Cast & Crew
Vor der Kamera:Lika Babluani als Eka
Mariam Bokeria als Natia
Zurab Gogaladze als Kote
Data Zakareishvili als Lado
Hinter der Kamera:
Produktion: Indiz Film, Polare Film, Arizona Films, ZDF, Arte
Drehbuch: Nana Ekvtimishvili
Regie: Nana Ekvtimishvili und Simon Groß
Kamera: Oleg Mutu
Produzenten: Simon Groß und Marc Wächter
In dieser düsteren Atmosphäre müssen zwei vierzehnjährige Freundinnen, Eka und Natia, nun ihren Platz im Leben finden. Das Familienleben der beiden ist zerrüttet. Ekas Vater sitzt im Gefängnis; ihre Mutter bewahrt seinen alten sowjetischen Pass, seine Briefe und eine letzte Zigarette für ihn auf, die Eka in geheimen Momenten aus der Schatulle nimmt und ansieht. Sie weigert sich jedoch, ihn im Gefängnis zu besuchen, obwohl die Familie sich das sehr wünscht.
Natias Vater ist schwerer Alkoholiker und prügelt seine Frau bei nichtigsten Anlässen durch die heruntergekommene Wohnung. Niemand in der Familie kann dem Mann etwas entgegensetzen, erst recht nicht Natias kleiner Bruder, den die Situation am meisten zu belasten scheint und der nur bei seiner Schwester Trost finden kann.
Um sich gegen etwaige Gefahren zur Wehr setzen zu können, die im zerrissenen Georgien von diversen kriminellen Banden, Warlords und Angehörigen (para-)militärischen Einheiten ausgehen, bekommt Natia von einem Verehrer eine Pistole geschenkt. Als sie diese Eka weitergeben will, um damit die Belästigungen zweier Jungen mit Butterflymessern abzustellen, die ihr immer nachstellen, will sie die Waffe erst nicht annehmen. Doch Natia drängt sie ihr auf. Später gelingt es Eka mithilfe der Pistole, einen Jungen zu retten, der von zwei anderen Typen vermöbelt wird.
Nachdem sie einen Heiratsantrag eines finsteren Gesellen ausgeschlagen hat, wird Natia von ihm und seinen Freunden gekidnappt und zu seiner Frau erklärt. Niemand tut etwas dagegen. Zu Ekas großer Enttäuschung auch Natia selbst nicht. Erst als er – und hier müssen wir für eine schlüssige Interpretation ausnahmsweise das Ende des Films vorwegnehmen – ihren anderen Verehrer ermorden lässt, will sie ihn mit dessen Pistole erschießen.
«Die langen hellen Tage» ist also nicht nur ein Coming-of-Age-Film in düsteren, schwierigen Zeiten des postsowjetischen Umbruchs, sondern auch eine Parabel auf Rache und Vergeltung, die man in diesem Kontext als Allegorie auf die anhaltend schwierige politische Lage Georgiens interpretieren darf.
Primär gefällt der Stoff jedoch als einnehmendes, stark gespieltes Drama über zwei junge Frauen, die die Umstände zu Entscheidungen und Haltungen zwingen, die Westeuropäerinnen in ihrem Alter kaum hätten einnehmen müssen. Der Film basiert auf den Erinnerungen der Autorin und Co-Regisseurin Nana Ekvtimishvili an eine Zeit im Chaos, in der gerade jungen Menschen mit wenig Lebenserfahrung viel abverlangt wird – und die daran nicht unbedingt scheitern müssen.
„Geschichten aus erster Hand“ heißt das Motto, mit dem das ZDF uns an vier späten Abenden von Deutschland aus koproduzierte Filme aus anderen Ländern präsentieren will. «Die langen hellen Tage» ist ein außerordentlich starker Auftakt, eine ruhige, äußerst sensible Erzählung über allgemeingültige universelle Themen in einem außerordentlich konfliktgeladenen Kontext. Spannend von der ersten Minute, und emotional einnehmend bis zur letzten.
Das ZDF zeigt «Die langen hellen Tage» am Montag, den 11. April um 23.55 Uhr.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel