt. Es sind spannungsgeladene Szenen, wie ein leiser Tornado, der immer massiger wird.
Die Familie in «The Path» ist Himmel und Hölle
Das große, großartige Spannungsfeld in «The Path» ist also – allgemeiner gesprochen – die Familie: Auf der einen Seite ist sie für uns als Zuschauer eine der vertrautesten Institutionen in unserem Leben. Dargestellt wird dies auch in der Serie sympathisch: Der Sohn streitet sich mit der Tochter über alltägliche Dinge, die Lanes könnten auch eine all american family sein. Umso eindringlicher wirkt auf der anderen Seite ihre Rolle im Meyerismus, einem religiösen Kult, der uns Zuschauer nachhaltig irritiert. Genau dieser Gegensatz zwischen Vertrautheit und Mysteriösem, Gefährlichem ist es, der «The Path» so interessant macht – zumal die Serie zunächst nicht wertet, sich auf keine Seite schlägt und den Zuschauer zum eigenen Urteil drängt. Bereits «Big Love», das HBO-Drama über eine Mormonen-Familie, brillierte mit einem solchen Konzept.
Die abgeschottete Welt des Meyer-Kults wird uns über zwei weitere Handlungsfäden nähergebracht: Kürzlich suchte ein Tornado die Region heim, und Religionsführer Cal Roberts sieht es als seine Aufgabe an, den Überlebenden zu helfen. Er „rettet“ eine Frau, die die Fesseln ihrer Vergangenheit lösen kann und sich ganz dem Meyerismus verschreibt. Sie ist diejenige, durch die wir als Zuschauer den Eintritt in den Kult beobachten. Auf der anderen Seite Abe Gaines, FBI-Agent. Er untersucht die Vorfälle, die sich nach dem Tornado ereigneten und scheint der einzige weit und breit, dem die Meyer-Bewegung verdächtig vorkommt. Alle Storylines heben sich voneinander ab, bieten unterschiedliche Perspektiven, scheinen für die – noch nicht klar umrissene – übergeordnete Haupthandlung relevant zu sein. Und sie bringen Abwechslung, das richtige Pacing in die generell sehr ruhig, sehr atmosphärisch erzählte Serie.
Für den Streaming-Anbieter Hulu ist «The Path» genau die richtige Dosierung zur richtigen Zeit. Vor Wochen hat man mit «11/22/63», einer Stephen-King-Verfilmung, bereits Schlagzeilen produziert, nun hofft man mit der neuen Serie erneut ins Gedächtnis der Zuschauer gerufen zu werden. Man will vermitteln, dass hochqualitative eigene Inhalte nicht mehr nur alle paar Monate starten. Rund neun Millionen zahlende Kunden hatte Hulu vor einem Jahr, nun dürften es deutlich mehr sein. Der großflächige, vielbeachtete Einstieg in die Welt der Original-Dramaserien kommt spät, aber er kommt.
„Ironischerweise war Hulu einer der ersten Services, der eigene Premiumprogramme angeboten hat“, sagt CEO Mike Hopkins. „Wir haben diese nur nicht genügend beworben.“ Die Konkurrenz um Netflix und Amazon ist derweil in aller Munde, beherrscht Schlagzeilen und Award-Shows. Im August vergangenen Jahres vermutete Craig Erwich, Head of Content bei Hulu: „Wir haben große Schritte unternommen hinsichtlich einer TV-Serie, die das Mainstream-Publikum anzieht.“ Erwin meint solche Serien wie «Orange is the New Black» für Netflix oder «The Man in the High Castle» für Amazon. „Ich weiß nicht, ob sich der Nebel gänzlich verzogen hat, aber ich habe das Gefühl, dass wir bald den Durchbruch schaffen.“ Eingetreten ist von diesen Prognosen in den letzten Monaten wenig, selten war jedoch die Chance größer als jetzt: «The Path» könnte der buchstäbliche Weg sein, um aus dem Nebel herauszutreten.
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06.04.2016 17:56 Uhr 1