Das Raab-Dilemma
Als sich mit Stefan Raab Ende 2015 eines der großen deutschen TV-Masterminds zur Überraschung vieler Deutscher in den frühzeitigen Ruhestand verabschiedete, hinterließ er nicht nur einen konsternierten Sender und eine neu-organisierte Produktionsschmiede sondern auch diverse gut laufende TV-Shows, die plötzlich mit ihm zur Vergangenheit deutscher Unterhaltung wurden.
Lange Zeit hatte man sich Formate wie «TV Total», «Schlag den Raab», den «Bundesvision Song Contest» oder Events wie das «TV Total Turmspringen» oder die «TV Total - Stock Car Challenge» nicht mehr aus der Abendberieselung wegdenken können. Raab hatte in seiner Karriere oft polarisiert, aber dabei auch stets mit Kreativität, innovativen und frischen Ideen und mutigen Entscheidungen geglänzt, seit er 1993 bei VIVA mit seiner legendären Lederhose und der Kult-Show «Vivasion» an den Start gegangen war. Doch nun sollte das alles endgültig vorbei sein - zumindest fast.
Wie Phoenix aus der Asche und zurück auf den Boden
Denn wem hätte man schon zugetraut, zumindest im Ansatz auch nur eine dieser Lücken füllen zu können? Richtig: Mit Sicherheit nicht Elton.
Doch wer ist dieser Mann überhaupt? Begeben wir uns auf eine kleine Zeitreise: Elton, der bürgerlich deutlich unspektakulärer Alexander Duszat heißt und am 2. April 1971 in Berlin im Sternzeichen des Widder geboren wurde, zog im zarten Alter von fünf Jahren mit seiner Familie nach Hamburg und später nach Jork in Niedersachen, absolvierte dort die Realschule, besuchte später das Gymnasium in Buxtehude und schloss danach eine Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker ab. Im Alter von 32 Jahren heiratete er und ist inzwischen stolzer Vater von zwei Kindern. Dass er in der Öffentlichkeit nur wenig über sein Privatleben spricht, erhöht seinen Sympathiefaktor eher noch. Klingt bis hier wenig glamourös und wunderbar bodenständig.
Nach einem Praktikum beim Kieler Radiosender Delta Radio landete er beim Hamburger Lokalsender Hamburg 1, erstellte erste eigene Beiträge (Elton Street) und hob ganz nebenbei seinen Künstlernamen aus der Taufe, der angeblich mit seiner Ähnlichkeit zu Elton John zu tun hat. Danach landete er direkt bei ProSieben und somit bei Stefan Raab – als Showpraktikant bei «TV Total». War er zuerst nur lustiger Sidekick für den Moderator, wurde er später zu einem elementaren Element aller Raab-Formate. Als Moderator von Blamieren oder Kassieren innerhalb von «Schlag den Raab» und «Schlag den Star», als Teilnehmer oder Co-Moderator beim «Bundesvision Song Contest» (Green Room) oder in den diversen «TV Total»-Sonderformaten – Elton war immer mittendrin.
Hinzu kamen diverse Inkarnationen seiner eigenen Show «Elton vs Simon» (mit Simon Gosejohann), die starken aber kurzlebigen Formate «Elton reist» (2011) und «Elton zockt» (2013) sowie Auftritte als Moderator einer Außenwette bei «Wetten, dass…?» oder in der «heute show». Flops wie «Die Alm» oder «Die Burg» wollen wir an dieser Stelle charmant verschweigen. Über mangelnde Arbeit konnte der Sympathieträger sich aber definitiv nicht beklagen.
2014 folgte jedoch der erste wirkliche Rohrkrepierer: Die von Brainpool produzierte Castingshow «Millionärswahl» geriet zu einem völligen kreativen wie öffentlich diskutierten Desaster direkt für die TV-Geschichtsbücher. Nach erbärmlichen Quoten und harscher Kritik an den ersten beiden Liveshows, wurden die restlichen fünf (!) radikal gestrichen und durch ein Halbfinale ersetzt. Dieses konnte die ohnehin schwachen Werte nochmals unterbieten, so dass ProSieben das anschließende Finale entgegen der Planung gar nicht mehr im TV, sondern nur noch im Internet zeigte. Eigentlich ein unfassbarer Vorgang, der seinesgleichen sucht. Sicher eine der bisher schwärzesten Stunden für den TV-Mann Elton.
Dass er nebenbei auch immer mal als Sänger (mit der Band Peilomat) und als Gastschauspieler in Produktionen wie «Das Büro», «Axel! wills wissen», «Die Märchenstunde - Tischlein deck dich» oder «Morgen, ihr Luschen! Der Ausbilder-Schmidt-Film» mit von der Partie war, bleibt da nur eine Randnotiz und steht er für den durchaus vorhandenen Trash-Faktor seiner selbsterzeugten Figur.
Keine Frage: Elton hat seit 2001 eine Menge erlebt und gemacht - dabei allerdings auch eine breite qualitative Streuung bewiesen. Dieser Abriss fasst jedoch nur die eine Seite dieses nicht alltäglichen TV-Menschen zusammen - es gab und gibt darüber hinaus aber auch noch eine andere.
Irgendwie ganz woanders angekommen
Neben seinen Beiträgen zur Trivialunterhaltung bietet dieser Elton nämlich auch noch eine andere Seite. So synchronisierte er bereits 2005 eine Rolle in «Der kleine Eisbär 2», 2011 in «Der gestieftelte Kater» (als Humpty Dumpty) oder 2012 als Kurt in «Janosch: Komm, wir finden einen Schatz». Dazu schrieb er 2010 ein äußerst charmant-liebenswertes Buch über seinen ganz persönlichen Erfolgsweg. Der selbstironische Titel: Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. Zum Glück bin ich keins!.
2010 erhielt er zudem die Chance, die 1977 von Michael Schanze ins Leben gerufene Kindersendung «1,2 oder 3» zu übernehmen. Bereits seit sechs Jahren führt er dort mit viel Humor, Einfühlungsvermögen und hohem Knuddelfaktor durch die Spiele und zeigt, was für ein sensibler und einfühlsamer, aber dabei auch immer ein wenig durchgeknallter Mensch hinter der Fassade dieses anderen Elton steckt. Hier wirkt er auf erstaunliche Weise noch authentischer, noch näher an sich dran. Sollte es mit der großen Bühne irgendwann nicht mehr klappen, bietet sich Elton hier eine Nische, in die er sich jederzeit zurückziehen kann und darf. Wer es schafft, den Charme von Schanze zu reaktivieren und in das Hier und Jetzt zu überführen, ist ein Großer seiner Zunft - ganz egal ob in einer medial umschwärmten, oder wie hier eher kleinen Sendung abseits des Mainstream-Radars.
Letzte Ausfahrt Glamour
Nun also ein weiterer und noch größerer Schritt in die breite Öffentlichkeit und den Fokus des Interesses. Dabei ist es durchaus kein Vorteil, dass nur der kleine, weniger attraktive Bruder der Ballkönigin «Schlag den Raab» für ein Relaunch zur Verfügung stand. Zu sehr hatte der Ableger selbst noch unter Beteiligung von Raab mit den Verwässerungen des Originalkonzeptes zu kämpfen gehabt.
Der Kampf eines sympathischen Kandidaten von Nebenan gegen den ständig nah am Wahnsinn agierenden Raab mit anzusehen, war über Jahre eine außergewöhnliche Nummer im deutschen TV und Pflichttermin für eine treue Fangemeinde gewesen. «Schlag den Star» wirkte da im Vergleich oft wie ein fröhlicher Kindergeburtstag, da keiner der Stars dem Original, also Raab, in Sachen Motivation und Biss etwas vormachen konnte.
Auch in Sachen Einschaltquoten hatte man nie vollkommen an das Ursprungsformat anknüpfen können. Und nun soll es zusätzlich auch noch ohne Raab gehen? Mutig könnte man meinen. Verzweifelt ist vermutlich jedoch näher an der (Sender-)Realität.
Es könnte durchaus sein, dass Elton die ausgehungerten Raab-Fans mit seinem «Schlag den Star» bedienen kann - eine Zeit lang zumindest. Für einen dauerhaften Erfolg könnte es jedoch sowohl dem Konzept der Show als auch der Person Elton an Glamour und Zugkraft fehlen.
Es sei denn, der sympathische Mann von Nebenan bringt eine Note in die Sendung, die man bisher nicht für möglich gehalten hatte - zuzutrauen wär es ihm selbstverständlich wie so oft nicht. Doch das hat diesen Elton in seinem Leben bislang noch nie aufgehalten. Es bleibt mit Sicherheit spannend.
Für den Moment gilt: Schalten Sie lieber ein: Elton zählt auf Sie und wird Sie brauchen.
«Schlag den Star» startet diesen Samstag ab 20.15 Uhr auf ProSieben in seine achte Staffel. Als Kandidaten dabei: Henning Baum (Schauspieler, «Der letzte Bulle») und Matthias Steiner (Gewichtheber). Ab dieser Staffel geht es um einen Gewinn von 100.000 Euro (vorher 50.000 Euro). Frank Buschmann ist auch weiterhin als Kommentator an Bord.
Es gibt 8 Kommentare zum Artikel
08.04.2016 13:34 Uhr 1
08.04.2016 13:39 Uhr 2
08.04.2016 17:51 Uhr 3
Vielleicht sollte man fragen, ob er auf zu vielen Hochzeiten tanzt. Er ist in der ARD, im ZDF-Kinderprogramm und bei Pro Sieben.
08.04.2016 18:55 Uhr 4
Da reicht der Blick auf die vergangenen zwei Staffeln, wo man die schwächeren Ausgaben mit den vermeintlichen uninteressanteren Prominenten als Anhaltspunkt heranziehen kann. Demnach sollte man schon zw. 7-8% bei allen und 14-15% in der Zielgruppe erreichen. Sollte man gänzlich unter diesen Werten fallen, dürfte das nichts mit den Promis zu tun haben.
Weshalb sollte man sich das fragen? Ein senderübergreifendes Gesicht, ist nichts schlechtes und den meisten werden ihn nach wie vor in erster Linie mit Pro 7 assoziieren. Die Kindersendung auf ZDF ist nicht die Zielgruppe von SdS und auf ARD ist er "Kandidat" und kein Moderator. Da gibt es andere Personen, die deutlich überpräsenter sind.
08.04.2016 20:44 Uhr 5
08.04.2016 20:58 Uhr 6
Dass SdS =! SdR ist, müsste man nach all den Jahren eigentlich wissen und habe ich dir im entsprechenden Thread ja auch schon erklärt. Die Anpassung an das Live-Konzept und 15 Spiele, ändern daran nichts wirklich, weswegen der Vergleich mit SdR natürlich keinen Sinn ergibt.
09.04.2016 00:43 Uhr 7
15 % in der Zielgruppe mögen für Pro Sieben schön sein, über 20 % sind schöner und man braucht als Sender Formate, die deutlich über den Senderschnitt laufen. Ich kann mir vorstellen, dass man sich Quoten wie bei SdR erhofft.
09.04.2016 01:21 Uhr 8
Was du dir so vorstellen magst, ist ja schön und gut, nur ändert das nichts daran, dass man hier SdS mit ein paar kleineren Änderungen zu sehen bekommt und kein SdR, weswegen ein Quotenvergleich dahingehend auch sehr unsinnig ist und Pro7 sicherlich auch diese nicht erwartet - der Livefaktor und die paar Spiele mehr, werden nicht plötzlich Scharen neuer Zuschauer anlocken. Und hier jetzt die Erwartungshaltung zu schnüren, dass das Format unter Elton erfolgreicher zu laufen hat, als unter Raab, ist schon lustig